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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Piotro Lossa.

Geschehens ebenfalls objectiv ähnliches in rsruin na.turÄ, in dem Wesen der
wirkenden Elemente entspreche. Schwerlich wird darüber je völlige Einstimmig¬
keit erzielt werden; aber es wäre einseitig und ist nur aus der exclusiv mecha¬
nischen Haltung unsrer heutigen Naturwissenschaft zu verstehen, wenn wir jenem
Zweckprineip jede theoretische Geltung absprechen wollten. Wie sich unser Wesen
zusammensetzt ans den zwei correspondirenden Elementen der Bewegung und
Empfindung, wie sich aus jener die ganze Welt der Dinge mit ihren Eigen¬
schaften und Umständen, aus dieser die Welt der Vorstellungen und Begriffe
aufbaut, aus jener das Reich des Mechanismus, aus dieser das der Psyche,
so stellen sich auch in dem Causalprincip und in der Zweckvorstellung die beide"
divergenten und doch aufeinander angewiesenen Functionen unsres Ich dar; in
jenem offenbart sich die zusammenhängende Folge des äußern Geschehens nach
dem unverbrüchlichen Gesetze der Ursache und Wirkung, in dieser die innere
Welt, der der äußere Effect nur als vorbereitendes Mittel dient zur Erreichung
eines ihn beherrschenden Zweckes. Es ist also das dem gewöhnlichen Blicke ab¬
gewandte Kehrbild, das uns unter der Hülle eines anscheinend todten mechanischen
Geschehens eine innere Regsamkeit der schaffenden Elemente selbst zu sehen er¬
laubt, nichts anderes also als zu der starren, unlebendigen Bewegung das Correlat
einer spontanen, selbstbestimmendem Empfindung. Freilich wird die praktische
Behandlung häufig noch willkürlich die Grenzen dieser beiden Gesichtspunkte
verschieben, und nur eine immer intensivere Empirie einerseits und eine vorsichtige
Philosophie anderseits werden imstande sein, beiden Theilen gerecht zu werden.
Aber voreilig und dem wirklichen Fortschritte der Wissenschaft wenig förderlich
würde es sein, mit einem kecken Federstriche diese beiden Anschauungen, die sich
aus der Grundanlage unsrer individuellen Existenz von selbst ergeben, negiren
zu wollen.




pietro (Lossa.
von Paul Schönfeld.

iefste und aufrichtigste Trauer durchwehte die Berichte der ita¬
lienischen Presse, welche vor kurzem die Kunde brachten, daß der
bedeutendste Bühnendichter, dessen sich das Land jenseits der
Alpen seit Vitwrio Alfieri rühmen darf, aus dem Leben geschieden
sei. Am Abend des 30. August erlag der gefeierte römische Tra¬
giker Pietro Cossa im Albergo del Giappone zu Livorno, wohin er sich, theils


Piotro Lossa.

Geschehens ebenfalls objectiv ähnliches in rsruin na.turÄ, in dem Wesen der
wirkenden Elemente entspreche. Schwerlich wird darüber je völlige Einstimmig¬
keit erzielt werden; aber es wäre einseitig und ist nur aus der exclusiv mecha¬
nischen Haltung unsrer heutigen Naturwissenschaft zu verstehen, wenn wir jenem
Zweckprineip jede theoretische Geltung absprechen wollten. Wie sich unser Wesen
zusammensetzt ans den zwei correspondirenden Elementen der Bewegung und
Empfindung, wie sich aus jener die ganze Welt der Dinge mit ihren Eigen¬
schaften und Umständen, aus dieser die Welt der Vorstellungen und Begriffe
aufbaut, aus jener das Reich des Mechanismus, aus dieser das der Psyche,
so stellen sich auch in dem Causalprincip und in der Zweckvorstellung die beide»
divergenten und doch aufeinander angewiesenen Functionen unsres Ich dar; in
jenem offenbart sich die zusammenhängende Folge des äußern Geschehens nach
dem unverbrüchlichen Gesetze der Ursache und Wirkung, in dieser die innere
Welt, der der äußere Effect nur als vorbereitendes Mittel dient zur Erreichung
eines ihn beherrschenden Zweckes. Es ist also das dem gewöhnlichen Blicke ab¬
gewandte Kehrbild, das uns unter der Hülle eines anscheinend todten mechanischen
Geschehens eine innere Regsamkeit der schaffenden Elemente selbst zu sehen er¬
laubt, nichts anderes also als zu der starren, unlebendigen Bewegung das Correlat
einer spontanen, selbstbestimmendem Empfindung. Freilich wird die praktische
Behandlung häufig noch willkürlich die Grenzen dieser beiden Gesichtspunkte
verschieben, und nur eine immer intensivere Empirie einerseits und eine vorsichtige
Philosophie anderseits werden imstande sein, beiden Theilen gerecht zu werden.
Aber voreilig und dem wirklichen Fortschritte der Wissenschaft wenig förderlich
würde es sein, mit einem kecken Federstriche diese beiden Anschauungen, die sich
aus der Grundanlage unsrer individuellen Existenz von selbst ergeben, negiren
zu wollen.




