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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

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Der zukünftige Unterricht in der neuesten Geschichte
von Bttokar Lorenz

s liegt nur durchaus fern, die großen und prinzipiellen Fragen
des Unterrichts, die seit Monaten von kundigeren Seiten erörtert
werden, wieder und wieder besprechen zu wollen. In einem
wissenschaftliche" Gebiete, dein man im allgemeinen auf dem
Standpunkt aller Schnlparteien so sympathisch gegenübersteht,
wie es bei der Geschichte der Fall ist, Ware nichts weniger geeignet, Förderung
zu schaffen, als das starke Hervortreten gelehrter Fachkreise, denen die Er¬
fahrungen der Schulmänner nicht ganz zur Seite stehen. Wer sich in der
Schule mit dem Geschichtsunterricht beschäftigt, dem mögen über manche Dinge
Zweifel entstehen und Schwierigkeiten in Betreff der Mitteilung des Stoffes
bekannt sein, die der lediglich auf die Sache gerichtete" Aufmerksamkeit ent¬
gangen waren. Auch mag der Lehrer genötigt sein, zur Erweiterung des
Interesses sich andrer Hilfsmittel zu bedienen als der historische Schriftsteller,
der sich sein Publikum am liebsten unter denen denkt, die selbst Geschichte
machten.

Daß es für den Geschichtslehrer Aufgaben giebt, die dem reinen Wissen¬
schaftsbetriebe ferner liegen, daran kaun und wird kein Verständiger zweifeln,
und jedermann weiß, daß sich gerade in dieser Richtung die deutsche Schulwelt
seit geraumer Zeit der gerechtesten Anerkennung aller Nationen zu erfreuen
gehabt hat. Wenn sich nun über diesen oder jenen Teil des Gesamtunterrichts
Magen erheben, deren Berücksichtigung mitunter die Lebensbedingungen eines
Faches abschneiden würden, so kann man es begreiflich finden, daß der Lehrer¬
stand alsdann dem Laienelement in Schulsachen überhaupt die Berechtigung
bestreikn möchte, mitzureden. Bei dein Geschichtsunterricht kau" glücklicher¬
weise von einem solchen Gegensatze keinen die Rede sein. Die Meinungs¬
verschiedenheiten, denen man auf diesem Gebiete begegnet, sind im Grunde sehr
gering. Man stellt von manchen Seiten an den Unterricht in der Geschichte
in den höhern Schulanstalten eine gewisse Mehrfordernng, die eigentlich nur
schmeichelhaft für die Lehrer dieses Faches sein kann. Was viele gebildete
Männer, die in ihren Mannesjahren eine Stellung im öffentlichen Leben er-


Grenzl'vo" I I 1891 0Ü


Der zukünftige Unterricht in der neuesten Geschichte
von Bttokar Lorenz

s liegt nur durchaus fern, die großen und prinzipiellen Fragen
des Unterrichts, die seit Monaten von kundigeren Seiten erörtert
werden, wieder und wieder besprechen zu wollen. In einem
wissenschaftliche» Gebiete, dein man im allgemeinen auf dem
Standpunkt aller Schnlparteien so sympathisch gegenübersteht,
wie es bei der Geschichte der Fall ist, Ware nichts weniger geeignet, Förderung
zu schaffen, als das starke Hervortreten gelehrter Fachkreise, denen die Er¬
fahrungen der Schulmänner nicht ganz zur Seite stehen. Wer sich in der
Schule mit dem Geschichtsunterricht beschäftigt, dem mögen über manche Dinge
Zweifel entstehen und Schwierigkeiten in Betreff der Mitteilung des Stoffes
bekannt sein, die der lediglich auf die Sache gerichtete» Aufmerksamkeit ent¬
gangen waren. Auch mag der Lehrer genötigt sein, zur Erweiterung des
Interesses sich andrer Hilfsmittel zu bedienen als der historische Schriftsteller,
der sich sein Publikum am liebsten unter denen denkt, die selbst Geschichte
machten.

