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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.

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Dramaturgische Vorträge

in Verlage von C, Konegen in Wien hat kürzlich Freiherr von
Berger ein Bändchen Dramaturgische Vortrüge ver¬
öffentlicht.^) DaS Buch hat im eigentlichsten Sinne des Wortes
sein Schicksal, seine Geschichte, und sie spiegelt sich auch teilweise
in seinem Texte wieder. Entstanden ist es aus Vorlesungen, die
Berger letzten Winter (1889/90) als Privatdozent an der philosophischen
Fakultät der Wiener Universität gehalten but. Aber in der Zwischenzeit hat
sich Bergers Stellung in Wien sehr geändert; er ist ans einem wichtigen
Amte, wo er der öffentlichen Anfmerksamkeit ausgesetzt war, unter großer
Teilnahme der Wiener Gesellschaft geschieden, ohne doch deshalb ganz in das
Dunkel des Privatlebens verschwinden zu können. Berger gehört zu den Er¬
scheinungen, die, ohne es zu beabsichtigen, im guten und im bösen Sinne der
Leute Mund beschäftigen, die ein Hauch moderner Romantik umgiebt. Nach
dem Rücktritt Wilbrandts von der Führung des Bnrgtheaters wurde er dem
zeitweiligen Leiter des Theaters, Svuneuthal, uuter dem Titel eines "artistischen
Sekretärs" als litterarischer Beirat an die Seite gestellt. Ein Sohn des ver¬
storbenen österreichischen Ministers, hatte er bis dahin in aller Stille philo¬
sophischen und dichterischen Arbeiten obgelegen, er war als Privatdozent an
der Wiener Universität habilitirt, ohne irgendwie weitere Kreise zu beschäftigen.
Durch seine Berufung an das Vurgtheater trat er mit einem Schlage ins Licht
der Öffentlichkeit, man sah in ihm schon den künftigen Direktor des Burg¬
theaters, dein wohlwollende Gönner aus den höchsten preisen in der Stellung
eines dramaturgischen Sekretärs (die seit Schreyvvgel nicht mehr besetzt worden
war) Gelegenheit geben wollten, sich in die Geschäfte des ebenso berühmten
wie von den Wienern eifersüchtig geliebten Hauses einzuarbeiten. In dieser
Stellung blieb er längere Zeit, ohne viel von sich reden zu macheu. Er strebte
auch gar uicht darnach, sondern freute sich, im Stillen lernen und helfen zu
können. Als dann Sonnenthals Provisorium dnrch die Berufung Angust
Försters aus Burgtheater abgelöst wurde, behielt Rerger auch an der Seite
des neuen Direktors die Stellung eines stillen litterarischen Ratgebers



") Dramaturgische Borträge, "on Alfred Freiherr" von Verger. Wien,
Carl Konegen, t890.


Dramaturgische Vorträge

in Verlage von C, Konegen in Wien hat kürzlich Freiherr von
Berger ein Bändchen Dramaturgische Vortrüge ver¬
öffentlicht.^) DaS Buch hat im eigentlichsten Sinne des Wortes
sein Schicksal, seine Geschichte, und sie spiegelt sich auch teilweise
in seinem Texte wieder. Entstanden ist es aus Vorlesungen, die
Berger letzten Winter (1889/90) als Privatdozent an der philosophischen
Fakultät der Wiener Universität gehalten but. Aber in der Zwischenzeit hat
sich Bergers Stellung in Wien sehr geändert; er ist ans einem wichtigen
Amte, wo er der öffentlichen Anfmerksamkeit ausgesetzt war, unter großer
Teilnahme der Wiener Gesellschaft geschieden, ohne doch deshalb ganz in das
Dunkel des Privatlebens verschwinden zu können. Berger gehört zu den Er¬
scheinungen, die, ohne es zu beabsichtigen, im guten und im bösen Sinne der
Leute Mund beschäftigen, die ein Hauch moderner Romantik umgiebt. Nach
dem Rücktritt Wilbrandts von der Führung des Bnrgtheaters wurde er dem
zeitweiligen Leiter des Theaters, Svuneuthal, uuter dem Titel eines „artistischen
Sekretärs" als litterarischer Beirat an die Seite gestellt. Ein Sohn des ver¬
storbenen österreichischen Ministers, hatte er bis dahin in aller Stille philo¬
sophischen und dichterischen Arbeiten obgelegen, er war als Privatdozent an
der Wiener Universität habilitirt, ohne irgendwie weitere Kreise zu beschäftigen.
Durch seine Berufung an das Vurgtheater trat er mit einem Schlage ins Licht
der Öffentlichkeit, man sah in ihm schon den künftigen Direktor des Burg¬
theaters, dein wohlwollende Gönner aus den höchsten preisen in der Stellung
eines dramaturgischen Sekretärs (die seit Schreyvvgel nicht mehr besetzt worden
war) Gelegenheit geben wollten, sich in die Geschäfte des ebenso berühmten
wie von den Wienern eifersüchtig geliebten Hauses einzuarbeiten. In dieser
Stellung blieb er längere Zeit, ohne viel von sich reden zu macheu. Er strebte
auch gar uicht darnach, sondern freute sich, im Stillen lernen und helfen zu
können. Als dann Sonnenthals Provisorium dnrch die Berufung Angust
Försters aus Burgtheater abgelöst wurde, behielt Rerger auch an der Seite
des neuen Direktors die Stellung eines stillen litterarischen Ratgebers



