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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.

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losgelöst von den europäischen Machtstellungen treiben wollen, gleich als ob
Deutschland von dem Lärm der Welt fern im stillen Ozean läge. Es liegt
ferner darin eine Gefahr, daß unsre Kvlonialpvlitiker die öffentliche Meinung
schon so weit beherrschen, daß sie wegen einiger Quadratmeilen unentdeckten und
unerforschte" Landes eiuen europäischen Krieg heraufbeschwören wollen. Es ist
aber auch ein Trost dabei -- und mit einen, solchen wollen wir diese wenig er¬
freulichen Betrachtungen schließen. Diese Ausschreitungen haben einen Beweis
von dein kräftig gewordnen Nationalgefühl des deutschen Volkes erbracht,
sodaß, wer da glauben wollte, er könne sich ungestraft an dem berechtigten
Besitz der Nation vergreifen, schwer irren würde. Wehe dein, der daran
rütteln sollte!




Aus Elsaß-Lothringen

le Verhandlungen der Landesvertretung von Elsaß-Lothringen
können, wenn auch nicht an sich, so doch der besondern Stellung
des Landes wegen ein allgemeineres Interesse in Deutschland
beanspruchen, als das, das sonst die Gesamtheit den häuslichen
Angelegenheiten irgend eines Bundesgliedes widmen mag. Das
Reichsland ist ja in einer ähnlichen Lage wie die gemeinschaftlichen Vororte der
Eidgenossenschaft oder wie die niederländischen Generalstaatslande, an deren An¬
gelegenheiten die Gesamtheit Anteil nahm. Aber davon abgesehen, hat man
im Reiche, obwohl man ans dem Reichslnndc, wie im alten Rom ans Ägypten,
fortwährend Neuigkeiten, aber selten erfreuliche, erfährt, doch ein Herz dafür,
ob denn nicht doch zeitweise die nationale Aufgabe im Lande einen wahrnehm¬
baren Ruck nach vorwärts macht, und sei es auch nur auf dem Gebiete der
Interessen; denn die Zufriedenheit mit den äußern staatlichen Lebensbedingungen
bildet doch schließlich die Grundlage für einen innern nationalen Anschluß, auf
den wir dann getrost warten können.

Diese Vorbedingung der Aussöhnung mit dem Geschick ist zunächst durch
die Landesfinanzen, die doch als der Gesamtansdruck des Gesundheitszustandes
eines Landes betrachtet werden können, vollauf erfüllt, und Unterstaatssekretär
v. Schrank war in der angenehmen Lage, um die ihn fo mancher deutsche
Amtsgenvsse beneiden könnte, bei Beginn der Verhandlungen der letzten Landes-
ausschußtagung sehr erfreuliche Eröffnungen machen zu können. Bei einem
staatlichen Gesamtauswande von rund 47000000 Mark schließt das Rechnungs¬
jahr 1888/89 mit einem verfügbare" Überschusse von 1!Z77000 Mark ab; vom


Grenzboten III IL9U 32

losgelöst von den europäischen Machtstellungen treiben wollen, gleich als ob
Deutschland von dem Lärm der Welt fern im stillen Ozean läge. Es liegt
ferner darin eine Gefahr, daß unsre Kvlonialpvlitiker die öffentliche Meinung
schon so weit beherrschen, daß sie wegen einiger Quadratmeilen unentdeckten und
unerforschte« Landes eiuen europäischen Krieg heraufbeschwören wollen. Es ist
aber auch ein Trost dabei — und mit einen, solchen wollen wir diese wenig er¬
freulichen Betrachtungen schließen. Diese Ausschreitungen haben einen Beweis
von dein kräftig gewordnen Nationalgefühl des deutschen Volkes erbracht,
sodaß, wer da glauben wollte, er könne sich ungestraft an dem berechtigten
Besitz der Nation vergreifen, schwer irren würde. Wehe dein, der daran
rütteln sollte!