Daß es für den Geschichtslehrer Aufgaben giebt, die dem reinen Wissen¬
schaftsbetriebe ferner liegen, daran kaun und wird kein Verständiger zweifeln,
und jedermann weiß, daß sich gerade in dieser Richtung die deutsche Schulwelt
seit geraumer Zeit der gerechtesten Anerkennung aller Nationen zu erfreuen
gehabt hat. Wenn sich nun über diesen oder jenen Teil des Gesamtunterrichts
Magen erheben, deren Berücksichtigung mitunter die Lebensbedingungen eines
Faches abschneiden würden, so kann man es begreiflich finden, daß der Lehrer¬
stand alsdann dem Laienelement in Schulsachen überhaupt die Berechtigung
bestreikn möchte, mitzureden. Bei dein Geschichtsunterricht kau» glücklicher¬
weise von einem solchen Gegensatze keinen die Rede sein. Die Meinungs¬
verschiedenheiten, denen man auf diesem Gebiete begegnet, sind im Grunde sehr
gering. Man stellt von manchen Seiten an den Unterricht in der Geschichte
in den höhern Schulanstalten eine gewisse Mehrfordernng, die eigentlich nur
schmeichelhaft für die Lehrer dieses Faches sein kann. Was viele gebildete
Männer, die in ihren Mannesjahren eine Stellung im öffentlichen Leben er-


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[0517] [Abbildung] Der zukünftige Unterricht in der neuesten Geschichte von Bttokar Lorenz s liegt nur durchaus fern, die großen und prinzipiellen Fragen des Unterrichts, die seit Monaten von kundigeren Seiten erörtert werden, wieder und wieder besprechen zu wollen. In einem wissenschaftliche» Gebiete, dein man im allgemeinen auf dem Standpunkt aller Schnlparteien so sympathisch gegenübersteht, wie es bei der Geschichte der Fall ist, Ware nichts weniger geeignet, Förderung zu schaffen, als das starke Hervortreten gelehrter Fachkreise, denen die Er¬ fahrungen der Schulmänner nicht ganz zur Seite stehen. Wer sich in der Schule mit dem Geschichtsunterricht beschäftigt, dem mögen über manche Dinge Zweifel entstehen und Schwierigkeiten in Betreff der Mitteilung des Stoffes bekannt sein, die der lediglich auf die Sache gerichtete» Aufmerksamkeit ent¬ gangen waren. Auch mag der Lehrer genötigt sein, zur Erweiterung des Interesses sich andrer Hilfsmittel zu bedienen als der historische Schriftsteller, der sich sein Publikum am liebsten unter denen denkt, die selbst Geschichte machten. Daß es für den Geschichtslehrer Aufgaben giebt, die dem reinen Wissen¬ schaftsbetriebe ferner liegen, daran kaun und wird kein Verständiger zweifeln, und jedermann weiß, daß sich gerade in dieser Richtung die deutsche Schulwelt seit geraumer Zeit der gerechtesten Anerkennung aller Nationen zu erfreuen gehabt hat. Wenn sich nun über diesen oder jenen Teil des Gesamtunterrichts Magen erheben, deren Berücksichtigung mitunter die Lebensbedingungen eines Faches abschneiden würden, so kann man es begreiflich finden, daß der Lehrer¬ stand alsdann dem Laienelement in Schulsachen überhaupt die Berechtigung bestreikn möchte, mitzureden. Bei dein Geschichtsunterricht kau» glücklicher¬ weise von einem solchen Gegensatze keinen die Rede sein. Die Meinungs¬ verschiedenheiten, denen man auf diesem Gebiete begegnet, sind im Grunde sehr gering. Man stellt von manchen Seiten an den Unterricht in der Geschichte in den höhern Schulanstalten eine gewisse Mehrfordernng, die eigentlich nur schmeichelhaft für die Lehrer dieses Faches sein kann. Was viele gebildete Männer, die in ihren Mannesjahren eine Stellung im öffentlichen Leben er- Grenzl'vo» I I 1891 0Ü

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/517>, abgerufen am 03.05.2024.