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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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petroleumquellen in Deutschland.

etrolcumqnelleu? O, die Geschichte kenne ich. Wie werden die
Börsenjobber jubeln, daß sich eine neue Gelegenheit gefunden hat,
das Geld des Publicums flüssig zu machen und in ihre weiten
Taschen zu lenken. Oelhcim 134 und gleich darauf Oelheim 97 --
das schwankt auf und nieder, gleich der Oberfläche der gelben
Flüssigkeit, genau so wie die Börse die Pumpen arbeiten laßt. Hat mau hohe
Course zum Verkauf nöthig, so fließt das Oel mächtig, und der Telegraph ver¬
kündet es in alle Welt. Sollen Papiere angekauft werden, schnell versiegt
Bohrloch Ur, 3. Bald fließt ein andrer Brunnen wieder stärker, und so geht
es in stetigem Wechsel weiter. Schnell gewonnen, schnell zerronnen, Petroleum
und Geld. Eben ist das Oel gefunden, ein kurzer Rausch, und alles ist vorbei.
So denkt der vorsichtige Mann, der nicht viel zu verlieren hat. Und er thut
Recht daran. Mit Petrvlemnactim zu spielen, könnte sein Unglück werden; sie
sind zu feuergefährlich, und eine Versicherungsanstalt giebt es dafür nicht. Seine
Schlüsse freilich sind uicht richtig. Lange schon kennt man in der Lüneburger
Haide Petroleumbrunnen, und die Hoffnung, es werde in großen Massen vor¬
handen sein, ist vollberechtigt.

In Deutschland wird in drei ganz verschiedenen Gegenden Petroleum ge¬
funden: im Elsaß, in Baiern und in der Lünelmrger Haide.*) Im Elsaß findet
es sich in Hohlräumen von Gebirgsschichten. Bei Schwabenweilcr wird es berg¬
männisch gewonnen. Um stärkere Ausbeute zu erzielen, hat man vor kurzem
angefangen, größere Tiefbanten auszuführen. Das Petroleum bei Tegernsee in
Vaiern ist schon seit langer Zeit unter dem Namen Se. Quirinus-Oel be¬
kannt; es wird aber nicht in größeren Mengen gewonnen, an Unternehmungen
in großem Stil ist noch nicht gedacht. Mit der größten Energie aber wird seit
etwa zwei Jahren die Petroleumgewinnung im Nordwesten Deutschlands betrieben,
in Hannover, Braunschweig und Holstein. Das große Capital und das Interesse
Deutschlands an einer neuen Industrie hat sich mit einemmale nach jener Gegend
gewendet. Die öden Gebiete der Lüneburger Haide sollen belebt werden.



Das Vorkomme" des Petroleums im nordwestlichen Deutschland, ins¬
besondere in der Lüneburger Haide, Bvrlrng des Ober-Appellationsrathes Nvldeckc in
Celle, gehalten am 10. und 17. Januar 1881 im Künstlerverein zu Celle. Mit S Holz-
siicheu, ' Celle und Leipzig, Literarische Anstalt von Angust Schutze, 1881, Wir folgen dieser
Schrift und empfehlen sie alle", die sich rasch und leicht über die geologischen Verhältnisse
der Bohrungen zu orientiren wünschen.
petroleumquellen in Deutschland.

etrolcumqnelleu? O, die Geschichte kenne ich. Wie werden die
Börsenjobber jubeln, daß sich eine neue Gelegenheit gefunden hat,
das Geld des Publicums flüssig zu machen und in ihre weiten
Taschen zu lenken. Oelhcim 134 und gleich darauf Oelheim 97 —
das schwankt auf und nieder, gleich der Oberfläche der gelben
Flüssigkeit, genau so wie die Börse die Pumpen arbeiten laßt. Hat mau hohe
Course zum Verkauf nöthig, so fließt das Oel mächtig, und der Telegraph ver¬
kündet es in alle Welt. Sollen Papiere angekauft werden, schnell versiegt
Bohrloch Ur, 3. Bald fließt ein andrer Brunnen wieder stärker, und so geht
es in stetigem Wechsel weiter. Schnell gewonnen, schnell zerronnen, Petroleum
und Geld. Eben ist das Oel gefunden, ein kurzer Rausch, und alles ist vorbei.
So denkt der vorsichtige Mann, der nicht viel zu verlieren hat. Und er thut
Recht daran. Mit Petrvlemnactim zu spielen, könnte sein Unglück werden; sie
sind zu feuergefährlich, und eine Versicherungsanstalt giebt es dafür nicht. Seine
Schlüsse freilich sind uicht richtig. Lange schon kennt man in der Lüneburger
Haide Petroleumbrunnen, und die Hoffnung, es werde in großen Massen vor¬
handen sein, ist vollberechtigt.