") Dramaturgische Borträge, «on Alfred Freiherr» von Verger. Wien,
Carl Konegen, t890.
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[0083] [Abbildung] Dramaturgische Vorträge in Verlage von C, Konegen in Wien hat kürzlich Freiherr von Berger ein Bändchen Dramaturgische Vortrüge ver¬ öffentlicht.^) DaS Buch hat im eigentlichsten Sinne des Wortes sein Schicksal, seine Geschichte, und sie spiegelt sich auch teilweise in seinem Texte wieder. Entstanden ist es aus Vorlesungen, die Berger letzten Winter (1889/90) als Privatdozent an der philosophischen Fakultät der Wiener Universität gehalten but. Aber in der Zwischenzeit hat sich Bergers Stellung in Wien sehr geändert; er ist ans einem wichtigen Amte, wo er der öffentlichen Anfmerksamkeit ausgesetzt war, unter großer Teilnahme der Wiener Gesellschaft geschieden, ohne doch deshalb ganz in das Dunkel des Privatlebens verschwinden zu können. Berger gehört zu den Er¬ scheinungen, die, ohne es zu beabsichtigen, im guten und im bösen Sinne der Leute Mund beschäftigen, die ein Hauch moderner Romantik umgiebt. Nach dem Rücktritt Wilbrandts von der Führung des Bnrgtheaters wurde er dem zeitweiligen Leiter des Theaters, Svuneuthal, uuter dem Titel eines „artistischen Sekretärs" als litterarischer Beirat an die Seite gestellt. Ein Sohn des ver¬ storbenen österreichischen Ministers, hatte er bis dahin in aller Stille philo¬ sophischen und dichterischen Arbeiten obgelegen, er war als Privatdozent an der Wiener Universität habilitirt, ohne irgendwie weitere Kreise zu beschäftigen. Durch seine Berufung an das Vurgtheater trat er mit einem Schlage ins Licht der Öffentlichkeit, man sah in ihm schon den künftigen Direktor des Burg¬ theaters, dein wohlwollende Gönner aus den höchsten preisen in der Stellung eines dramaturgischen Sekretärs (die seit Schreyvvgel nicht mehr besetzt worden war) Gelegenheit geben wollten, sich in die Geschäfte des ebenso berühmten wie von den Wienern eifersüchtig geliebten Hauses einzuarbeiten. In dieser Stellung blieb er längere Zeit, ohne viel von sich reden zu macheu. Er strebte auch gar uicht darnach, sondern freute sich, im Stillen lernen und helfen zu können. Als dann Sonnenthals Provisorium dnrch die Berufung Angust Försters aus Burgtheater abgelöst wurde, behielt Rerger auch an der Seite des neuen Direktors die Stellung eines stillen litterarischen Ratgebers ") Dramaturgische Borträge, «on Alfred Freiherr» von Verger. Wien, Carl Konegen, t890.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207936/83>, abgerufen am 28.04.2024.