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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.

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Major von Ivißinann und die evangelische Mission

gesetzt, daß sie deutsch ist. Die katholische Kirche versäumt nichts; sie sendet
deutsche Missionare in die Schutzgebiete und macht jetzt auf der Futter
Bischofskonferenz wieder alle Anstalten, um, ihrem System getreu, die Bewohner
der deutschen Kolonien dein Katholizismus zu sichern. Die evangelische Mission
Deutschlands darf diesen Anstrengungen gegenüber nicht ins Hintertreffen ge¬
raten, und das wird und muß geschehen, wenn es beim Alten bleibt. Aus
der unglücklichen Zeit des Kulturkampfes ist für die deutschen Katholiken
ultramontaner Färbung ein besondrer Sporn zur Missionsthätigkeit zurück¬
geblieben; sie giebt die Möglichkeit, die Orden, die in Deutschland und beson¬
ders in Preußen nicht zugelassen sind, in die Schutzgebiete einzuführen in der
Hoffnung, sie auf diese Weise ins Mutterland einzuschmuggeln. Diese Hoffnung
ist um so begründeter, als die römische Kirche ihre Maßregeln nicht nach
Wochen und Monate", sondern nach Jahren und Jahrzehnten trifft. So sind
bereits Jesuiten, Brüder vom heiligen Geist, vom heiligen Herzen Jesu,
Pallotiner, sämtlich verbotene Orden, in den deutschen Kolonien thätig,
während unsers Wissens nicht ein einziger der zugelassenen Orden seine Mit¬
glieder dorthin gesandt hat. So droht auch von dort aus der evangelischen
Kirche in Deutschland selbst Gefahr. Diese kann nur überwunden werden,
wenn die evangelische Mission in den Schutzgebieten die ganze Kraft des
evangelischen Deutschlands ohne Rücksicht auf die kleinern und größern Spal¬
tungen im Innern sammelt und in planmäßiger Organisation vorgeht. Das
sollten die Leiter der evangelischen Missionsgesellschaftcn und ihre Förderer
aus dem Kirchenregiment und im Laienstande bedenken und sich zu Herzen gehen
lassen. Was sie jetzt versäumen, das werden unsre Kinder und Enkel zu büßen
haben. Nicht um eine Überflügelung der katholischen Kirche handelt es sich,
souderu um eine Gleichstellung mit ihr und um eine berechtigte Abwehr gegen
das räumliche Übergreifen der römischen Propaganda, vor der leider diejenigen
die Augen verschließen, die in erster Reihe zu Lenkern und Hütern der prote¬
stantischen Lehre in Deutschland berufen sind. Geht es so weiter wie bisher,
dann werden diese Blätter, wenn eine Hilfe nicht mehr möglich ist, den Be¬
weis liefern, wie dringend der Mahnruf war. Auch hier heißt es: visoit>z
moniti!

Nachschrift.

Nachdem vorstehende Zeilen bereits in der Druckerei waren,
hat Herr von Wißmann eine Antwort auf die Broschüre des Dr. Warueck ver¬
öffentlicht. Unsre Hoffnung, daß der Herr Reichskommissar sich werde über¬
zeugen lassen, hat sich nicht erfüllt. Er sucht Nachweise dafür zu erbringen,
daß einzelne englische Missionare politische Geschäfte gemacht hätten, bleibt
auch nicht bloß bei seinem Satze I^vora se ora, sondern auch bei seinem der
katholischen Missionsthätigkeit als der fruchtbringenderen gespendeten Lobe. Eine
weitere Antwort hierauf wird wohl nicht nötig sein.




Grenzbote" III 1390!".!>
Major von Ivißinann und die evangelische Mission

gesetzt, daß sie deutsch ist. Die katholische Kirche versäumt nichts; sie sendet
deutsche Missionare in die Schutzgebiete und macht jetzt auf der Futter
Bischofskonferenz wieder alle Anstalten, um, ihrem System getreu, die Bewohner
der deutschen Kolonien dein Katholizismus zu sichern. Die evangelische Mission
Deutschlands darf diesen Anstrengungen gegenüber nicht ins Hintertreffen ge¬
raten, und das wird und muß geschehen, wenn es beim Alten bleibt. Aus
der unglücklichen Zeit des Kulturkampfes ist für die deutschen Katholiken
ultramontaner Färbung ein besondrer Sporn zur Missionsthätigkeit zurück¬
geblieben; sie giebt die Möglichkeit, die Orden, die in Deutschland und beson¬
ders in Preußen nicht zugelassen sind, in die Schutzgebiete einzuführen in der
Hoffnung, sie auf diese Weise ins Mutterland einzuschmuggeln. Diese Hoffnung
ist um so begründeter, als die römische Kirche ihre Maßregeln nicht nach
Wochen und Monate», sondern nach Jahren und Jahrzehnten trifft. So sind
bereits Jesuiten, Brüder vom heiligen Geist, vom heiligen Herzen Jesu,
Pallotiner, sämtlich verbotene Orden, in den deutschen Kolonien thätig,
während unsers Wissens nicht ein einziger der zugelassenen Orden seine Mit¬
glieder dorthin gesandt hat. So droht auch von dort aus der evangelischen
Kirche in Deutschland selbst Gefahr. Diese kann nur überwunden werden,
wenn die evangelische Mission in den Schutzgebieten die ganze Kraft des
evangelischen Deutschlands ohne Rücksicht auf die kleinern und größern Spal¬
tungen im Innern sammelt und in planmäßiger Organisation vorgeht. Das
sollten die Leiter der evangelischen Missionsgesellschaftcn und ihre Förderer
aus dem Kirchenregiment und im Laienstande bedenken und sich zu Herzen gehen
lassen. Was sie jetzt versäumen, das werden unsre Kinder und Enkel zu büßen
haben. Nicht um eine Überflügelung der katholischen Kirche handelt es sich,
souderu um eine Gleichstellung mit ihr und um eine berechtigte Abwehr gegen
das räumliche Übergreifen der römischen Propaganda, vor der leider diejenigen
die Augen verschließen, die in erster Reihe zu Lenkern und Hütern der prote¬
stantischen Lehre in Deutschland berufen sind. Geht es so weiter wie bisher,
dann werden diese Blätter, wenn eine Hilfe nicht mehr möglich ist, den Be¬
weis liefern, wie dringend der Mahnruf war. Auch hier heißt es: visoit>z
moniti!

