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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr.

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Freiwillige Krankenpflege im Kriege.

Aber so hohen Wert wir auch diesem gesunden sittlichen Kerne des deutschen
Volkes beilegen wollen, den Untergang unsrer Nation hätte er allein nicht ver¬
hindern können. Jene Franzosen- und Nheinbundsschmach im Anfange unsers
Jahrhunderts haben die guten Eigenschaften des deutschen Volkes thatsächlich
nicht verhindert. Daß unter der eisernen Rute der Fremdherrschaft unsre
Nationalität nicht zu Grunde gegangen ist, daß Deutschland zu nie geahnter
Größe, Macht und Herrlichkeit wieder emporgestiegen ist, das verdanken wir
einem deutschen Herrschergeschlechts, das in Jahrhunderte langem Ringen und
Kämpfen Polen, Schweden, Dänen und Franzosen vom Boden des Vaterlandes
hinweggefegt, allen ausländischen und undeutschen Einfluß ausgetilgt hat, die
zerrissenen Glieder des deutschen Volks- und Neichskörpers zusammengefaßt,
geeinigt und gekräftigt hat, wir verdanken es, nächst Gott, nur den Hohenzollern
und ihrem Staate.




Freiwillige Krankenpflege im Kriege.

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^?^S^Lin den schönsten Früchten patriotischer Humanität gehören die
Leistungen der freiwilligen Fürsorge für die kranken oder verwun¬
deten Opfer des Krieges. Während man noch bis über die
Mitte unsers Jahrhunderts hinaus diejenigen, welche für die
Gesamtheit ihres Volkes ihr Leben in die Wagschale geworfen
hatten, vom Augenblicke der militärischen Unbrauchbarkeit an fast ausnahmslos
ihrem Schicksale, d. h. dem Wundfieber, dem Durst, dem Typhus, der Todes¬
mattigkeit, überließ, ist es jetzt allgemein als sittliche Notwendigkeit anerkannt,
daß dem Heere der Wasserträger eine Hilfsschar von Krankenträgern, Ärzten,
Pflegern und Pflegerinnen folge. Unter dem Schutze des Genfer Kreuzes haben
die Schlachtfelder der neuesten Kriege einen Eifer der Barmherzigkeit sich ent¬
falten sehen, wie ihn keiner unsrer Väter auch nur ahnen konnte. Deutschland
wird es nie vergessen, was ihm 1870/71 seine Johanniter, seine Vereine vom
roten Kreuz, seine Felddiakonen, Diakonissen, barmherzigen Schwestern u. s. w.
gewesen sind. Sie waren zugleich Trost derer, die draußen unter dem Kugel¬
regen ihr Hurrah riefen, und derer, die daheim um ihre Söhne, Gatten und
Brüder bangem.

Die über alles Erwarten schnelle Entwicklung der auf dem Blutfelde Sol-
ferinos zuerst von Henri Durand gefaßten und dann mit bewundernswerter
Energie von der Genfer gemeinnützigen Gesellschaft weiter verfolgten Pläne ist


Grenzboten III. 1337. 46
Freiwillige Krankenpflege im Kriege.

Aber so hohen Wert wir auch diesem gesunden sittlichen Kerne des deutschen
Volkes beilegen wollen, den Untergang unsrer Nation hätte er allein nicht ver¬
hindern können. Jene Franzosen- und Nheinbundsschmach im Anfange unsers
Jahrhunderts haben die guten Eigenschaften des deutschen Volkes thatsächlich
nicht verhindert. Daß unter der eisernen Rute der Fremdherrschaft unsre
Nationalität nicht zu Grunde gegangen ist, daß Deutschland zu nie geahnter
Größe, Macht und Herrlichkeit wieder emporgestiegen ist, das verdanken wir
einem deutschen Herrschergeschlechts, das in Jahrhunderte langem Ringen und
Kämpfen Polen, Schweden, Dänen und Franzosen vom Boden des Vaterlandes
hinweggefegt, allen ausländischen und undeutschen Einfluß ausgetilgt hat, die
zerrissenen Glieder des deutschen Volks- und Neichskörpers zusammengefaßt,
geeinigt und gekräftigt hat, wir verdanken es, nächst Gott, nur den Hohenzollern
und ihrem Staate.




Freiwillige Krankenpflege im Kriege.