pietro (Lossa.
von Paul Schönfeld.

iefste und aufrichtigste Trauer durchwehte die Berichte der ita¬
lienischen Presse, welche vor kurzem die Kunde brachten, daß der
bedeutendste Bühnendichter, dessen sich das Land jenseits der
Alpen seit Vitwrio Alfieri rühmen darf, aus dem Leben geschieden
sei. Am Abend des 30. August erlag der gefeierte römische Tra¬
giker Pietro Cossa im Albergo del Giappone zu Livorno, wohin er sich, theils


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[0086] Piotro Lossa. Geschehens ebenfalls objectiv ähnliches in rsruin na.turÄ, in dem Wesen der wirkenden Elemente entspreche. Schwerlich wird darüber je völlige Einstimmig¬ keit erzielt werden; aber es wäre einseitig und ist nur aus der exclusiv mecha¬ nischen Haltung unsrer heutigen Naturwissenschaft zu verstehen, wenn wir jenem Zweckprineip jede theoretische Geltung absprechen wollten. Wie sich unser Wesen zusammensetzt ans den zwei correspondirenden Elementen der Bewegung und Empfindung, wie sich aus jener die ganze Welt der Dinge mit ihren Eigen¬ schaften und Umständen, aus dieser die Welt der Vorstellungen und Begriffe aufbaut, aus jener das Reich des Mechanismus, aus dieser das der Psyche, so stellen sich auch in dem Causalprincip und in der Zweckvorstellung die beide» divergenten und doch aufeinander angewiesenen Functionen unsres Ich dar; in jenem offenbart sich die zusammenhängende Folge des äußern Geschehens nach dem unverbrüchlichen Gesetze der Ursache und Wirkung, in dieser die innere Welt, der der äußere Effect nur als vorbereitendes Mittel dient zur Erreichung eines ihn beherrschenden Zweckes. Es ist also das dem gewöhnlichen Blicke ab¬ gewandte Kehrbild, das uns unter der Hülle eines anscheinend todten mechanischen Geschehens eine innere Regsamkeit der schaffenden Elemente selbst zu sehen er¬ laubt, nichts anderes also als zu der starren, unlebendigen Bewegung das Correlat einer spontanen, selbstbestimmendem Empfindung. Freilich wird die praktische Behandlung häufig noch willkürlich die Grenzen dieser beiden Gesichtspunkte verschieben, und nur eine immer intensivere Empirie einerseits und eine vorsichtige Philosophie anderseits werden imstande sein, beiden Theilen gerecht zu werden. Aber voreilig und dem wirklichen Fortschritte der Wissenschaft wenig förderlich würde es sein, mit einem kecken Federstriche diese beiden Anschauungen, die sich aus der Grundanlage unsrer individuellen Existenz von selbst ergeben, negiren zu wollen. pietro (Lossa. von Paul Schönfeld. iefste und aufrichtigste Trauer durchwehte die Berichte der ita¬ lienischen Presse, welche vor kurzem die Kunde brachten, daß der bedeutendste Bühnendichter, dessen sich das Land jenseits der Alpen seit Vitwrio Alfieri rühmen darf, aus dem Leben geschieden sei. Am Abend des 30. August erlag der gefeierte römische Tra¬ giker Pietro Cossa im Albergo del Giappone zu Livorno, wohin er sich, theils

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/86>, abgerufen am 28.04.2024.