Nachschrift.

Nachdem vorstehende Zeilen bereits in der Druckerei waren,
hat Herr von Wißmann eine Antwort auf die Broschüre des Dr. Warueck ver¬
öffentlicht. Unsre Hoffnung, daß der Herr Reichskommissar sich werde über¬
zeugen lassen, hat sich nicht erfüllt. Er sucht Nachweise dafür zu erbringen,
daß einzelne englische Missionare politische Geschäfte gemacht hätten, bleibt
auch nicht bloß bei seinem Satze I^vora se ora, sondern auch bei seinem der
katholischen Missionsthätigkeit als der fruchtbringenderen gespendeten Lobe. Eine
weitere Antwort hierauf wird wohl nicht nötig sein.




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[0473] Major von Ivißinann und die evangelische Mission gesetzt, daß sie deutsch ist. Die katholische Kirche versäumt nichts; sie sendet deutsche Missionare in die Schutzgebiete und macht jetzt auf der Futter Bischofskonferenz wieder alle Anstalten, um, ihrem System getreu, die Bewohner der deutschen Kolonien dein Katholizismus zu sichern. Die evangelische Mission Deutschlands darf diesen Anstrengungen gegenüber nicht ins Hintertreffen ge¬ raten, und das wird und muß geschehen, wenn es beim Alten bleibt. Aus der unglücklichen Zeit des Kulturkampfes ist für die deutschen Katholiken ultramontaner Färbung ein besondrer Sporn zur Missionsthätigkeit zurück¬ geblieben; sie giebt die Möglichkeit, die Orden, die in Deutschland und beson¬ ders in Preußen nicht zugelassen sind, in die Schutzgebiete einzuführen in der Hoffnung, sie auf diese Weise ins Mutterland einzuschmuggeln. Diese Hoffnung ist um so begründeter, als die römische Kirche ihre Maßregeln nicht nach Wochen und Monate», sondern nach Jahren und Jahrzehnten trifft. So sind bereits Jesuiten, Brüder vom heiligen Geist, vom heiligen Herzen Jesu, Pallotiner, sämtlich verbotene Orden, in den deutschen Kolonien thätig, während unsers Wissens nicht ein einziger der zugelassenen Orden seine Mit¬ glieder dorthin gesandt hat. So droht auch von dort aus der evangelischen Kirche in Deutschland selbst Gefahr. Diese kann nur überwunden werden, wenn die evangelische Mission in den Schutzgebieten die ganze Kraft des evangelischen Deutschlands ohne Rücksicht auf die kleinern und größern Spal¬ tungen im Innern sammelt und in planmäßiger Organisation vorgeht. Das sollten die Leiter der evangelischen Missionsgesellschaftcn und ihre Förderer aus dem Kirchenregiment und im Laienstande bedenken und sich zu Herzen gehen lassen. Was sie jetzt versäumen, das werden unsre Kinder und Enkel zu büßen haben. Nicht um eine Überflügelung der katholischen Kirche handelt es sich, souderu um eine Gleichstellung mit ihr und um eine berechtigte Abwehr gegen das räumliche Übergreifen der römischen Propaganda, vor der leider diejenigen die Augen verschließen, die in erster Reihe zu Lenkern und Hütern der prote¬ stantischen Lehre in Deutschland berufen sind. Geht es so weiter wie bisher, dann werden diese Blätter, wenn eine Hilfe nicht mehr möglich ist, den Be¬ weis liefern, wie dringend der Mahnruf war. Auch hier heißt es: visoit>z moniti! Nachschrift. Nachdem vorstehende Zeilen bereits in der Druckerei waren, hat Herr von Wißmann eine Antwort auf die Broschüre des Dr. Warueck ver¬ öffentlicht. Unsre Hoffnung, daß der Herr Reichskommissar sich werde über¬ zeugen lassen, hat sich nicht erfüllt. Er sucht Nachweise dafür zu erbringen, daß einzelne englische Missionare politische Geschäfte gemacht hätten, bleibt auch nicht bloß bei seinem Satze I^vora se ora, sondern auch bei seinem der katholischen Missionsthätigkeit als der fruchtbringenderen gespendeten Lobe. Eine weitere Antwort hierauf wird wohl nicht nötig sein. Grenzbote» III 1390!".!>

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207936/473>, abgerufen am 28.04.2024.