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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Litteratur

Andre Leser dieser Zeilen werden selber eine Erzieherin im Hause haben oder
vielleicht gerade an die Annahme einer solchen denken. Wer von diesen Lesern
schon gewohnt ist, der Erzieherin einen anständige" Gehalt zu geben, oder auch erst
für die Zukunft dazu fest entschlossen ist, für den gilt das hier gesagte nicht. Wer
sich aber nach dein herrschenden Zuge der Zeit oder etwa ans das Drängen der in
dem oben erwähnten Familieujournal vielleicht sehr belesenen Fron Gemahlin eine
recht billige Erzieherin schon angeschafft hat oder anschaffen will, der möge doch
an das schon angeführte ernste Wort denken, daß der Arbeiter seines Lohnes wert
sei, und freiwillig, wenn auch die Frau schwer daranwill, der armen Erzieherin
einen hoher" Gehalt zahlen, Das wird sich sicher lohnen, und vielleicht hilft es
sorgfältig verborgene, aber darum nicht weniger fühlbare Not in unerwarteter Weise
G lindern.




Litteratur
Die deutschen Bücherzeichen (lux-libri") von ihrem Ursprünge bis zur Gegenwart. Von
F. Warnecke. Mit einem Titelbilde von E. Devler d. I., 21, Abbildungen im Text >ab
26 Tafeln. Berlin, I. A. Stargardt, 1,890

Welchen Zweck diese kostspielige Veröffentlichung hat ^ ihr Preis ist dreißig
Mark --, haben nur uns vergeblich gefragt. ES ist jn bekannt, daß in frühern
Zeiten, namentlich vom sechzehnten bis zum achtzehnten Jahrhundert, die hübsche, Sitte
bestand, daß man sich in seine Bücher, vorn auf die Junenseite des Deckels, ein
in Holz geschnittenes oder in Kupfer gestochenes Bücherzeichen einklebte. Mau,
brachte auf diesem Bücherzeichen sein Wappen an, umgeben von allerhand Zier¬
raten, im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert traten um die Stelle der Wappen
oft Sinnbilder, dazu kennen Sprüche, entweder Wahlspruche, oder Sätze, in denen
die Besitzer andeuteten, wie, sie. es mit dein, Verleihen der Bücher halten wollten,
endlich auch der Name des Besitzers, eine Jahreszahl u, a. Selbst große Meister,
wie Dürer, Craunch, Burgkmaier, Behren u. c>>, haben es nicht verschmäht, für
Bücherfreunde solche Bücherzeichen zu entwerfen. Es giebt ihrer in allen Größen,
vom kleinen, nnr wenige Zentimeter hohen Blättchen bis zum Folioblatt; ja manche
Biicherbesitzer ließen sich ein- und dasselbe Zeichen in verschiednen Größen anfertigen
für die verschiednen Buchformate, für Folio, Quart, Oktav u. f. w. Mit dem
Verfall von Kunst und Knnstgemerbe am Ausgange des vorigen Jahrhunderts
starb auch dieser kleine Kunstzweig ab, an die Stelle der Bücherzeichen trat überall
die gemeine Stempelung des Titelblattes, die sich leider fast auf alleu öffentliche"
Bibliotheken bis auf den heutigen Tag erhalten hat und die Bucher verunziert,
zumal jetzt, wo die Bücherausstattuug sich wieder bedeutend gehoben hat und der
geschmacklose Stempel -- neuerdings womöglich farbig ius Buch gequetscht, rot
oder violett! -- nun umso unangenehmer auffällt. Wenn also der Verfasser des
vorliegenden Werkes dazu anregen wollte, daß man in dem Aufschwünge, den das
Kunflgeiverbe in den letzten fünfzehn Jahren fast auf allen, Gebieten genommen hat,


Litteratur

Andre Leser dieser Zeilen werden selber eine Erzieherin im Hause haben oder
vielleicht gerade an die Annahme einer solchen denken. Wer von diesen Lesern
schon gewohnt ist, der Erzieherin einen anständige» Gehalt zu geben, oder auch erst
für die Zukunft dazu fest entschlossen ist, für den gilt das hier gesagte nicht. Wer
sich aber nach dein herrschenden Zuge der Zeit oder etwa ans das Drängen der in
dem oben erwähnten Familieujournal vielleicht sehr belesenen Fron Gemahlin eine
recht billige Erzieherin schon angeschafft hat oder anschaffen will, der möge doch
an das schon angeführte ernste Wort denken, daß der Arbeiter seines Lohnes wert
sei, und freiwillig, wenn auch die Frau schwer daranwill, der armen Erzieherin
einen hoher» Gehalt zahlen, Das wird sich sicher lohnen, und vielleicht hilft es
sorgfältig verborgene, aber darum nicht weniger fühlbare Not in unerwarteter Weise
G lindern.




Litteratur
Die deutschen Bücherzeichen (lux-libri«) von ihrem Ursprünge bis zur Gegenwart. Von
F. Warnecke. Mit einem Titelbilde von E. Devler d. I., 21, Abbildungen im Text >ab
26 Tafeln. Berlin, I. A. Stargardt, 1,890

Welchen Zweck diese kostspielige Veröffentlichung hat ^ ihr Preis ist dreißig
Mark —, haben nur uns vergeblich gefragt. ES ist jn bekannt, daß in frühern
Zeiten, namentlich vom sechzehnten bis zum achtzehnten Jahrhundert, die hübsche, Sitte
bestand, daß man sich in seine Bücher, vorn auf die Junenseite des Deckels, ein
in Holz geschnittenes oder in Kupfer gestochenes Bücherzeichen einklebte. Mau,
brachte auf diesem Bücherzeichen sein Wappen an, umgeben von allerhand Zier¬
raten, im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert traten um die Stelle der Wappen
oft Sinnbilder, dazu kennen Sprüche, entweder Wahlspruche, oder Sätze, in denen
die Besitzer andeuteten, wie, sie. es mit dein, Verleihen der Bücher halten wollten,
endlich auch der Name des Besitzers, eine Jahreszahl u, a. Selbst große Meister,
wie Dürer, Craunch, Burgkmaier, Behren u. c>>, haben es nicht verschmäht, für
Bücherfreunde solche Bücherzeichen zu entwerfen. Es giebt ihrer in allen Größen,
vom kleinen, nnr wenige Zentimeter hohen Blättchen bis zum Folioblatt; ja manche
Biicherbesitzer ließen sich ein- und dasselbe Zeichen in verschiednen Größen anfertigen
für die verschiednen Buchformate, für Folio, Quart, Oktav u. f. w. Mit dem
Verfall von Kunst und Knnstgemerbe am Ausgange des vorigen Jahrhunderts
starb auch dieser kleine Kunstzweig ab, an die Stelle der Bücherzeichen trat überall
die gemeine Stempelung des Titelblattes, die sich leider fast auf alleu öffentliche»
Bibliotheken bis auf den heutigen Tag erhalten hat und die Bucher verunziert,
zumal jetzt, wo die Bücherausstattuug sich wieder bedeutend gehoben hat und der
geschmacklose Stempel — neuerdings womöglich farbig ius Buch gequetscht, rot
oder violett! — nun umso unangenehmer auffällt. Wenn also der Verfasser des
vorliegenden Werkes dazu anregen wollte, daß man in dem Aufschwünge, den das
Kunflgeiverbe in den letzten fünfzehn Jahren fast auf allen, Gebieten genommen hat,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/300>, abgerufen am 28.04.2024.