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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr.

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Aus einem Kriegstagebuche.

le Stimmung der so Pcitriotischen Bürgerschaft ist seit dem 7. Juli
doch bedrückt; nach den Äußerungen Gramonts in der französischen
Kammer hält man den Krieg fast für unvermeidlich, und wir
hier kennen die Franzosen und ihre kriegerische Anlage aus nächster
Nähe. Wenn man nach Metz kommt, sieht man gleich an der
äußern Erscheinung der französischen Wachtposten, daß sie sich alle als Herren
der Welt betrachten. Es wird ein schwerer Krieg werden, so sagen wir uns
alle, wenn wir uns am Abend im alten Kasinogarten von der Hitze des Tages
erholen. Aber es bricht doch immer die Zuversicht durch, daß, wenn wir auch
in den ersten Treffen besiegt werden sollten, es doch zuletzt gut gehen wird.
Wir verdanken doch dem Jahre 1866 viel von diesem Vertrauen auf den schlie߬
lichen Sieg.

Der Telegraph hat uns gewiß gemacht, daß die Kriegserklärung in Berlin
übergeben ist. Wir gehen jetzt täglich auf die Höhe am alten Exerzierplatz und
beschauen von dort über das herrliche Thal hinweg die Spicherer Berge, wo
sich die Franzosen allmählich sammeln. Dicht bei dem AbHange nach Südwesten,
wo hohe Pappeln den Exerzierplatz von der Landstraße aus begrenzen, haben
unsre Ulanen ihre Wache, und Jnfanteriepatronillen von den Vierzigern sind
rührig und streifen durch Flur und Dorf bis dicht an die Grenze bei Se. Umnak,
der goldnen Brenne und Schönecken. Die schnelle Bewegung unsrer Posten
hat den Vierzigern schon den Namen xisäs as cliabls verschafft. Auch die
Franzosen sieht man in steter Bewegung. Am Wirtshaus an der goldnen
Brenne reiten die oll^sssurs Z. ollsvs,! unruhig hin und her. Von der Spicherer
Höhe entsendet von Zeit zu Zeit ein Chassepot seine Kugel auf die preußischen
Patrouillen. Unsre Leute sind doch erstaunt über die ungeheure Tragkraft der




Aus einem Kriegstagebuche.

le Stimmung der so Pcitriotischen Bürgerschaft ist seit dem 7. Juli
doch bedrückt; nach den Äußerungen Gramonts in der französischen
Kammer hält man den Krieg fast für unvermeidlich, und wir
hier kennen die Franzosen und ihre kriegerische Anlage aus nächster
Nähe. Wenn man nach Metz kommt, sieht man gleich an der
äußern Erscheinung der französischen Wachtposten, daß sie sich alle als Herren
der Welt betrachten. Es wird ein schwerer Krieg werden, so sagen wir uns
alle, wenn wir uns am Abend im alten Kasinogarten von der Hitze des Tages
erholen. Aber es bricht doch immer die Zuversicht durch, daß, wenn wir auch
in den ersten Treffen besiegt werden sollten, es doch zuletzt gut gehen wird.
Wir verdanken doch dem Jahre 1866 viel von diesem Vertrauen auf den schlie߬
lichen Sieg.

Der Telegraph hat uns gewiß gemacht, daß die Kriegserklärung in Berlin
übergeben ist. Wir gehen jetzt täglich auf die Höhe am alten Exerzierplatz und
beschauen von dort über das herrliche Thal hinweg die Spicherer Berge, wo
sich die Franzosen allmählich sammeln. Dicht bei dem AbHange nach Südwesten,
wo hohe Pappeln den Exerzierplatz von der Landstraße aus begrenzen, haben
unsre Ulanen ihre Wache, und Jnfanteriepatronillen von den Vierzigern sind
rührig und streifen durch Flur und Dorf bis dicht an die Grenze bei Se. Umnak,
der goldnen Brenne und Schönecken. Die schnelle Bewegung unsrer Posten
hat den Vierzigern schon den Namen xisäs as cliabls verschafft. Auch die
Franzosen sieht man in steter Bewegung. Am Wirtshaus an der goldnen
Brenne reiten die oll^sssurs Z. ollsvs,! unruhig hin und her. Von der Spicherer
Höhe entsendet von Zeit zu Zeit ein Chassepot seine Kugel auf die preußischen
Patrouillen. Unsre Leute sind doch erstaunt über die ungeheure Tragkraft der


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[0248] [Abbildung] Aus einem Kriegstagebuche. le Stimmung der so Pcitriotischen Bürgerschaft ist seit dem 7. Juli doch bedrückt; nach den Äußerungen Gramonts in der französischen Kammer hält man den Krieg fast für unvermeidlich, und wir hier kennen die Franzosen und ihre kriegerische Anlage aus nächster Nähe. Wenn man nach Metz kommt, sieht man gleich an der äußern Erscheinung der französischen Wachtposten, daß sie sich alle als Herren der Welt betrachten. Es wird ein schwerer Krieg werden, so sagen wir uns alle, wenn wir uns am Abend im alten Kasinogarten von der Hitze des Tages erholen. Aber es bricht doch immer die Zuversicht durch, daß, wenn wir auch in den ersten Treffen besiegt werden sollten, es doch zuletzt gut gehen wird. Wir verdanken doch dem Jahre 1866 viel von diesem Vertrauen auf den schlie߬ lichen Sieg. Der Telegraph hat uns gewiß gemacht, daß die Kriegserklärung in Berlin übergeben ist. Wir gehen jetzt täglich auf die Höhe am alten Exerzierplatz und beschauen von dort über das herrliche Thal hinweg die Spicherer Berge, wo sich die Franzosen allmählich sammeln. Dicht bei dem AbHange nach Südwesten, wo hohe Pappeln den Exerzierplatz von der Landstraße aus begrenzen, haben unsre Ulanen ihre Wache, und Jnfanteriepatronillen von den Vierzigern sind rührig und streifen durch Flur und Dorf bis dicht an die Grenze bei Se. Umnak, der goldnen Brenne und Schönecken. Die schnelle Bewegung unsrer Posten hat den Vierzigern schon den Namen xisäs as cliabls verschafft. Auch die Franzosen sieht man in steter Bewegung. Am Wirtshaus an der goldnen Brenne reiten die oll^sssurs Z. ollsvs,! unruhig hin und her. Von der Spicherer Höhe entsendet von Zeit zu Zeit ein Chassepot seine Kugel auf die preußischen Patrouillen. Unsre Leute sind doch erstaunt über die ungeheure Tragkraft der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200778/248>, abgerufen am 29.04.2024.