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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Die windthm-fesche Affaire,

Wie das Strafgericht in Gestalt MvrclliS über Crowe und Cavaleaselle herein-
gebrochen ist, so wird vielleicht auch, wenn die Kuustforschuug sich weiterhin so
rapid entwickelt, wie es bisher der Fall war, einst der Tag kommen, wo das
Gold Eisenmannschcr Weisheit unter dem Probirstein eines Größeren als un¬
edles Metall erkannt werden wird.


Asolf Rosenberg,


9le ZVindthorstsche Affaire.

ehr als die Neichstagsverhaudluugeu beschäftigte in voriger Woche
die Parteien und ihre Zeitungen eine Streitsache zwischen dem
Abgeordneten für Meppen und der Redaction der Nvrdd. Allgem.
Zeitung, die, an sich nicht besonders wichtig, dadurch Bedeutung
gewonnen hatte, daß Herr Windthorst aus den Aeußerungen jenes
Blattes die Stimme des Reichskanzlers herausgehört, daß seine Fraction durch
ihr Hauptorgan seine Klage über Beleidigung und sein Verlangen nach Satis-
fnetion unterstützt und sich seiner Gegendemonstration ans gesellschaftlichen Ge¬
biete einmüthig angeschlossen, und daß es so den Anschein gewonnen hatte, die
Annäherung zwischen den, Kanzler und dem Centrum, die in den letzte,? Wochen
von beiden Seiten ins Auge gefaßt zu sein schien, werde eine dauernde Unter¬
brechung erfahren.

Ob und wie weit die letzterwähnte Vermuthung begründet ist, mag einst¬
weilen dahingestellt bleiben; wir begnügen uns für heute mit einer Grilppiruug
der einzelnen Thatsachen zu einem Gesammtbilde des Streitfalles und seiner
Entwicklung,

In der Sitzung, welche die zur Vorberathung der Hamburger Zollanschluß-
augelegeuhcit gewählte Commission des Reichstags am 5. d. M. abhielt, rieb^
tete der Abgeordnete Windthorst an den Finanzminister die Frage, ob die Re-
gierung sicher sei, daß bei Anschluß der Unterclbe an das deutsche Zollgebiet die
auswärtigen Mächte geneigt sein würden, die von ihnen durch schwere Opfer
erkaufte Freiheit dieses Stromes in Bezug auf die Ablösung des Staber Zolles
dadurch beschränken zu lassen, daß dort neue Zollformalitüten eingeführt würden.
Er nannte dabei ausdrücklich England und Rußland und bemerkte, daß er vor
einiger Zeit durch einen auswärtigen Agenten (es war, wie es scheint, ein eng¬
lischer Consul, der zugleich in der Hamburger Sache persönliche Interessen be¬
rührt sieht) über die Angelegenheit befragt worden sei. Der interpellirte Mi¬
nister erwiederte darauf, daß die Elbe ein preußisch-deutscher Strom sei, dessen


Die windthm-fesche Affaire,

Wie das Strafgericht in Gestalt MvrclliS über Crowe und Cavaleaselle herein-
gebrochen ist, so wird vielleicht auch, wenn die Kuustforschuug sich weiterhin so
rapid entwickelt, wie es bisher der Fall war, einst der Tag kommen, wo das
Gold Eisenmannschcr Weisheit unter dem Probirstein eines Größeren als un¬
edles Metall erkannt werden wird.


Asolf Rosenberg,


9le ZVindthorstsche Affaire.

ehr als die Neichstagsverhaudluugeu beschäftigte in voriger Woche
die Parteien und ihre Zeitungen eine Streitsache zwischen dem
Abgeordneten für Meppen und der Redaction der Nvrdd. Allgem.
Zeitung, die, an sich nicht besonders wichtig, dadurch Bedeutung
gewonnen hatte, daß Herr Windthorst aus den Aeußerungen jenes
Blattes die Stimme des Reichskanzlers herausgehört, daß seine Fraction durch
ihr Hauptorgan seine Klage über Beleidigung und sein Verlangen nach Satis-
fnetion unterstützt und sich seiner Gegendemonstration ans gesellschaftlichen Ge¬
biete einmüthig angeschlossen, und daß es so den Anschein gewonnen hatte, die
Annäherung zwischen den, Kanzler und dem Centrum, die in den letzte,? Wochen
von beiden Seiten ins Auge gefaßt zu sein schien, werde eine dauernde Unter¬
brechung erfahren.

