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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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England und Frankreich am Nil

er Besuch, den der voraussichtliche Erbe des Thrones von Gro߬
britannien vor kurzem dem Schutzlande der Engländer am Nil
abstattete, ist in Paris sehr übel genommen worden und hat der
dortigen Presse wieder einmal Veranlassung zu heftigen Kund-
gebungen ihres Verdrusses über die Stellung gegeben, die sich
England dort mit kluger und entschlossener Benutzung der Umstände verschafft
und trotz wiederholter amtlicher Einwände und Mahnungen von französischer
Seite beharrlich festgehalten hat. Die Sache geht auch nus nahe an, da Eng¬
land hier gleich uns Deutschen und unsern Genossen im Dreibnnde eine be¬
friedigte und Erhaltung des Bestehenden erstrebende Macht ist, Frankreich da¬
gegen hier wie uns gegenüber Verlornes beklagt und wieder zu gewinnen sucht,
und so möchten Nur die Frage, in der die jetzige Erregung der Franzosen über
die üghptische Reise des Prin^in von Wales nur ein Glied bildet, etwas aus¬
führlicher besprechen.

Als der britische Thronfolger in Kairo einzog, glänzte die dortige fran¬
zösische Kolonie mit Einschluß ihrer amtliche,? Spitzen dnrch ihre Abwesenheit.
Das war gegen das Herkommen und konnte bei Angehörigen eines Volkes, das
lange in dem Rufe gestanden hat, besonders höflich zu sein, umsomehr auf¬
fallen, als es auf den ersten Blick nicht recht zu begreifen war. Denn die
britische Politik ist nicht gewohnt, Mitglieder ihres Herrscherhauses mit Ver¬
mittlung ihrer geheimen Absichten und Geschäfte zu beauftrage", und so er¬
schien auch der Prinz von Wales hier nicht in politischer Sendung. Näher
besehen aber wird nus das Fehlen der Franzosen beim Empfange desselben
verständlicher; sie blieben, während andre Fremde erschienen, davon weg, um
ihren Groll über die jüngste englische Politik in Ägypten überhaupt und deren


Grenzboten IV ILL9 44


England und Frankreich am Nil

er Besuch, den der voraussichtliche Erbe des Thrones von Gro߬
britannien vor kurzem dem Schutzlande der Engländer am Nil
abstattete, ist in Paris sehr übel genommen worden und hat der
dortigen Presse wieder einmal Veranlassung zu heftigen Kund-
gebungen ihres Verdrusses über die Stellung gegeben, die sich
England dort mit kluger und entschlossener Benutzung der Umstände verschafft
und trotz wiederholter amtlicher Einwände und Mahnungen von französischer
Seite beharrlich festgehalten hat. Die Sache geht auch nus nahe an, da Eng¬
land hier gleich uns Deutschen und unsern Genossen im Dreibnnde eine be¬
friedigte und Erhaltung des Bestehenden erstrebende Macht ist, Frankreich da¬
gegen hier wie uns gegenüber Verlornes beklagt und wieder zu gewinnen sucht,
und so möchten Nur die Frage, in der die jetzige Erregung der Franzosen über
die üghptische Reise des Prin^in von Wales nur ein Glied bildet, etwas aus¬
führlicher besprechen.

Als der britische Thronfolger in Kairo einzog, glänzte die dortige fran¬
zösische Kolonie mit Einschluß ihrer amtliche,? Spitzen dnrch ihre Abwesenheit.
Das war gegen das Herkommen und konnte bei Angehörigen eines Volkes, das
lange in dem Rufe gestanden hat, besonders höflich zu sein, umsomehr auf¬
fallen, als es auf den ersten Blick nicht recht zu begreifen war. Denn die
britische Politik ist nicht gewohnt, Mitglieder ihres Herrscherhauses mit Ver¬
mittlung ihrer geheimen Absichten und Geschäfte zu beauftrage», und so er¬
schien auch der Prinz von Wales hier nicht in politischer Sendung. Näher
besehen aber wird nus das Fehlen der Franzosen beim Empfange desselben
verständlicher; sie blieben, während andre Fremde erschienen, davon weg, um
ihren Groll über die jüngste englische Politik in Ägypten überhaupt und deren


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[0353] [Abbildung] England und Frankreich am Nil er Besuch, den der voraussichtliche Erbe des Thrones von Gro߬ britannien vor kurzem dem Schutzlande der Engländer am Nil abstattete, ist in Paris sehr übel genommen worden und hat der dortigen Presse wieder einmal Veranlassung zu heftigen Kund- gebungen ihres Verdrusses über die Stellung gegeben, die sich England dort mit kluger und entschlossener Benutzung der Umstände verschafft und trotz wiederholter amtlicher Einwände und Mahnungen von französischer Seite beharrlich festgehalten hat. Die Sache geht auch nus nahe an, da Eng¬ land hier gleich uns Deutschen und unsern Genossen im Dreibnnde eine be¬ friedigte und Erhaltung des Bestehenden erstrebende Macht ist, Frankreich da¬ gegen hier wie uns gegenüber Verlornes beklagt und wieder zu gewinnen sucht, und so möchten Nur die Frage, in der die jetzige Erregung der Franzosen über die üghptische Reise des Prin^in von Wales nur ein Glied bildet, etwas aus¬ führlicher besprechen. Als der britische Thronfolger in Kairo einzog, glänzte die dortige fran¬ zösische Kolonie mit Einschluß ihrer amtliche,? Spitzen dnrch ihre Abwesenheit. Das war gegen das Herkommen und konnte bei Angehörigen eines Volkes, das lange in dem Rufe gestanden hat, besonders höflich zu sein, umsomehr auf¬ fallen, als es auf den ersten Blick nicht recht zu begreifen war. Denn die britische Politik ist nicht gewohnt, Mitglieder ihres Herrscherhauses mit Ver¬ mittlung ihrer geheimen Absichten und Geschäfte zu beauftrage», und so er¬ schien auch der Prinz von Wales hier nicht in politischer Sendung. Näher besehen aber wird nus das Fehlen der Franzosen beim Empfange desselben verständlicher; sie blieben, während andre Fremde erschienen, davon weg, um ihren Groll über die jüngste englische Politik in Ägypten überhaupt und deren Grenzboten IV ILL9 44

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/353>, abgerufen am 23.05.2024.