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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.

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Major von wißmann und die evangelische Mission

Frisch und froh, rüstig und rastlos, schauend und schaffend ist er nchtundachtzig
Jahre durchs Leben gewandelt, durch ein Leben von seltener Harmonie und
Vollendung, Er wird in der weiten Ehrenhalle der deutschen Dichter gewiß
nicht im letzten Winkel verschwinden, denn er war Meister in einer Kunst, in
der nur wenigen Hervorragendes zu leisten vergönnt ist, er war ein Fürst im
Reiche des Lustspiels.


F. Ginzel


Major von Wißmann und die evangelische Mission

egenübcr den Angriffen, die Major von Wißmann in der "All¬
gemeinen Zeitung" und in der "Post" gegen die evangelischen
Missionen gerichtet und durch die er fast in allen protestantischen
Kreisen eine tiefe Verstimmung hervorgerufen hat, ist von dem
als ersten Missivuskenner hochgeschätzten Dr. Wnrueck in Form
eines offenen Briefes eine Broschüre zur Abwehr und Verständigung ver¬
öffentlicht worden. Sie liegt bereits in zweiter Auflage vor, ein Beweis, daß
sie von der evangelischen Bevölkerung mit Interesse aufgenommen worden ist.
In der Form ist sie ebenso würdevoll wie wohlwollend, sodaß selbst der ultra-
montane Freiherr von Gravenreuth schwerlich in der Lage sein wird, ans dem
Lesen dieser Broschüre eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes seines
Freundes zu befürchten und der Welt die Verteidiger der evangelischen Misston
als gefühllose Menschen hinzustellen. In der Sache konnte die Widerlegung
des Herrn von Wißmann nicht schwer sein. Er hat sich bei seiner Unter¬
redung mit dein Korrespondenten der "Allgemeinen Zeitung" lediglich in all¬
gemeinen Vorwürfen bewegt und ist auch in seinem Brief an die "Post" nicht
über verallgemeinernde Sätze und Redensarten hinausgekommen. Der vou
ihm lapidarisch aufgestellte Grundsatz, es müsse nicht Ora et laborg., sondern
IiÄvoi'g, öl ora heißen, ist weder neu noch vom Standpunkte jeder Mission,
sie mag evangelisch oder katholisch sein, richtig. Man kann nicht von der
Missionsthütigkeit verlangen, daß sie ihr Wesen aufgebe. Es kaun ja dahin¬
gestellt bleiben, ob vielleicht ein Humanitütsverein, eine Gesellschaft zur Aus¬
breitung von Gesittung und Bildung unter den Heiden, ein Verein für afri¬
kanische Volksbildung, ein deutsch-nsmnbarischer Schnlverein besser am Platze
wäre und mehr Erfolge auszuweisen Hütte, als die Missionen zur Verbreitung
des Christentums. Merkwürdigerweise reicht aber diese Art von Humanität


Major von wißmann und die evangelische Mission

Frisch und froh, rüstig und rastlos, schauend und schaffend ist er nchtundachtzig
Jahre durchs Leben gewandelt, durch ein Leben von seltener Harmonie und
Vollendung, Er wird in der weiten Ehrenhalle der deutschen Dichter gewiß
nicht im letzten Winkel verschwinden, denn er war Meister in einer Kunst, in
der nur wenigen Hervorragendes zu leisten vergönnt ist, er war ein Fürst im
Reiche des Lustspiels.