Aus Elsaß-Lothringen

le Verhandlungen der Landesvertretung von Elsaß-Lothringen
können, wenn auch nicht an sich, so doch der besondern Stellung
des Landes wegen ein allgemeineres Interesse in Deutschland
beanspruchen, als das, das sonst die Gesamtheit den häuslichen
Angelegenheiten irgend eines Bundesgliedes widmen mag. Das
Reichsland ist ja in einer ähnlichen Lage wie die gemeinschaftlichen Vororte der
Eidgenossenschaft oder wie die niederländischen Generalstaatslande, an deren An¬
gelegenheiten die Gesamtheit Anteil nahm. Aber davon abgesehen, hat man
im Reiche, obwohl man ans dem Reichslnndc, wie im alten Rom ans Ägypten,
fortwährend Neuigkeiten, aber selten erfreuliche, erfährt, doch ein Herz dafür,
ob denn nicht doch zeitweise die nationale Aufgabe im Lande einen wahrnehm¬
baren Ruck nach vorwärts macht, und sei es auch nur auf dem Gebiete der
Interessen; denn die Zufriedenheit mit den äußern staatlichen Lebensbedingungen
bildet doch schließlich die Grundlage für einen innern nationalen Anschluß, auf
den wir dann getrost warten können.

Diese Vorbedingung der Aussöhnung mit dem Geschick ist zunächst durch
die Landesfinanzen, die doch als der Gesamtansdruck des Gesundheitszustandes
eines Landes betrachtet werden können, vollauf erfüllt, und Unterstaatssekretär
v. Schrank war in der angenehmen Lage, um die ihn fo mancher deutsche
Amtsgenvsse beneiden könnte, bei Beginn der Verhandlungen der letzten Landes-
ausschußtagung sehr erfreuliche Eröffnungen machen zu können. Bei einem
staatlichen Gesamtauswande von rund 47000000 Mark schließt das Rechnungs¬
jahr 1888/89 mit einem verfügbare» Überschusse von 1!Z77000 Mark ab; vom


Grenzboten III IL9U 32
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[0257] losgelöst von den europäischen Machtstellungen treiben wollen, gleich als ob Deutschland von dem Lärm der Welt fern im stillen Ozean läge. Es liegt ferner darin eine Gefahr, daß unsre Kvlonialpvlitiker die öffentliche Meinung schon so weit beherrschen, daß sie wegen einiger Quadratmeilen unentdeckten und unerforschte« Landes eiuen europäischen Krieg heraufbeschwören wollen. Es ist aber auch ein Trost dabei — und mit einen, solchen wollen wir diese wenig er¬ freulichen Betrachtungen schließen. Diese Ausschreitungen haben einen Beweis von dein kräftig gewordnen Nationalgefühl des deutschen Volkes erbracht, sodaß, wer da glauben wollte, er könne sich ungestraft an dem berechtigten Besitz der Nation vergreifen, schwer irren würde. Wehe dein, der daran rütteln sollte! Aus Elsaß-Lothringen le Verhandlungen der Landesvertretung von Elsaß-Lothringen können, wenn auch nicht an sich, so doch der besondern Stellung des Landes wegen ein allgemeineres Interesse in Deutschland beanspruchen, als das, das sonst die Gesamtheit den häuslichen Angelegenheiten irgend eines Bundesgliedes widmen mag. Das Reichsland ist ja in einer ähnlichen Lage wie die gemeinschaftlichen Vororte der Eidgenossenschaft oder wie die niederländischen Generalstaatslande, an deren An¬ gelegenheiten die Gesamtheit Anteil nahm. Aber davon abgesehen, hat man im Reiche, obwohl man ans dem Reichslnndc, wie im alten Rom ans Ägypten, fortwährend Neuigkeiten, aber selten erfreuliche, erfährt, doch ein Herz dafür, ob denn nicht doch zeitweise die nationale Aufgabe im Lande einen wahrnehm¬ baren Ruck nach vorwärts macht, und sei es auch nur auf dem Gebiete der Interessen; denn die Zufriedenheit mit den äußern staatlichen Lebensbedingungen bildet doch schließlich die Grundlage für einen innern nationalen Anschluß, auf den wir dann getrost warten können. Diese Vorbedingung der Aussöhnung mit dem Geschick ist zunächst durch die Landesfinanzen, die doch als der Gesamtansdruck des Gesundheitszustandes eines Landes betrachtet werden können, vollauf erfüllt, und Unterstaatssekretär v. Schrank war in der angenehmen Lage, um die ihn fo mancher deutsche Amtsgenvsse beneiden könnte, bei Beginn der Verhandlungen der letzten Landes- ausschußtagung sehr erfreuliche Eröffnungen machen zu können. Bei einem staatlichen Gesamtauswande von rund 47000000 Mark schließt das Rechnungs¬ jahr 1888/89 mit einem verfügbare» Überschusse von 1!Z77000 Mark ab; vom Grenzboten III IL9U 32

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207936/257>, abgerufen am 28.04.2024.