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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.

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Liudochls Stammbuch

und gleichzeitig sind unvereinbar. Um einer gewissen Härte zu entgehen,
kann man sagen: sofern der Rechtsstreit . . . und der Rechtsstreit , . . gleich¬
zeitig anhängig sind. ^.-^
(Schluß folgt)




Lindahls Stammbuch
Adolf Stern von

nfang September 1798 erhielt Schiller, der in den Augusttagen
die langjährige und heiße Arbeit am "Wallenstein" unterbrochen
hatte, mir seinen "Musenalmanach" ans 1799, für deu er schon
den "Kampf mit dem Drachen" vollendet hatte, mit der "Bürg¬
schaft" und dem "Bürgerliede" (das Eleusische Fest) lyrisch-
episch auszustatten, den Besuch eines schwedischen Kaufmanns, des Gro߬
händlers Johann Nikolaus Lindahl aus Norrkvping. Der Besuch muß
ihm erfreulich und die Bekanntschaft mit dem vielgereisten, weltknndigen, für
Wissenschaft und Kunst enthusiastisch empfänglichen Schweden wertvoll genug
erschienen sein, denn er gab dem nach Weimar reisenden am 2. September
eilten Brief an Goethe mit, in dessen Eingang er schrieb: "Ein schwedischer
Kaufmann Herr Lindahl überbringt Ihnen diesen Brief. Er ist ein sehr
eifriger Freund der deutschen Litteratur, hat viele Kenntnisse und scheint in
Schweden mit den bedeutendsten Gelehrten viele Verbindungen zu haben. Sie
werden ihn also freundschaftlich empfangen, wie ich wünsche, denn es ist ein
Mann, der es zu verdienen scheint, auch wünschte ich, daß er Meyern kennen
lernte." Lindahl kam jedenfalls am 2. September nach Weimar und wußte
feine Zeit gut zu benutzen. Wie die Eintragungen in sein Stammbuch
zeigen, besuchte er am 3. September außer Goethe und Meyer, die er nnter
einem Dache antraf, auch Herder und Jean Paul, ritt oder fuhr nach Os-
mannstädt, Wielands Osmantium, und scheint überall Teilnahme erweckt
und für seine Person eingenommen zu haben. Er war damals keineswegs
zuerst auf deutschem Boden, er hatte bereits in den achtziger Jahren Nord-
deutschland besucht und namentlich in Berlin die litterarischen Vertreter der
fridericianischen Aufklärungsperiode kennen gelernt, sich auch mehrere Monate
in Hamburg aufgehalten. Diesmal war er über Kopenhagen, Hamburg, Eutin,
Lübeck, Berlin und Halle nach Jena und Weimar gekommen, ging über Gotha und
Franifnrt nach Straßburg, von da nach dem republikanischen Paris; überall war
er, neben der Förderung seiner geschäftlichen Angelegenheiten, ans Anknüpfung


Liudochls Stammbuch

und gleichzeitig sind unvereinbar. Um einer gewissen Härte zu entgehen,
kann man sagen: sofern der Rechtsstreit . . . und der Rechtsstreit , . . gleich¬
zeitig anhängig sind. ^.-^
(Schluß folgt)




