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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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Gelo Ludwig in Leipzig

mark und dem Prinzen von Holstein - Gottorv zu schlichten. Diese rühren
daher, daß der Prinz ohne die Genehmigung des Königs von Dänemark Aus-
hebungen veranstaltet hat und noch weiterhin veranstalten will, ohne sich an
das früher getroffene Abkommen zu kehren; es liegen nämlich die Städte und
Ländereien beider Fürsten ohne feste Abgrenzung bunt durcheinander; dieser
Ort ist dem einen, jener dem andern Herrn Unterthan. Frankreich sucht
Schweden in diesen Streit hineinzuziehen, um einen Abzugskanal nach Norden
zu haben und die deutschen Fürsten zum Frieden zu zwingen; da aber diese
Fürsten von den Engländern lind Holländern Geld beziehen, so werden sie
sich, obwohl der Krieg ihren Unterthanen schwere Lasten und Abgaben auf¬
erlegt, wohl uur ungern hierzu entschließen.

Der Kurfürst von Brandenburg fürchtet den König von Frankreich wegen
des Herzogtums Kleve und der Grafschaften Mark und Naveusberg, den König
von Schweden wegen Pommern; auch seinen Nachbarn, den Polen, traut er
wenig. Dagegen steht er in freundlichem Verhältnis zu dem Hause Öster¬
reich, den Königen von England und Spanien, den Kurfürsten von Baiern,
der Pfalz und Hannover, den Herzögen von Savoyen und Elsaß, dem Land¬
grafen von Hessen, dem Herzog von Kurland, den Fürsten von Anhalt und
deu Schweizer Kantonen. Außerdem halten Braunschweig, Schweden und der
Kurfürst fest zusammen, um dem Könige von Dänemark und den Herzögen
von Mecklenburg entgegenzutreten.

Donnerstag den 24. Mai um acht Uhr reiste ich von Berlin ab.




Otto Ludwig in Leipzig
Don Adolf Stern (Schluß)

timmuugen und Anwandlungen, wie sie- uns aus Otto Ludwigs
ersten Briefen in die Heimat entgegentreten, hat wohl jeder zu
erfahren, der ans engen, aber von einem warmen und innigen
Verkehr belebten kleinstädtischen Verhältnissen in das ihn, fremde
und gleichgiltig an ihm vorüberrauschende Leben einer Großstadt
tritt. Aber des Künstlers Schicksal wollte es, daß sich Mißempsindnngen, die
andre vorübergehend beschleichen, in ihm festsetzten und ihn zu überwältigen
drohten. Er stieß gleichsam bei jedem Schritt ans Hindernisse, Steine und


Grenzboten 1 1891 11
Gelo Ludwig in Leipzig

mark und dem Prinzen von Holstein - Gottorv zu schlichten. Diese rühren
daher, daß der Prinz ohne die Genehmigung des Königs von Dänemark Aus-
hebungen veranstaltet hat und noch weiterhin veranstalten will, ohne sich an
das früher getroffene Abkommen zu kehren; es liegen nämlich die Städte und
Ländereien beider Fürsten ohne feste Abgrenzung bunt durcheinander; dieser
Ort ist dem einen, jener dem andern Herrn Unterthan. Frankreich sucht
Schweden in diesen Streit hineinzuziehen, um einen Abzugskanal nach Norden
zu haben und die deutschen Fürsten zum Frieden zu zwingen; da aber diese
Fürsten von den Engländern lind Holländern Geld beziehen, so werden sie
sich, obwohl der Krieg ihren Unterthanen schwere Lasten und Abgaben auf¬
erlegt, wohl uur ungern hierzu entschließen.