Ob und wie weit die letzterwähnte Vermuthung begründet ist, mag einst¬
weilen dahingestellt bleiben; wir begnügen uns für heute mit einer Grilppiruug
der einzelnen Thatsachen zu einem Gesammtbilde des Streitfalles und seiner
Entwicklung,

In der Sitzung, welche die zur Vorberathung der Hamburger Zollanschluß-
augelegeuhcit gewählte Commission des Reichstags am 5. d. M. abhielt, rieb^
tete der Abgeordnete Windthorst an den Finanzminister die Frage, ob die Re-
gierung sicher sei, daß bei Anschluß der Unterclbe an das deutsche Zollgebiet die
auswärtigen Mächte geneigt sein würden, die von ihnen durch schwere Opfer
erkaufte Freiheit dieses Stromes in Bezug auf die Ablösung des Staber Zolles
dadurch beschränken zu lassen, daß dort neue Zollformalitüten eingeführt würden.
Er nannte dabei ausdrücklich England und Rußland und bemerkte, daß er vor
einiger Zeit durch einen auswärtigen Agenten (es war, wie es scheint, ein eng¬
lischer Consul, der zugleich in der Hamburger Sache persönliche Interessen be¬
rührt sieht) über die Angelegenheit befragt worden sei. Der interpellirte Mi¬
nister erwiederte darauf, daß die Elbe ein preußisch-deutscher Strom sei, dessen


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[0528] Die windthm-fesche Affaire, Wie das Strafgericht in Gestalt MvrclliS über Crowe und Cavaleaselle herein- gebrochen ist, so wird vielleicht auch, wenn die Kuustforschuug sich weiterhin so rapid entwickelt, wie es bisher der Fall war, einst der Tag kommen, wo das Gold Eisenmannschcr Weisheit unter dem Probirstein eines Größeren als un¬ edles Metall erkannt werden wird. Asolf Rosenberg, 9le ZVindthorstsche Affaire. ehr als die Neichstagsverhaudluugeu beschäftigte in voriger Woche die Parteien und ihre Zeitungen eine Streitsache zwischen dem Abgeordneten für Meppen und der Redaction der Nvrdd. Allgem. Zeitung, die, an sich nicht besonders wichtig, dadurch Bedeutung gewonnen hatte, daß Herr Windthorst aus den Aeußerungen jenes Blattes die Stimme des Reichskanzlers herausgehört, daß seine Fraction durch ihr Hauptorgan seine Klage über Beleidigung und sein Verlangen nach Satis- fnetion unterstützt und sich seiner Gegendemonstration ans gesellschaftlichen Ge¬ biete einmüthig angeschlossen, und daß es so den Anschein gewonnen hatte, die Annäherung zwischen den, Kanzler und dem Centrum, die in den letzte,? Wochen von beiden Seiten ins Auge gefaßt zu sein schien, werde eine dauernde Unter¬ brechung erfahren. Ob und wie weit die letzterwähnte Vermuthung begründet ist, mag einst¬ weilen dahingestellt bleiben; wir begnügen uns für heute mit einer Grilppiruug der einzelnen Thatsachen zu einem Gesammtbilde des Streitfalles und seiner Entwicklung, In der Sitzung, welche die zur Vorberathung der Hamburger Zollanschluß- augelegeuhcit gewählte Commission des Reichstags am 5. d. M. abhielt, rieb^ tete der Abgeordnete Windthorst an den Finanzminister die Frage, ob die Re- gierung sicher sei, daß bei Anschluß der Unterclbe an das deutsche Zollgebiet die auswärtigen Mächte geneigt sein würden, die von ihnen durch schwere Opfer erkaufte Freiheit dieses Stromes in Bezug auf die Ablösung des Staber Zolles dadurch beschränken zu lassen, daß dort neue Zollformalitüten eingeführt würden. Er nannte dabei ausdrücklich England und Rußland und bemerkte, daß er vor einiger Zeit durch einen auswärtigen Agenten (es war, wie es scheint, ein eng¬ lischer Consul, der zugleich in der Hamburger Sache persönliche Interessen be¬ rührt sieht) über die Angelegenheit befragt worden sei. Der interpellirte Mi¬ nister erwiederte darauf, daß die Elbe ein preußisch-deutscher Strom sei, dessen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/528>, abgerufen am 29.04.2024.