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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Rubens in Italien.

ihnen begeistert zu sein vorgeben, es sind nur Scheinideale. Können wir uns
wundern, daß ihre Menschen nur Marionetten sind, daß sie uns nicht ins
Herz, ins Gewissen zu greifen, uns nicht mit sich fortzureißen vermögen?


Rubens in Italien.
von Adolf Rosenberg. 2.

is Rubens im Frühjahr 1604 von seiner glücklich ausgeführten
spanischen Mission nach Mantua zurückgekehrt war, betraute ihn
der Herzog endlich mit einer Aufgabe, die seinen Fähigkeiten ent¬
sprach, mit der Herstellung eines großen aus drei Theilen be¬
stehenden Altarwerkes sür die Jesuitenkirche in Mantua, welche
sich der besondern Protection der herzoglichen Familie erfreute. Auf dem Mittel¬
bilde sah man von oben die heilige Dreifaltigkeit, welcher die Kirche geweiht
war, in einer Glorie und mit drei großen darüber schwebenden Engeln, in dem
untern Theile knieten auf Bctschemeln der Herzog Vincenzo und seine Gemahlin
Leonore von Medici, sein Vater Wilhelm und dessen Frau Eleonore von Oester¬
reich. Das Bild zur Rechten stellte die Transfiguration, das zur Linken die
Taufe Christi dar. Auch diese Gemälde haben ein beklagenswerthes Schicksal
gehabt. Nach der Occupation Mantuas durch die Franzosen am 3. März 1797
wurde die Kirche als Fouragemagazin benutzt, wobei die Bilder aufs ärgste be¬
schädigt wurden. Nur die Anbetung der heiligen Dreieinigkeit war von den
Franzosen für würdig befunden worden, nach Frankreich übergeführt zu werden.
Um das Bild bequemer transportiren zu können, hatte man es in mehrere
Stücke geschnitten und dieselben zusammengerollt. Schon waren diese Stücke
zur Versendung bereit, als die Akademie von Mantua "och zur rechten Zeit
Einspruch erhob. Sie erhielt aber nicht mehr alle Stücke zurück. Das fehlende
ergänzte der Maler Pelizza, doch blieb das Ganze merkwürdiger Weise in zwei-
Hälften getrennt: die obere Hälfte hängt heute an der einen, die untere an der
andern Schmalwand des Bibliotheksaales in Mantua. Die letztere ist die vor¬
züglichere von beiden. Schon hier gab sich der ausgezeichnete Bildnißmaler
zu erkennen, der mit breitem, sicherm Pinsel vornehme Personen in selbstbewußter
Haltung darzustellen weiß. Sonst zeigt sich in der kräftigen Charakteristik und
in der schwungvollen, feurigen Composition der Einfluß der Venetianer, ins¬
besondre Tintorettos, während die kalte, ins Braunrothe fallende Färbung aufs


Rubens in Italien.

ihnen begeistert zu sein vorgeben, es sind nur Scheinideale. Können wir uns
wundern, daß ihre Menschen nur Marionetten sind, daß sie uns nicht ins
Herz, ins Gewissen zu greifen, uns nicht mit sich fortzureißen vermögen?


Rubens in Italien.
von Adolf Rosenberg. 2.

