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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Herr Eduard Engel,

gezogen. Ein wahrer Hcrmesfuud für den Verband, dieser Grenzboten-Artikel!
Jetzt ist's natürlich für jeden deutschen Schriftsteller klar, daß etwas Gutes an
einer Sache sein muß, welche den Zorn und den sogenannte" Spott des muthigen
Anonymus der "Grenzboten" herausgefordert hat. Hoffentlich bemächtigt sich vollends
die norddeutsche Allgemeine Zeitung des dankbaren Stoffes, es bliebe dann so hübsch
in der Familie und trüge dem Verbände sicher einige Dutzend neue Mitglieder ein.
Eduard Engel, HuoS äous be-us voiwt!

An diesem Erguß ist vor allem die außerordentliche Feinheit des Stil¬
gefühls beachtenswerth, welche Herr Engel an den Tag legt und durch
welche er seine Qualification zu dem Amte des Herausgebers eines Magazins
für Literatur in schlagender Weise bekundet. Denn es ist doch wohl ehrliche Ueber¬
zeugung, wenn er findig vermeint, "auf den Busch zu klopfe"," in dem Busch aber
die "drei Sterne" entdeckt und diese wiederum für den Kometen hält, der über
den Greuzbotenhimmel gezogen ist. Drei Federn, so grundverschieden, daß ein
Schüler sie sollte unterscheiden können, und Herr Engel hält sie für ein und
dieselbe! Man kann dem Herrn Verleger des "Magazins" zu seinem Redacteur
gratuliren. Herr Engel ist offenbar "vom Metier."

Seiner literarischen Tüchtigkeit aber hält der Adel seines Charakters die
Wage. Ich quittire ihm über das "Reptil," welches verschiedentlich in seinem
Artikel spukt, und über die geschmackvolle Deutung, daß "die, welche sich "Seine
Leute" nennen," "die neueste Gattung der Viecher ohne Beine sind, welche mit
dem Wanst auf der Erde kriechen," "sich vom Abhub (?) des Welfenfonds
schlecht und recht nähren" und "nur im Dunkeln gedeihen" u. s. w. Die ganze
vornehme Gesinnung der Leute vom Schlage des Herrn Engel offenbart sich
darin, daß es ihnen vollständig unfaßbar ist, wie jemand mit Begeisterung,
mit aufrichtigem Herzen und völliger Uneigennützigkeit für eine gute Sache ein¬
treten kann. Weil die "Grenzboten" es sich zur Aufgabe machen, für den
Reichskanzler und seine Politik zu kämpfen, so müssen natürlich sie und ihre Mit¬
arbeiter aus der "Hinterlassenschaft des Königs von Hannover" bezahlt werden,
"Zeile für Zeile zum festen Preise." Die vaterlandslvse Sippschaft, welche mit
Ostentation die "Hinterlassenschaft des Königs von Hannover" im Munde zu
führen pflegt, hat freilich kein Verständniß dafür, was mau Aufrichtigkeit und
Treue nennt. Gegen wen richten sich in Wahrheit alle die Schnödigkciten
des Herrn Engel? Wem wird hier zugemuthet, die "Grenzboten" zu bezahlen?
Ich werfe nicht die Frage auf, wofür? Es ist zu absurd, gerade bei unserm
Bericht über den Wiener Schriftstcllcrcongreß "Reptil" zu schreien und die
"Grenzboten" wegen ihrer politischen Haltung anzufallen.

Zum Glück sind unsre grünen Hefte nicht in der Nothlage, Subsidien aus der
"Hinterlassenschaft des König von Hannover" oder sonst woher beziehen zu
müssen. Denn noch giebt es Leute genug, welche auf ein unbeeinflußtes und
rückhaltsloses Urtheil Werth legen, welche es ehren, wenn ein Blatt es wagt,
ohne Scheu gegen Schwindel aller Art -- im politischen, im literarischen wie


Herr Eduard Engel,

gezogen. Ein wahrer Hcrmesfuud für den Verband, dieser Grenzboten-Artikel!
Jetzt ist's natürlich für jeden deutschen Schriftsteller klar, daß etwas Gutes an
einer Sache sein muß, welche den Zorn und den sogenannte» Spott des muthigen
Anonymus der „Grenzboten" herausgefordert hat. Hoffentlich bemächtigt sich vollends
die norddeutsche Allgemeine Zeitung des dankbaren Stoffes, es bliebe dann so hübsch
in der Familie und trüge dem Verbände sicher einige Dutzend neue Mitglieder ein.
Eduard Engel, HuoS äous be-us voiwt!

An diesem Erguß ist vor allem die außerordentliche Feinheit des Stil¬
gefühls beachtenswerth, welche Herr Engel an den Tag legt und durch
welche er seine Qualification zu dem Amte des Herausgebers eines Magazins
für Literatur in schlagender Weise bekundet. Denn es ist doch wohl ehrliche Ueber¬
zeugung, wenn er findig vermeint, „auf den Busch zu klopfe»," in dem Busch aber
die „drei Sterne" entdeckt und diese wiederum für den Kometen hält, der über
den Greuzbotenhimmel gezogen ist. Drei Federn, so grundverschieden, daß ein
Schüler sie sollte unterscheiden können, und Herr Engel hält sie für ein und
dieselbe! Man kann dem Herrn Verleger des „Magazins" zu seinem Redacteur
gratuliren. Herr Engel ist offenbar „vom Metier."