In Deutschland wird in drei ganz verschiedenen Gegenden Petroleum ge¬
funden: im Elsaß, in Baiern und in der Lünelmrger Haide.*) Im Elsaß findet
es sich in Hohlräumen von Gebirgsschichten. Bei Schwabenweilcr wird es berg¬
männisch gewonnen. Um stärkere Ausbeute zu erzielen, hat man vor kurzem
angefangen, größere Tiefbanten auszuführen. Das Petroleum bei Tegernsee in
Vaiern ist schon seit langer Zeit unter dem Namen Se. Quirinus-Oel be¬
kannt; es wird aber nicht in größeren Mengen gewonnen, an Unternehmungen
in großem Stil ist noch nicht gedacht. Mit der größten Energie aber wird seit
etwa zwei Jahren die Petroleumgewinnung im Nordwesten Deutschlands betrieben,
in Hannover, Braunschweig und Holstein. Das große Capital und das Interesse
Deutschlands an einer neuen Industrie hat sich mit einemmale nach jener Gegend
gewendet. Die öden Gebiete der Lüneburger Haide sollen belebt werden.



Das Vorkomme» des Petroleums im nordwestlichen Deutschland, ins¬
besondere in der Lüneburger Haide, Bvrlrng des Ober-Appellationsrathes Nvldeckc in
Celle, gehalten am 10. und 17. Januar 1881 im Künstlerverein zu Celle. Mit S Holz-
siicheu, ' Celle und Leipzig, Literarische Anstalt von Angust Schutze, 1881, Wir folgen dieser
Schrift und empfehlen sie alle», die sich rasch und leicht über die geologischen Verhältnisse
der Bohrungen zu orientiren wünschen.
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[0429] petroleumquellen in Deutschland. etrolcumqnelleu? O, die Geschichte kenne ich. Wie werden die Börsenjobber jubeln, daß sich eine neue Gelegenheit gefunden hat, das Geld des Publicums flüssig zu machen und in ihre weiten Taschen zu lenken. Oelhcim 134 und gleich darauf Oelheim 97 — das schwankt auf und nieder, gleich der Oberfläche der gelben Flüssigkeit, genau so wie die Börse die Pumpen arbeiten laßt. Hat mau hohe Course zum Verkauf nöthig, so fließt das Oel mächtig, und der Telegraph ver¬ kündet es in alle Welt. Sollen Papiere angekauft werden, schnell versiegt Bohrloch Ur, 3. Bald fließt ein andrer Brunnen wieder stärker, und so geht es in stetigem Wechsel weiter. Schnell gewonnen, schnell zerronnen, Petroleum und Geld. Eben ist das Oel gefunden, ein kurzer Rausch, und alles ist vorbei. So denkt der vorsichtige Mann, der nicht viel zu verlieren hat. Und er thut Recht daran. Mit Petrvlemnactim zu spielen, könnte sein Unglück werden; sie sind zu feuergefährlich, und eine Versicherungsanstalt giebt es dafür nicht. Seine Schlüsse freilich sind uicht richtig. Lange schon kennt man in der Lüneburger Haide Petroleumbrunnen, und die Hoffnung, es werde in großen Massen vor¬ handen sein, ist vollberechtigt. In Deutschland wird in drei ganz verschiedenen Gegenden Petroleum ge¬ funden: im Elsaß, in Baiern und in der Lünelmrger Haide.*) Im Elsaß findet es sich in Hohlräumen von Gebirgsschichten. Bei Schwabenweilcr wird es berg¬ männisch gewonnen. Um stärkere Ausbeute zu erzielen, hat man vor kurzem angefangen, größere Tiefbanten auszuführen. Das Petroleum bei Tegernsee in Vaiern ist schon seit langer Zeit unter dem Namen Se. Quirinus-Oel be¬ kannt; es wird aber nicht in größeren Mengen gewonnen, an Unternehmungen in großem Stil ist noch nicht gedacht. Mit der größten Energie aber wird seit etwa zwei Jahren die Petroleumgewinnung im Nordwesten Deutschlands betrieben, in Hannover, Braunschweig und Holstein. Das große Capital und das Interesse Deutschlands an einer neuen Industrie hat sich mit einemmale nach jener Gegend gewendet. Die öden Gebiete der Lüneburger Haide sollen belebt werden. Das Vorkomme» des Petroleums im nordwestlichen Deutschland, ins¬ besondere in der Lüneburger Haide, Bvrlrng des Ober-Appellationsrathes Nvldeckc in Celle, gehalten am 10. und 17. Januar 1881 im Künstlerverein zu Celle. Mit S Holz- siicheu, ' Celle und Leipzig, Literarische Anstalt von Angust Schutze, 1881, Wir folgen dieser Schrift und empfehlen sie alle», die sich rasch und leicht über die geologischen Verhältnisse der Bohrungen zu orientiren wünschen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/429>, abgerufen am 29.04.2024.