is Rubens im Frühjahr 1604 von seiner glücklich ausgeführten
spanischen Mission nach Mantua zurückgekehrt war, betraute ihn
der Herzog endlich mit einer Aufgabe, die seinen Fähigkeiten ent¬
sprach, mit der Herstellung eines großen aus drei Theilen be¬
stehenden Altarwerkes sür die Jesuitenkirche in Mantua, welche
sich der besondern Protection der herzoglichen Familie erfreute. Auf dem Mittel¬
bilde sah man von oben die heilige Dreifaltigkeit, welcher die Kirche geweiht
war, in einer Glorie und mit drei großen darüber schwebenden Engeln, in dem
untern Theile knieten auf Bctschemeln der Herzog Vincenzo und seine Gemahlin
Leonore von Medici, sein Vater Wilhelm und dessen Frau Eleonore von Oester¬
reich. Das Bild zur Rechten stellte die Transfiguration, das zur Linken die
Taufe Christi dar. Auch diese Gemälde haben ein beklagenswerthes Schicksal
gehabt. Nach der Occupation Mantuas durch die Franzosen am 3. März 1797
wurde die Kirche als Fouragemagazin benutzt, wobei die Bilder aufs ärgste be¬
schädigt wurden. Nur die Anbetung der heiligen Dreieinigkeit war von den
Franzosen für würdig befunden worden, nach Frankreich übergeführt zu werden.
Um das Bild bequemer transportiren zu können, hatte man es in mehrere
Stücke geschnitten und dieselben zusammengerollt. Schon waren diese Stücke
zur Versendung bereit, als die Akademie von Mantua »och zur rechten Zeit
Einspruch erhob. Sie erhielt aber nicht mehr alle Stücke zurück. Das fehlende
ergänzte der Maler Pelizza, doch blieb das Ganze merkwürdiger Weise in zwei-
Hälften getrennt: die obere Hälfte hängt heute an der einen, die untere an der
andern Schmalwand des Bibliotheksaales in Mantua. Die letztere ist die vor¬
züglichere von beiden. Schon hier gab sich der ausgezeichnete Bildnißmaler
zu erkennen, der mit breitem, sicherm Pinsel vornehme Personen in selbstbewußter
Haltung darzustellen weiß. Sonst zeigt sich in der kräftigen Charakteristik und
in der schwungvollen, feurigen Composition der Einfluß der Venetianer, ins¬
besondre Tintorettos, während die kalte, ins Braunrothe fallende Färbung aufs


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[0328] Rubens in Italien. ihnen begeistert zu sein vorgeben, es sind nur Scheinideale. Können wir uns wundern, daß ihre Menschen nur Marionetten sind, daß sie uns nicht ins Herz, ins Gewissen zu greifen, uns nicht mit sich fortzureißen vermögen? Rubens in Italien. von Adolf Rosenberg. 2. is Rubens im Frühjahr 1604 von seiner glücklich ausgeführten spanischen Mission nach Mantua zurückgekehrt war, betraute ihn der Herzog endlich mit einer Aufgabe, die seinen Fähigkeiten ent¬ sprach, mit der Herstellung eines großen aus drei Theilen be¬ stehenden Altarwerkes sür die Jesuitenkirche in Mantua, welche sich der besondern Protection der herzoglichen Familie erfreute. Auf dem Mittel¬ bilde sah man von oben die heilige Dreifaltigkeit, welcher die Kirche geweiht war, in einer Glorie und mit drei großen darüber schwebenden Engeln, in dem untern Theile knieten auf Bctschemeln der Herzog Vincenzo und seine Gemahlin Leonore von Medici, sein Vater Wilhelm und dessen Frau Eleonore von Oester¬ reich. Das Bild zur Rechten stellte die Transfiguration, das zur Linken die Taufe Christi dar. Auch diese Gemälde haben ein beklagenswerthes Schicksal gehabt. Nach der Occupation Mantuas durch die Franzosen am 3. März 1797 wurde die Kirche als Fouragemagazin benutzt, wobei die Bilder aufs ärgste be¬ schädigt wurden. Nur die Anbetung der heiligen Dreieinigkeit war von den Franzosen für würdig befunden worden, nach Frankreich übergeführt zu werden. Um das Bild bequemer transportiren zu können, hatte man es in mehrere Stücke geschnitten und dieselben zusammengerollt. Schon waren diese Stücke zur Versendung bereit, als die Akademie von Mantua »och zur rechten Zeit Einspruch erhob. Sie erhielt aber nicht mehr alle Stücke zurück. Das fehlende ergänzte der Maler Pelizza, doch blieb das Ganze merkwürdiger Weise in zwei- Hälften getrennt: die obere Hälfte hängt heute an der einen, die untere an der andern Schmalwand des Bibliotheksaales in Mantua. Die letztere ist die vor¬ züglichere von beiden. Schon hier gab sich der ausgezeichnete Bildnißmaler zu erkennen, der mit breitem, sicherm Pinsel vornehme Personen in selbstbewußter Haltung darzustellen weiß. Sonst zeigt sich in der kräftigen Charakteristik und in der schwungvollen, feurigen Composition der Einfluß der Venetianer, ins¬ besondre Tintorettos, während die kalte, ins Braunrothe fallende Färbung aufs

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/328>, abgerufen am 28.04.2024.