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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.

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Tena die Aatzenprinzessin

hätte, so wird es doch immer Leute geben, die selbst angesichts dieser Zeug?
nisse nur von der Schuld und von dein Irrtum dieses Lebens zu sprechen
wissen. Ihnen möge" zum Schluß die schönen Distichen antworten, die die
Überschrift "Unfehlbar" trägem


Stelle dich, wie du auch willst, nicht wirst du die Feinde vermeiden,
Aber, wie Thetis deu Sohn, kannst du dich sei'n fiir den Streit:

Mache so ganz dich zum Träger des Guten, des Wahren und Schönen,
Daß man die Götter verletzt, wenn man dich selber bekämpft!


und deren Anwendbarkeit auf Hebbels Natur und Streben der "Briefwechsel
mit Freunden und Zeitgenossen" beinahe Blatt fiir Blatt bestätigt.




Leila die Katzenprinzessin
Ei I"l>us Hacirhans n Märchen von

em Bücherfreunde, der die Meßkatalvge ans den letzten Jahr¬
zehnten des vorigen Jahrhunderts durchblättert, wird öfter der
Name Justus Hochstedt begegnen, und zwar meist in Verbindung
mit Ausgaben arabischer und persischer Dichter. Wenn man
auch die wissenschaftliche Bedeutung dieses Gelehrten heutzutage
kaum noch zu würdigen weiß, so verdient doch sein Leben und die seltsame
Art seines Entwicklungsganges den Anteil der Nachwelt. In seiner Jugend
war er von den früh verstorbnen Eltern für den Kaufmannsstand bestimmt
worden, aber die trocknen und teilweise mechanischen Arbeiten in den Gewölben
des Handelsherrn, bei dem er seine Lehrzeit bestehen sollte, sagten dem lebhaften
Knaben wenig zu. Und so wären die in solcher Thätigkeit verbrachten Jahre
sür Justus nutzlos gewesen, wenn nicht sein Geist aus dem steten Verkehr mit
den Erzeugnissen serner Länder eine eigentümliche Anregung cmpscingen Hütte.
Es war die Sehnsucht in ihm erwacht, mit den Gegenden und Völkern, die
dem Magazin seines Lehrherrn ihre Erzeugnisse lieferten, in nähere Berührung
SU treten. Bei jedem Zuckerhute, den er seines blauen Papierröckleins ent¬
kleidete, gedachte er der feuchtwarmen Striche Amerikas, wo das wunderbare
Nohr gedeiht, und sah im Geiste, wie die armen Schwarzen unter der süßen
Bürde leuchten und von den herzlosen Aufsehern mit gestreiftem Poncho und
Panamahut zu schnellerer Arbeit aufgemuntert wurden. Und was ließ sich
">ehe alles beim Abwägen der Gewürze denken! Wenn er an einer Zimmt-
stnnge roch und die Augen schloß, so war ihm, als durchsegelte er ans einem
Kanffnhrteischiff den Stillen Ozean lind näherte sich den Gewürzinseln, die


Tena die Aatzenprinzessin

hätte, so wird es doch immer Leute geben, die selbst angesichts dieser Zeug?
nisse nur von der Schuld und von dein Irrtum dieses Lebens zu sprechen
wissen. Ihnen möge» zum Schluß die schönen Distichen antworten, die die
Überschrift „Unfehlbar" trägem


Stelle dich, wie du auch willst, nicht wirst du die Feinde vermeiden,
Aber, wie Thetis deu Sohn, kannst du dich sei'n fiir den Streit:

Mache so ganz dich zum Träger des Guten, des Wahren und Schönen,
Daß man die Götter verletzt, wenn man dich selber bekämpft!


und deren Anwendbarkeit auf Hebbels Natur und Streben der „Briefwechsel
mit Freunden und Zeitgenossen" beinahe Blatt fiir Blatt bestätigt.




Leila die Katzenprinzessin
Ei I"l>us Hacirhans n Märchen von

em Bücherfreunde, der die Meßkatalvge ans den letzten Jahr¬
zehnten des vorigen Jahrhunderts durchblättert, wird öfter der
Name Justus Hochstedt begegnen, und zwar meist in Verbindung
mit Ausgaben arabischer und persischer Dichter. Wenn man
auch die wissenschaftliche Bedeutung dieses Gelehrten heutzutage
kaum noch zu würdigen weiß, so verdient doch sein Leben und die seltsame
Art seines Entwicklungsganges den Anteil der Nachwelt. In seiner Jugend
war er von den früh verstorbnen Eltern für den Kaufmannsstand bestimmt
worden, aber die trocknen und teilweise mechanischen Arbeiten in den Gewölben
des Handelsherrn, bei dem er seine Lehrzeit bestehen sollte, sagten dem lebhaften
Knaben wenig zu. Und so wären die in solcher Thätigkeit verbrachten Jahre
sür Justus nutzlos gewesen, wenn nicht sein Geist aus dem steten Verkehr mit
den Erzeugnissen serner Länder eine eigentümliche Anregung cmpscingen Hütte.
Es war die Sehnsucht in ihm erwacht, mit den Gegenden und Völkern, die
dem Magazin seines Lehrherrn ihre Erzeugnisse lieferten, in nähere Berührung
SU treten. Bei jedem Zuckerhute, den er seines blauen Papierröckleins ent¬
kleidete, gedachte er der feuchtwarmen Striche Amerikas, wo das wunderbare
Nohr gedeiht, und sah im Geiste, wie die armen Schwarzen unter der süßen
Bürde leuchten und von den herzlosen Aufsehern mit gestreiftem Poncho und
Panamahut zu schnellerer Arbeit aufgemuntert wurden. Und was ließ sich
">ehe alles beim Abwägen der Gewürze denken! Wenn er an einer Zimmt-
stnnge roch und die Augen schloß, so war ihm, als durchsegelte er ans einem
Kanffnhrteischiff den Stillen Ozean lind näherte sich den Gewürzinseln, die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455/280>, abgerufen am 06.05.2024.