F. Ginzel


Major von Wißmann und die evangelische Mission

egenübcr den Angriffen, die Major von Wißmann in der „All¬
gemeinen Zeitung" und in der „Post" gegen die evangelischen
Missionen gerichtet und durch die er fast in allen protestantischen
Kreisen eine tiefe Verstimmung hervorgerufen hat, ist von dem
als ersten Missivuskenner hochgeschätzten Dr. Wnrueck in Form
eines offenen Briefes eine Broschüre zur Abwehr und Verständigung ver¬
öffentlicht worden. Sie liegt bereits in zweiter Auflage vor, ein Beweis, daß
sie von der evangelischen Bevölkerung mit Interesse aufgenommen worden ist.
In der Form ist sie ebenso würdevoll wie wohlwollend, sodaß selbst der ultra-
montane Freiherr von Gravenreuth schwerlich in der Lage sein wird, ans dem
Lesen dieser Broschüre eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes seines
Freundes zu befürchten und der Welt die Verteidiger der evangelischen Misston
als gefühllose Menschen hinzustellen. In der Sache konnte die Widerlegung
des Herrn von Wißmann nicht schwer sein. Er hat sich bei seiner Unter¬
redung mit dein Korrespondenten der „Allgemeinen Zeitung" lediglich in all¬
gemeinen Vorwürfen bewegt und ist auch in seinem Brief an die „Post" nicht
über verallgemeinernde Sätze und Redensarten hinausgekommen. Der vou
ihm lapidarisch aufgestellte Grundsatz, es müsse nicht Ora et laborg., sondern
IiÄvoi'g, öl ora heißen, ist weder neu noch vom Standpunkte jeder Mission,
sie mag evangelisch oder katholisch sein, richtig. Man kann nicht von der
Missionsthütigkeit verlangen, daß sie ihr Wesen aufgebe. Es kaun ja dahin¬
gestellt bleiben, ob vielleicht ein Humanitütsverein, eine Gesellschaft zur Aus¬
breitung von Gesittung und Bildung unter den Heiden, ein Verein für afri¬
kanische Volksbildung, ein deutsch-nsmnbarischer Schnlverein besser am Platze
wäre und mehr Erfolge auszuweisen Hütte, als die Missionen zur Verbreitung
des Christentums. Merkwürdigerweise reicht aber diese Art von Humanität


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[0470] Major von wißmann und die evangelische Mission Frisch und froh, rüstig und rastlos, schauend und schaffend ist er nchtundachtzig Jahre durchs Leben gewandelt, durch ein Leben von seltener Harmonie und Vollendung, Er wird in der weiten Ehrenhalle der deutschen Dichter gewiß nicht im letzten Winkel verschwinden, denn er war Meister in einer Kunst, in der nur wenigen Hervorragendes zu leisten vergönnt ist, er war ein Fürst im Reiche des Lustspiels. F. Ginzel Major von Wißmann und die evangelische Mission egenübcr den Angriffen, die Major von Wißmann in der „All¬ gemeinen Zeitung" und in der „Post" gegen die evangelischen Missionen gerichtet und durch die er fast in allen protestantischen Kreisen eine tiefe Verstimmung hervorgerufen hat, ist von dem als ersten Missivuskenner hochgeschätzten Dr. Wnrueck in Form eines offenen Briefes eine Broschüre zur Abwehr und Verständigung ver¬ öffentlicht worden. Sie liegt bereits in zweiter Auflage vor, ein Beweis, daß sie von der evangelischen Bevölkerung mit Interesse aufgenommen worden ist. In der Form ist sie ebenso würdevoll wie wohlwollend, sodaß selbst der ultra- montane Freiherr von Gravenreuth schwerlich in der Lage sein wird, ans dem Lesen dieser Broschüre eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes seines Freundes zu befürchten und der Welt die Verteidiger der evangelischen Misston als gefühllose Menschen hinzustellen. In der Sache konnte die Widerlegung des Herrn von Wißmann nicht schwer sein. Er hat sich bei seiner Unter¬ redung mit dein Korrespondenten der „Allgemeinen Zeitung" lediglich in all¬ gemeinen Vorwürfen bewegt und ist auch in seinem Brief an die „Post" nicht über verallgemeinernde Sätze und Redensarten hinausgekommen. Der vou ihm lapidarisch aufgestellte Grundsatz, es müsse nicht Ora et laborg., sondern IiÄvoi'g, öl ora heißen, ist weder neu noch vom Standpunkte jeder Mission, sie mag evangelisch oder katholisch sein, richtig. Man kann nicht von der Missionsthütigkeit verlangen, daß sie ihr Wesen aufgebe. Es kaun ja dahin¬ gestellt bleiben, ob vielleicht ein Humanitütsverein, eine Gesellschaft zur Aus¬ breitung von Gesittung und Bildung unter den Heiden, ein Verein für afri¬ kanische Volksbildung, ein deutsch-nsmnbarischer Schnlverein besser am Platze wäre und mehr Erfolge auszuweisen Hütte, als die Missionen zur Verbreitung des Christentums. Merkwürdigerweise reicht aber diese Art von Humanität

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207936/470>, abgerufen am 28.04.2024.