Lindahls Stammbuch
Adolf Stern von

nfang September 1798 erhielt Schiller, der in den Augusttagen
die langjährige und heiße Arbeit am „Wallenstein" unterbrochen
hatte, mir seinen „Musenalmanach" ans 1799, für deu er schon
den „Kampf mit dem Drachen" vollendet hatte, mit der „Bürg¬
schaft" und dem „Bürgerliede" (das Eleusische Fest) lyrisch-
episch auszustatten, den Besuch eines schwedischen Kaufmanns, des Gro߬
händlers Johann Nikolaus Lindahl aus Norrkvping. Der Besuch muß
ihm erfreulich und die Bekanntschaft mit dem vielgereisten, weltknndigen, für
Wissenschaft und Kunst enthusiastisch empfänglichen Schweden wertvoll genug
erschienen sein, denn er gab dem nach Weimar reisenden am 2. September
eilten Brief an Goethe mit, in dessen Eingang er schrieb: „Ein schwedischer
Kaufmann Herr Lindahl überbringt Ihnen diesen Brief. Er ist ein sehr
eifriger Freund der deutschen Litteratur, hat viele Kenntnisse und scheint in
Schweden mit den bedeutendsten Gelehrten viele Verbindungen zu haben. Sie
werden ihn also freundschaftlich empfangen, wie ich wünsche, denn es ist ein
Mann, der es zu verdienen scheint, auch wünschte ich, daß er Meyern kennen
lernte." Lindahl kam jedenfalls am 2. September nach Weimar und wußte
feine Zeit gut zu benutzen. Wie die Eintragungen in sein Stammbuch
zeigen, besuchte er am 3. September außer Goethe und Meyer, die er nnter
einem Dache antraf, auch Herder und Jean Paul, ritt oder fuhr nach Os-
mannstädt, Wielands Osmantium, und scheint überall Teilnahme erweckt
und für seine Person eingenommen zu haben. Er war damals keineswegs
zuerst auf deutschem Boden, er hatte bereits in den achtziger Jahren Nord-
deutschland besucht und namentlich in Berlin die litterarischen Vertreter der
fridericianischen Aufklärungsperiode kennen gelernt, sich auch mehrere Monate
in Hamburg aufgehalten. Diesmal war er über Kopenhagen, Hamburg, Eutin,
Lübeck, Berlin und Halle nach Jena und Weimar gekommen, ging über Gotha und
Franifnrt nach Straßburg, von da nach dem republikanischen Paris; überall war
er, neben der Förderung seiner geschäftlichen Angelegenheiten, ans Anknüpfung


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[0045] Liudochls Stammbuch und gleichzeitig sind unvereinbar. Um einer gewissen Härte zu entgehen, kann man sagen: sofern der Rechtsstreit . . . und der Rechtsstreit , . . gleich¬ zeitig anhängig sind. ^.-^ (Schluß folgt) Lindahls Stammbuch Adolf Stern von nfang September 1798 erhielt Schiller, der in den Augusttagen die langjährige und heiße Arbeit am „Wallenstein" unterbrochen hatte, mir seinen „Musenalmanach" ans 1799, für deu er schon den „Kampf mit dem Drachen" vollendet hatte, mit der „Bürg¬ schaft" und dem „Bürgerliede" (das Eleusische Fest) lyrisch- episch auszustatten, den Besuch eines schwedischen Kaufmanns, des Gro߬ händlers Johann Nikolaus Lindahl aus Norrkvping. Der Besuch muß ihm erfreulich und die Bekanntschaft mit dem vielgereisten, weltknndigen, für Wissenschaft und Kunst enthusiastisch empfänglichen Schweden wertvoll genug erschienen sein, denn er gab dem nach Weimar reisenden am 2. September eilten Brief an Goethe mit, in dessen Eingang er schrieb: „Ein schwedischer Kaufmann Herr Lindahl überbringt Ihnen diesen Brief. Er ist ein sehr eifriger Freund der deutschen Litteratur, hat viele Kenntnisse und scheint in Schweden mit den bedeutendsten Gelehrten viele Verbindungen zu haben. Sie werden ihn also freundschaftlich empfangen, wie ich wünsche, denn es ist ein Mann, der es zu verdienen scheint, auch wünschte ich, daß er Meyern kennen lernte." Lindahl kam jedenfalls am 2. September nach Weimar und wußte feine Zeit gut zu benutzen. Wie die Eintragungen in sein Stammbuch zeigen, besuchte er am 3. September außer Goethe und Meyer, die er nnter einem Dache antraf, auch Herder und Jean Paul, ritt oder fuhr nach Os- mannstädt, Wielands Osmantium, und scheint überall Teilnahme erweckt und für seine Person eingenommen zu haben. Er war damals keineswegs zuerst auf deutschem Boden, er hatte bereits in den achtziger Jahren Nord- deutschland besucht und namentlich in Berlin die litterarischen Vertreter der fridericianischen Aufklärungsperiode kennen gelernt, sich auch mehrere Monate in Hamburg aufgehalten. Diesmal war er über Kopenhagen, Hamburg, Eutin, Lübeck, Berlin und Halle nach Jena und Weimar gekommen, ging über Gotha und Franifnrt nach Straßburg, von da nach dem republikanischen Paris; überall war er, neben der Förderung seiner geschäftlichen Angelegenheiten, ans Anknüpfung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_213791/45>, abgerufen am 28.04.2024.