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^?^S^Lin den schönsten Früchten patriotischer Humanität gehören die
Leistungen der freiwilligen Fürsorge für die kranken oder verwun¬
deten Opfer des Krieges. Während man noch bis über die
Mitte unsers Jahrhunderts hinaus diejenigen, welche für die
Gesamtheit ihres Volkes ihr Leben in die Wagschale geworfen
hatten, vom Augenblicke der militärischen Unbrauchbarkeit an fast ausnahmslos
ihrem Schicksale, d. h. dem Wundfieber, dem Durst, dem Typhus, der Todes¬
mattigkeit, überließ, ist es jetzt allgemein als sittliche Notwendigkeit anerkannt,
daß dem Heere der Wasserträger eine Hilfsschar von Krankenträgern, Ärzten,
Pflegern und Pflegerinnen folge. Unter dem Schutze des Genfer Kreuzes haben
die Schlachtfelder der neuesten Kriege einen Eifer der Barmherzigkeit sich ent¬
falten sehen, wie ihn keiner unsrer Väter auch nur ahnen konnte. Deutschland
wird es nie vergessen, was ihm 1870/71 seine Johanniter, seine Vereine vom
roten Kreuz, seine Felddiakonen, Diakonissen, barmherzigen Schwestern u. s. w.
gewesen sind. Sie waren zugleich Trost derer, die draußen unter dem Kugel¬
regen ihr Hurrah riefen, und derer, die daheim um ihre Söhne, Gatten und
Brüder bangem.

Die über alles Erwarten schnelle Entwicklung der auf dem Blutfelde Sol-
ferinos zuerst von Henri Durand gefaßten und dann mit bewundernswerter
Energie von der Genfer gemeinnützigen Gesellschaft weiter verfolgten Pläne ist


Grenzboten III. 1337. 46
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[0369] Freiwillige Krankenpflege im Kriege. Aber so hohen Wert wir auch diesem gesunden sittlichen Kerne des deutschen Volkes beilegen wollen, den Untergang unsrer Nation hätte er allein nicht ver¬ hindern können. Jene Franzosen- und Nheinbundsschmach im Anfange unsers Jahrhunderts haben die guten Eigenschaften des deutschen Volkes thatsächlich nicht verhindert. Daß unter der eisernen Rute der Fremdherrschaft unsre Nationalität nicht zu Grunde gegangen ist, daß Deutschland zu nie geahnter Größe, Macht und Herrlichkeit wieder emporgestiegen ist, das verdanken wir einem deutschen Herrschergeschlechts, das in Jahrhunderte langem Ringen und Kämpfen Polen, Schweden, Dänen und Franzosen vom Boden des Vaterlandes hinweggefegt, allen ausländischen und undeutschen Einfluß ausgetilgt hat, die zerrissenen Glieder des deutschen Volks- und Neichskörpers zusammengefaßt, geeinigt und gekräftigt hat, wir verdanken es, nächst Gott, nur den Hohenzollern und ihrem Staate. Freiwillige Krankenpflege im Kriege. '.^v»'- ^?^S^Lin den schönsten Früchten patriotischer Humanität gehören die Leistungen der freiwilligen Fürsorge für die kranken oder verwun¬ deten Opfer des Krieges. Während man noch bis über die Mitte unsers Jahrhunderts hinaus diejenigen, welche für die Gesamtheit ihres Volkes ihr Leben in die Wagschale geworfen hatten, vom Augenblicke der militärischen Unbrauchbarkeit an fast ausnahmslos ihrem Schicksale, d. h. dem Wundfieber, dem Durst, dem Typhus, der Todes¬ mattigkeit, überließ, ist es jetzt allgemein als sittliche Notwendigkeit anerkannt, daß dem Heere der Wasserträger eine Hilfsschar von Krankenträgern, Ärzten, Pflegern und Pflegerinnen folge. Unter dem Schutze des Genfer Kreuzes haben die Schlachtfelder der neuesten Kriege einen Eifer der Barmherzigkeit sich ent¬ falten sehen, wie ihn keiner unsrer Väter auch nur ahnen konnte. Deutschland wird es nie vergessen, was ihm 1870/71 seine Johanniter, seine Vereine vom roten Kreuz, seine Felddiakonen, Diakonissen, barmherzigen Schwestern u. s. w. gewesen sind. Sie waren zugleich Trost derer, die draußen unter dem Kugel¬ regen ihr Hurrah riefen, und derer, die daheim um ihre Söhne, Gatten und Brüder bangem. Die über alles Erwarten schnelle Entwicklung der auf dem Blutfelde Sol- ferinos zuerst von Henri Durand gefaßten und dann mit bewundernswerter Energie von der Genfer gemeinnützigen Gesellschaft weiter verfolgten Pläne ist Grenzboten III. 1337. 46

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200778/369>, abgerufen am 28.04.2024.