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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Notizen.

anflehen, daß sie es so mit mir wende, nicht glimpflicher, nicht glimpflicher,
Eufemia! Nur helfe sie mir aus meiner Bedrängnis nicht auf Kosten meiner
Liebe heraus. Ich will von keinen Nöten los und ledig sein, die ich gemeinsam
mit ihm trage, mit meinem Giuseppe! Und sie küßte durch ihren Neithaudschuh
hindurch den Ring, den sie von ihm am Finger trug.

Der alte Buvnaeolsi, von Lazzarv begleitet, trabte wieder heran. Er hatte
die Gewohnheit, kleine Verdrießlichkeiten mit guter Lanne zu überwinden. Es
muß nach Gottes Ratschluß auch Tölpel geben, lächelte er, indem er Lcizzaros
Zorn über deu querköpfigen Waadtländer mit einer würdevollen Geste zum
Schweige" brachte. Und gen Osten blickend, setzte er, indem er Florida heran¬
winkte, hinzu: Wir sollen uns noch ein halbes Stündchen in Geduld ergeben;
orsu, wohlan! setzen wir unsre Studien von gestern fort.

Von diesem Augenblicke an war er wieder ganz der mit ernstem Auge
die Geschichte vergangener Zeiten überschauende, mit allen Chroniken vertraute
Grübler aus dem Eckzimmer des Zodiaeo-Gäßchens, einem Heiligtum, in welchem
er der trüben Gegenwart sich entrückt zu fühlen pflegte und dessen Stille den
Zügen des sonst heißblütigen und gewaltthätigen Mannes jenen vorwiegend
friedlichen und ehrwürdigen Ausdruck verliehen hatte, an welchem Florida bis
heute mit kindlicher Liebe gehangen hatte.

(Fortsetzung folgt.)




Notizen.

Die Verstaatlichung der Pfälzischen Eisenbahnen. Die Verhand¬
lungen, welche in der jüngsten Zeit mit der Hessischen Ludwigsbahn zur Festsetzung
veränderter Tarifirnngen bez. Jnstradirnngen geführt worden sind, sind in Baiern
mit einem gewissen Unbehagen verfolgt worden, weil man, wohl nicht mit Unrecht,
fürchtet, daß über kurz oder lang auch den Pfälzischen Eisenbahnen von den preu-
ßischen Staatsbnhnen der Krieg erklärt werden könnte. Die Zinsengnrnntie, welche
seinerzeit von der bairischen Regierung zu gunsten der Aktionäre der Pfälzischen
Ludwigs-, der Maximilians-, der Nordbahueu in vielleicht etwas übereilter Weise
eingegangen worden ist, hat dem bairischen Staate bis Ende 1334 rund etwa
neunzehn Millionen Mark gelastet (ohne Zinsen berechnet), und für deu Landtag
ist es immer eine harte Nuß, die Zuschüsse, welche bisher zwischen einer und drei
Millionen Mark jährlich geschwankt haben, zu bewilligen. Es ist daher schon
wiederholt vorzugsweise in der angesehenen ultrnmvntanen Presse verlangt worden,
die vairische Regierung möge die Pfälzischen Bahnen erwerben, und zwar aus
verschiedenen Gründen. Erstens ist die Verwaltung der Pfälzischen Bahnen, die
bekanntlich auch eine Anzahl sehr unrentabler Linien besitzen, welche seinerzeit nur
aus Rücksicht für Großaktionäre gebant worden sind, gegenüber den königlich
bairischen Staatsbahneu sehr teuer, wie dies auch durch den eben erschienenen
statistischen Bericht der königlich bairischen Verkehrsanstalten für 188J wiederum


Notizen.

anflehen, daß sie es so mit mir wende, nicht glimpflicher, nicht glimpflicher,
Eufemia! Nur helfe sie mir aus meiner Bedrängnis nicht auf Kosten meiner
Liebe heraus. Ich will von keinen Nöten los und ledig sein, die ich gemeinsam
mit ihm trage, mit meinem Giuseppe! Und sie küßte durch ihren Neithaudschuh
hindurch den Ring, den sie von ihm am Finger trug.

Der alte Buvnaeolsi, von Lazzarv begleitet, trabte wieder heran. Er hatte
die Gewohnheit, kleine Verdrießlichkeiten mit guter Lanne zu überwinden. Es
muß nach Gottes Ratschluß auch Tölpel geben, lächelte er, indem er Lcizzaros
Zorn über deu querköpfigen Waadtländer mit einer würdevollen Geste zum
Schweige» brachte. Und gen Osten blickend, setzte er, indem er Florida heran¬
winkte, hinzu: Wir sollen uns noch ein halbes Stündchen in Geduld ergeben;
orsu, wohlan! setzen wir unsre Studien von gestern fort.

Von diesem Augenblicke an war er wieder ganz der mit ernstem Auge
die Geschichte vergangener Zeiten überschauende, mit allen Chroniken vertraute
Grübler aus dem Eckzimmer des Zodiaeo-Gäßchens, einem Heiligtum, in welchem
er der trüben Gegenwart sich entrückt zu fühlen pflegte und dessen Stille den
Zügen des sonst heißblütigen und gewaltthätigen Mannes jenen vorwiegend
friedlichen und ehrwürdigen Ausdruck verliehen hatte, an welchem Florida bis
heute mit kindlicher Liebe gehangen hatte.

(Fortsetzung folgt.)




Notizen.

Die Verstaatlichung der Pfälzischen Eisenbahnen. Die Verhand¬
lungen, welche in der jüngsten Zeit mit der Hessischen Ludwigsbahn zur Festsetzung
veränderter Tarifirnngen bez. Jnstradirnngen geführt worden sind, sind in Baiern
mit einem gewissen Unbehagen verfolgt worden, weil man, wohl nicht mit Unrecht,
fürchtet, daß über kurz oder lang auch den Pfälzischen Eisenbahnen von den preu-
ßischen Staatsbnhnen der Krieg erklärt werden könnte. Die Zinsengnrnntie, welche
seinerzeit von der bairischen Regierung zu gunsten der Aktionäre der Pfälzischen
Ludwigs-, der Maximilians-, der Nordbahueu in vielleicht etwas übereilter Weise
eingegangen worden ist, hat dem bairischen Staate bis Ende 1334 rund etwa
neunzehn Millionen Mark gelastet (ohne Zinsen berechnet), und für deu Landtag
ist es immer eine harte Nuß, die Zuschüsse, welche bisher zwischen einer und drei
Millionen Mark jährlich geschwankt haben, zu bewilligen. Es ist daher schon
wiederholt vorzugsweise in der angesehenen ultrnmvntanen Presse verlangt worden,
die vairische Regierung möge die Pfälzischen Bahnen erwerben, und zwar aus
verschiedenen Gründen. Erstens ist die Verwaltung der Pfälzischen Bahnen, die
bekanntlich auch eine Anzahl sehr unrentabler Linien besitzen, welche seinerzeit nur
aus Rücksicht für Großaktionäre gebant worden sind, gegenüber den königlich
bairischen Staatsbahneu sehr teuer, wie dies auch durch den eben erschienenen
statistischen Bericht der königlich bairischen Verkehrsanstalten für 188J wiederum


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/650>, abgerufen am 01.05.2024.