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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Literatur.

im Kunstleben - aufzutreten, und es nur billigen, wenn dasselbe sich unterfängt,
auch einmal in das "Verbandsncst" zu stechen und das Wesen der literarischen
Congresse gebührend lächerlich zu machen.

Die "Grenzboten" und ihre Mitarbeiter erfreue" sich der Thatsache, völlig
unabhängig zu sein und völlig auf eiguen Füßen zu stehen. Ich erlaube mir
dies Herrn Engel und seinesgleichen ausdrücklich zu bemerken, ihnen, die aus
Haß und Aerger die grünen Hefte und die, welche sie schreiben, durch Ausstreuen
der Lüge zu verunglimpfen suchen, daß sie sich sür ihre Gesinnung und ihr
Auftreten bezahlen ließen.

Ich bemerke ferner, daß, solange die Gunst und das Vertraue" der Leser-
Welt den "Grenzboten" die Existenz ermöglichen wird, deren Mitarbeiter und
Verleger, welche die Bezeichnung "Seine Leute" als Ehrennamen für sich in An¬
spruch nehmen, unbeirrt für die Ziele weiterkämpfen werden, die sie sich vor¬
gesteckt haben. Das "Lebenselement der Anonymität" werden sie sich dabei
allerdings nicht versagen, denn solange noch die, welche für eine gute Sache streitend
um der Art ihrer Gegner willen sich scheuen müssen, mit offnem Visir in die
Schranken zu trete", werden diese sichs gefallen lassen müssen, daß ihnen die
Gelegenheit genommen bleibt, den Kampf auf persönliches Gebiet hinüberzu-
spielen; sie mögen sich darein ergeben, nur eben die "Grenzboten" vor sich
zu habe".


Johannes Grunow.


Literatur.
Zur Volkskunde der Juden. Mit einer Karte über die Verbreitung der Juden in
Mitteleuropa. Von Richard Andree. Bielefeld und Leipzig, Vclhagcn und Klasing, 1881.

Diese Schrift hat zur gegenwärtigen Discussion der Jndenfrcige keine Beziehung;
sie steht außerhalb derselben auf dem Boden der wissenschaftlichen Völkerkunde.
Da aber wegen der socialen und politischen Jndenfrcigc alles, was Material über
die Natur des jüdischen Stammes an die Hand giebt, erhöhten Werth für uns hat,
so darf auch diese Volkskunde der Juden mehr als das gewöhnliche wissenschaft¬
liche Interesse in Anspruch nehmen. Den Juden wird sie zwar keine willkommene
Gabe sein, da Andree wirklich objectiv geschrieben und es unterlassen hat, aus seinem
statistischen Material irgendwelche lobenden oder tadelnden Schlüsse auf den Charakter
und die Fähigkeiten des Stammes zu ziehen.

Das ist nun freilich Objektivität, aber im gewöhnlichen Sinne, Objectivität,
bei welcher das Herz des Schriftstellers nicht mitredet, folglich auch manche
Seiten der Frage keine Berücksichtigung erfahren, weil sie dem Schriftsteller gleich-
giltig sind. Andree hat das geliefert, was man gewöhnlich unter der Bezeichnung


Literatur.

im Kunstleben - aufzutreten, und es nur billigen, wenn dasselbe sich unterfängt,
auch einmal in das „Verbandsncst" zu stechen und das Wesen der literarischen
Congresse gebührend lächerlich zu machen.

Die „Grenzboten" und ihre Mitarbeiter erfreue» sich der Thatsache, völlig
unabhängig zu sein und völlig auf eiguen Füßen zu stehen. Ich erlaube mir
dies Herrn Engel und seinesgleichen ausdrücklich zu bemerken, ihnen, die aus
Haß und Aerger die grünen Hefte und die, welche sie schreiben, durch Ausstreuen
der Lüge zu verunglimpfen suchen, daß sie sich sür ihre Gesinnung und ihr
Auftreten bezahlen ließen.

Ich bemerke ferner, daß, solange die Gunst und das Vertraue» der Leser-
Welt den „Grenzboten" die Existenz ermöglichen wird, deren Mitarbeiter und
Verleger, welche die Bezeichnung „Seine Leute" als Ehrennamen für sich in An¬
spruch nehmen, unbeirrt für die Ziele weiterkämpfen werden, die sie sich vor¬
gesteckt haben. Das „Lebenselement der Anonymität" werden sie sich dabei
allerdings nicht versagen, denn solange noch die, welche für eine gute Sache streitend
um der Art ihrer Gegner willen sich scheuen müssen, mit offnem Visir in die
Schranken zu trete», werden diese sichs gefallen lassen müssen, daß ihnen die
Gelegenheit genommen bleibt, den Kampf auf persönliches Gebiet hinüberzu-
spielen; sie mögen sich darein ergeben, nur eben die „Grenzboten" vor sich
zu habe».