Der Kurfürst von Brandenburg fürchtet den König von Frankreich wegen
des Herzogtums Kleve und der Grafschaften Mark und Naveusberg, den König
von Schweden wegen Pommern; auch seinen Nachbarn, den Polen, traut er
wenig. Dagegen steht er in freundlichem Verhältnis zu dem Hause Öster¬
reich, den Königen von England und Spanien, den Kurfürsten von Baiern,
der Pfalz und Hannover, den Herzögen von Savoyen und Elsaß, dem Land¬
grafen von Hessen, dem Herzog von Kurland, den Fürsten von Anhalt und
deu Schweizer Kantonen. Außerdem halten Braunschweig, Schweden und der
Kurfürst fest zusammen, um dem Könige von Dänemark und den Herzögen
von Mecklenburg entgegenzutreten.

Donnerstag den 24. Mai um acht Uhr reiste ich von Berlin ab.




Otto Ludwig in Leipzig
Don Adolf Stern (Schluß)

timmuugen und Anwandlungen, wie sie- uns aus Otto Ludwigs
ersten Briefen in die Heimat entgegentreten, hat wohl jeder zu
erfahren, der ans engen, aber von einem warmen und innigen
Verkehr belebten kleinstädtischen Verhältnissen in das ihn, fremde
und gleichgiltig an ihm vorüberrauschende Leben einer Großstadt
tritt. Aber des Künstlers Schicksal wollte es, daß sich Mißempsindnngen, die
andre vorübergehend beschleichen, in ihm festsetzten und ihn zu überwältigen
drohten. Er stieß gleichsam bei jedem Schritt ans Hindernisse, Steine und


Grenzboten 1 1891 11
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[0089] Gelo Ludwig in Leipzig mark und dem Prinzen von Holstein - Gottorv zu schlichten. Diese rühren daher, daß der Prinz ohne die Genehmigung des Königs von Dänemark Aus- hebungen veranstaltet hat und noch weiterhin veranstalten will, ohne sich an das früher getroffene Abkommen zu kehren; es liegen nämlich die Städte und Ländereien beider Fürsten ohne feste Abgrenzung bunt durcheinander; dieser Ort ist dem einen, jener dem andern Herrn Unterthan. Frankreich sucht Schweden in diesen Streit hineinzuziehen, um einen Abzugskanal nach Norden zu haben und die deutschen Fürsten zum Frieden zu zwingen; da aber diese Fürsten von den Engländern lind Holländern Geld beziehen, so werden sie sich, obwohl der Krieg ihren Unterthanen schwere Lasten und Abgaben auf¬ erlegt, wohl uur ungern hierzu entschließen. Der Kurfürst von Brandenburg fürchtet den König von Frankreich wegen des Herzogtums Kleve und der Grafschaften Mark und Naveusberg, den König von Schweden wegen Pommern; auch seinen Nachbarn, den Polen, traut er wenig. Dagegen steht er in freundlichem Verhältnis zu dem Hause Öster¬ reich, den Königen von England und Spanien, den Kurfürsten von Baiern, der Pfalz und Hannover, den Herzögen von Savoyen und Elsaß, dem Land¬ grafen von Hessen, dem Herzog von Kurland, den Fürsten von Anhalt und deu Schweizer Kantonen. Außerdem halten Braunschweig, Schweden und der Kurfürst fest zusammen, um dem Könige von Dänemark und den Herzögen von Mecklenburg entgegenzutreten. Donnerstag den 24. Mai um acht Uhr reiste ich von Berlin ab. Otto Ludwig in Leipzig Don Adolf Stern (Schluß) timmuugen und Anwandlungen, wie sie- uns aus Otto Ludwigs ersten Briefen in die Heimat entgegentreten, hat wohl jeder zu erfahren, der ans engen, aber von einem warmen und innigen Verkehr belebten kleinstädtischen Verhältnissen in das ihn, fremde und gleichgiltig an ihm vorüberrauschende Leben einer Großstadt tritt. Aber des Künstlers Schicksal wollte es, daß sich Mißempsindnngen, die andre vorübergehend beschleichen, in ihm festsetzten und ihn zu überwältigen drohten. Er stieß gleichsam bei jedem Schritt ans Hindernisse, Steine und Grenzboten 1 1891 11

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/89>, abgerufen am 06.05.2024.