Seiner literarischen Tüchtigkeit aber hält der Adel seines Charakters die
Wage. Ich quittire ihm über das „Reptil," welches verschiedentlich in seinem
Artikel spukt, und über die geschmackvolle Deutung, daß „die, welche sich »Seine
Leute« nennen," „die neueste Gattung der Viecher ohne Beine sind, welche mit
dem Wanst auf der Erde kriechen," „sich vom Abhub (?) des Welfenfonds
schlecht und recht nähren" und „nur im Dunkeln gedeihen" u. s. w. Die ganze
vornehme Gesinnung der Leute vom Schlage des Herrn Engel offenbart sich
darin, daß es ihnen vollständig unfaßbar ist, wie jemand mit Begeisterung,
mit aufrichtigem Herzen und völliger Uneigennützigkeit für eine gute Sache ein¬
treten kann. Weil die „Grenzboten" es sich zur Aufgabe machen, für den
Reichskanzler und seine Politik zu kämpfen, so müssen natürlich sie und ihre Mit¬
arbeiter aus der „Hinterlassenschaft des Königs von Hannover" bezahlt werden,
„Zeile für Zeile zum festen Preise." Die vaterlandslvse Sippschaft, welche mit
Ostentation die „Hinterlassenschaft des Königs von Hannover" im Munde zu
führen pflegt, hat freilich kein Verständniß dafür, was mau Aufrichtigkeit und
Treue nennt. Gegen wen richten sich in Wahrheit alle die Schnödigkciten
des Herrn Engel? Wem wird hier zugemuthet, die „Grenzboten" zu bezahlen?
Ich werfe nicht die Frage auf, wofür? Es ist zu absurd, gerade bei unserm
Bericht über den Wiener Schriftstcllcrcongreß „Reptil" zu schreien und die
„Grenzboten" wegen ihrer politischen Haltung anzufallen.

Zum Glück sind unsre grünen Hefte nicht in der Nothlage, Subsidien aus der
„Hinterlassenschaft des König von Hannover" oder sonst woher beziehen zu
müssen. Denn noch giebt es Leute genug, welche auf ein unbeeinflußtes und
rückhaltsloses Urtheil Werth legen, welche es ehren, wenn ein Blatt es wagt,
ohne Scheu gegen Schwindel aller Art — im politischen, im literarischen wie


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[0438] Herr Eduard Engel, gezogen. Ein wahrer Hcrmesfuud für den Verband, dieser Grenzboten-Artikel! Jetzt ist's natürlich für jeden deutschen Schriftsteller klar, daß etwas Gutes an einer Sache sein muß, welche den Zorn und den sogenannte» Spott des muthigen Anonymus der „Grenzboten" herausgefordert hat. Hoffentlich bemächtigt sich vollends die norddeutsche Allgemeine Zeitung des dankbaren Stoffes, es bliebe dann so hübsch in der Familie und trüge dem Verbände sicher einige Dutzend neue Mitglieder ein. Eduard Engel, HuoS äous be-us voiwt! An diesem Erguß ist vor allem die außerordentliche Feinheit des Stil¬ gefühls beachtenswerth, welche Herr Engel an den Tag legt und durch welche er seine Qualification zu dem Amte des Herausgebers eines Magazins für Literatur in schlagender Weise bekundet. Denn es ist doch wohl ehrliche Ueber¬ zeugung, wenn er findig vermeint, „auf den Busch zu klopfe»," in dem Busch aber die „drei Sterne" entdeckt und diese wiederum für den Kometen hält, der über den Greuzbotenhimmel gezogen ist. Drei Federn, so grundverschieden, daß ein Schüler sie sollte unterscheiden können, und Herr Engel hält sie für ein und dieselbe! Man kann dem Herrn Verleger des „Magazins" zu seinem Redacteur gratuliren. Herr Engel ist offenbar „vom Metier." Seiner literarischen Tüchtigkeit aber hält der Adel seines Charakters die Wage. Ich quittire ihm über das „Reptil," welches verschiedentlich in seinem Artikel spukt, und über die geschmackvolle Deutung, daß „die, welche sich »Seine Leute« nennen," „die neueste Gattung der Viecher ohne Beine sind, welche mit dem Wanst auf der Erde kriechen," „sich vom Abhub (?) des Welfenfonds schlecht und recht nähren" und „nur im Dunkeln gedeihen" u. s. w. Die ganze vornehme Gesinnung der Leute vom Schlage des Herrn Engel offenbart sich darin, daß es ihnen vollständig unfaßbar ist, wie jemand mit Begeisterung, mit aufrichtigem Herzen und völliger Uneigennützigkeit für eine gute Sache ein¬ treten kann. Weil die „Grenzboten" es sich zur Aufgabe machen, für den Reichskanzler und seine Politik zu kämpfen, so müssen natürlich sie und ihre Mit¬ arbeiter aus der „Hinterlassenschaft des Königs von Hannover" bezahlt werden, „Zeile für Zeile zum festen Preise." Die vaterlandslvse Sippschaft, welche mit Ostentation die „Hinterlassenschaft des Königs von Hannover" im Munde zu führen pflegt, hat freilich kein Verständniß dafür, was mau Aufrichtigkeit und Treue nennt. Gegen wen richten sich in Wahrheit alle die Schnödigkciten des Herrn Engel? Wem wird hier zugemuthet, die „Grenzboten" zu bezahlen? Ich werfe nicht die Frage auf, wofür? Es ist zu absurd, gerade bei unserm Bericht über den Wiener Schriftstcllcrcongreß „Reptil" zu schreien und die „Grenzboten" wegen ihrer politischen Haltung anzufallen. Zum Glück sind unsre grünen Hefte nicht in der Nothlage, Subsidien aus der „Hinterlassenschaft des König von Hannover" oder sonst woher beziehen zu müssen. Denn noch giebt es Leute genug, welche auf ein unbeeinflußtes und rückhaltsloses Urtheil Werth legen, welche es ehren, wenn ein Blatt es wagt, ohne Scheu gegen Schwindel aller Art — im politischen, im literarischen wie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/438>, abgerufen am 14.05.2024.