Johannes Grunow.


Literatur.
Zur Volkskunde der Juden. Mit einer Karte über die Verbreitung der Juden in
Mitteleuropa. Von Richard Andree. Bielefeld und Leipzig, Vclhagcn und Klasing, 1881.

Diese Schrift hat zur gegenwärtigen Discussion der Jndenfrcige keine Beziehung;
sie steht außerhalb derselben auf dem Boden der wissenschaftlichen Völkerkunde.
Da aber wegen der socialen und politischen Jndenfrcigc alles, was Material über
die Natur des jüdischen Stammes an die Hand giebt, erhöhten Werth für uns hat,
so darf auch diese Volkskunde der Juden mehr als das gewöhnliche wissenschaft¬
liche Interesse in Anspruch nehmen. Den Juden wird sie zwar keine willkommene
Gabe sein, da Andree wirklich objectiv geschrieben und es unterlassen hat, aus seinem
statistischen Material irgendwelche lobenden oder tadelnden Schlüsse auf den Charakter
und die Fähigkeiten des Stammes zu ziehen.

Das ist nun freilich Objektivität, aber im gewöhnlichen Sinne, Objectivität,
bei welcher das Herz des Schriftstellers nicht mitredet, folglich auch manche
Seiten der Frage keine Berücksichtigung erfahren, weil sie dem Schriftsteller gleich-
giltig sind. Andree hat das geliefert, was man gewöhnlich unter der Bezeichnung


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[0439] Literatur. im Kunstleben - aufzutreten, und es nur billigen, wenn dasselbe sich unterfängt, auch einmal in das „Verbandsncst" zu stechen und das Wesen der literarischen Congresse gebührend lächerlich zu machen. Die „Grenzboten" und ihre Mitarbeiter erfreue» sich der Thatsache, völlig unabhängig zu sein und völlig auf eiguen Füßen zu stehen. Ich erlaube mir dies Herrn Engel und seinesgleichen ausdrücklich zu bemerken, ihnen, die aus Haß und Aerger die grünen Hefte und die, welche sie schreiben, durch Ausstreuen der Lüge zu verunglimpfen suchen, daß sie sich sür ihre Gesinnung und ihr Auftreten bezahlen ließen. Ich bemerke ferner, daß, solange die Gunst und das Vertraue» der Leser- Welt den „Grenzboten" die Existenz ermöglichen wird, deren Mitarbeiter und Verleger, welche die Bezeichnung „Seine Leute" als Ehrennamen für sich in An¬ spruch nehmen, unbeirrt für die Ziele weiterkämpfen werden, die sie sich vor¬ gesteckt haben. Das „Lebenselement der Anonymität" werden sie sich dabei allerdings nicht versagen, denn solange noch die, welche für eine gute Sache streitend um der Art ihrer Gegner willen sich scheuen müssen, mit offnem Visir in die Schranken zu trete», werden diese sichs gefallen lassen müssen, daß ihnen die Gelegenheit genommen bleibt, den Kampf auf persönliches Gebiet hinüberzu- spielen; sie mögen sich darein ergeben, nur eben die „Grenzboten" vor sich zu habe». Johannes Grunow. Literatur. Zur Volkskunde der Juden. Mit einer Karte über die Verbreitung der Juden in Mitteleuropa. Von Richard Andree. Bielefeld und Leipzig, Vclhagcn und Klasing, 1881. Diese Schrift hat zur gegenwärtigen Discussion der Jndenfrcige keine Beziehung; sie steht außerhalb derselben auf dem Boden der wissenschaftlichen Völkerkunde. Da aber wegen der socialen und politischen Jndenfrcigc alles, was Material über die Natur des jüdischen Stammes an die Hand giebt, erhöhten Werth für uns hat, so darf auch diese Volkskunde der Juden mehr als das gewöhnliche wissenschaft¬ liche Interesse in Anspruch nehmen. Den Juden wird sie zwar keine willkommene Gabe sein, da Andree wirklich objectiv geschrieben und es unterlassen hat, aus seinem statistischen Material irgendwelche lobenden oder tadelnden Schlüsse auf den Charakter und die Fähigkeiten des Stammes zu ziehen. Das ist nun freilich Objektivität, aber im gewöhnlichen Sinne, Objectivität, bei welcher das Herz des Schriftstellers nicht mitredet, folglich auch manche Seiten der Frage keine Berücksichtigung erfahren, weil sie dem Schriftsteller gleich- giltig sind. Andree hat das geliefert, was man gewöhnlich unter der Bezeichnung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/439>, abgerufen am 28.04.2024.