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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.

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Sine Fahrt in den Grient.
von Adam von Festenberg. (Fortsetzung.)
5. Stambul.

ville ich euch das am heutigen Tage gesehene schildern, so
müßte ich ein archäologisches "ut historisches Werk über Kon-
stantinopel Z, In, Gibbon schreiben; denn der heutige Tag war
Stambul gewidmet, d. h. dem alten Bhzcmz, der Stadt Kon¬
stantins und Justinians oder vielmehr den Ruinen dieser Stadt.
Denn nirgends sind die Spuren der antiken Welt so sehr mit Feuer und
Schwert vertilgt wie hier. Obwohl es im Verhältnis zu Rom eine mo¬
derne Stadt und der Sammelplatz von aller Pracht und Kunst des Weltreiches
ist, hat doch die Verwüstung des lateinischen Kreuzzuges und die Barbarei des
Türkentums kaum einen Stein auf dem andern gelassen. Während auf dem
Palatin in Rom sich noch die Spuren der römischen Geschichte von den ersten
Anfängen der Stadt bis zu der kaiserlichen Glanzzeit und den Quadern der
ersten Mauer bis zu den malerischen Ruinen der Paläste Heranslesen lassen,
ist in Konstantinopel von dem großen Konstantinspalast, von dem s-uzrum xg,-
latiuin des Justinian auch nicht ein Stein mehr vorhanden. Also gerade von
dem, was für uns das Anziehende gewesen wäre, ist jede Spur getilgt. Wie
zum Hohn hat sich aus dieser allgemeinen Zerstörung nur noch die dem Frieden
(Irene) geheiligte Kirche erhalten, an deren Seiten noch mehrere riesige Sarko¬
phage stehen, in denen ein neuerer Forscher u. a. die Gräber von Theodosius,
Julmuus Apostata, Konstantin und Justinian erkennen will. Nun, für den


Kaiser Justinianus,
Ihn, der Pfuscher allergrößten,



Sine Fahrt in den Grient.
von Adam von Festenberg. (Fortsetzung.)
5. Stambul.

ville ich euch das am heutigen Tage gesehene schildern, so
müßte ich ein archäologisches »ut historisches Werk über Kon-
stantinopel Z, In, Gibbon schreiben; denn der heutige Tag war
Stambul gewidmet, d. h. dem alten Bhzcmz, der Stadt Kon¬
stantins und Justinians oder vielmehr den Ruinen dieser Stadt.
Denn nirgends sind die Spuren der antiken Welt so sehr mit Feuer und
Schwert vertilgt wie hier. Obwohl es im Verhältnis zu Rom eine mo¬
derne Stadt und der Sammelplatz von aller Pracht und Kunst des Weltreiches
ist, hat doch die Verwüstung des lateinischen Kreuzzuges und die Barbarei des
Türkentums kaum einen Stein auf dem andern gelassen. Während auf dem
Palatin in Rom sich noch die Spuren der römischen Geschichte von den ersten
Anfängen der Stadt bis zu der kaiserlichen Glanzzeit und den Quadern der
ersten Mauer bis zu den malerischen Ruinen der Paläste Heranslesen lassen,
ist in Konstantinopel von dem großen Konstantinspalast, von dem s-uzrum xg,-
latiuin des Justinian auch nicht ein Stein mehr vorhanden. Also gerade von
dem, was für uns das Anziehende gewesen wäre, ist jede Spur getilgt. Wie
zum Hohn hat sich aus dieser allgemeinen Zerstörung nur noch die dem Frieden
(Irene) geheiligte Kirche erhalten, an deren Seiten noch mehrere riesige Sarko¬
phage stehen, in denen ein neuerer Forscher u. a. die Gräber von Theodosius,
Julmuus Apostata, Konstantin und Justinian erkennen will. Nun, für den


Kaiser Justinianus,
Ihn, der Pfuscher allergrößten,

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[0199] [Abbildung] Sine Fahrt in den Grient. von Adam von Festenberg. (Fortsetzung.) 5. Stambul. ville ich euch das am heutigen Tage gesehene schildern, so müßte ich ein archäologisches »ut historisches Werk über Kon- stantinopel Z, In, Gibbon schreiben; denn der heutige Tag war Stambul gewidmet, d. h. dem alten Bhzcmz, der Stadt Kon¬ stantins und Justinians oder vielmehr den Ruinen dieser Stadt. Denn nirgends sind die Spuren der antiken Welt so sehr mit Feuer und Schwert vertilgt wie hier. Obwohl es im Verhältnis zu Rom eine mo¬ derne Stadt und der Sammelplatz von aller Pracht und Kunst des Weltreiches ist, hat doch die Verwüstung des lateinischen Kreuzzuges und die Barbarei des Türkentums kaum einen Stein auf dem andern gelassen. Während auf dem Palatin in Rom sich noch die Spuren der römischen Geschichte von den ersten Anfängen der Stadt bis zu der kaiserlichen Glanzzeit und den Quadern der ersten Mauer bis zu den malerischen Ruinen der Paläste Heranslesen lassen, ist in Konstantinopel von dem großen Konstantinspalast, von dem s-uzrum xg,- latiuin des Justinian auch nicht ein Stein mehr vorhanden. Also gerade von dem, was für uns das Anziehende gewesen wäre, ist jede Spur getilgt. Wie zum Hohn hat sich aus dieser allgemeinen Zerstörung nur noch die dem Frieden (Irene) geheiligte Kirche erhalten, an deren Seiten noch mehrere riesige Sarko¬ phage stehen, in denen ein neuerer Forscher u. a. die Gräber von Theodosius, Julmuus Apostata, Konstantin und Justinian erkennen will. Nun, für den Kaiser Justinianus, Ihn, der Pfuscher allergrößten,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_201428/199>, abgerufen am 01.05.2024.