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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Erstes Vierteljahr.

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organ zu vermitteln haben. Demut müßte aber auch die Thätigkeit des offi¬
ziösen Preßbüreaus erschöpft sein.

Ein derart eingerichtetes und arbeitendes Preßbüreau, dessen Erzeugnisse
für jedermann kenntlich und für die gesamte Presse, von der größten Tages¬
zeitung bis zum geringsten Wochenblüttchen herab, brauchbar wären und wert¬
volles Material böten, würde der Regierung wie dein Volke nützen. Die
Zeit, wo durch offiziöse Federn Stimmungsmacherei getrieben werden kann,
ist vorüber, weil ihr Kredit, es mag dahingestellt bleiben, durch wessen Schuld,
verscherzt und nicht wieder zurückzuerobern ist. Wenn die Regierung mit
voller Wahrhaftigkeit versichern kann, daß keine Äußerung, als die aus ihrem
Bureau hervorgegcmgnen, mit ihrem Wissen und Willen von ihr ausgehen,
daß keine Federn, als die dort arbeitenden, in ihrem Solde stehen, dann wird
auch endlich der Unfug aufhören, daß, wie jetzt, jeder mittelbar oder unmittelbar
von der Regierung abhängige Berichterstatter unter der Maske des Offiziosen-
tums fröhlich drauf losschreibt und der Regierung dadurch mehr Verlegenheit
und den Zeitungen und ihren Lesern mehr Verdruß macht, als er je Gutes stiften
kann. Auch dann werden noch Beamte und sonstige Leute, die zu amtlichen
Stellen in irgendwelcher Beziehung stehen, Zeitungen bedienen, aber man wird
sich bald davon überzeugen, daß sie das auf eigne Faust thun, und daß für
ihre Auslassungen die Negierung und ihre maßgebenden Stellen nicht verant¬
wortlich gemacht werden dürfen.

Ganz ähnlich, wie im Staate, liegen übrigens im kleinen die Verhält¬
nisse in der Gemeinde. Auch unsre städtischen Behörden, die großen wie die
kleinen, sollten nicht dulden, daß sich allerhand untergeordnete Preßmenschen
auf Hintertreppen an ebenso untergeordnete Beamte hinanschlängeln, um aus
deren Mund irgend etwas über die neuesten Pläne und Absichten der Be¬
hörden zu ergattern, sie sollten alle Geheimniskrämerei beiseite lassen und es
nicht für unter ihrer Würde halten, die jeweilig anständigste Zeitung der
Stadt mit den nötigen Nachrichten über städtische Angelegenheiten zu ver¬
sorgen.




Zur Kenntnis der englischen Weltpolitik
2 ^

ir wollen heute deu gewaltigen politischen Organismus betrachten,
der wie ein in ungeheuern Knoten verknüpftes Netz über die
Erde hiugewachsen ist, das sich von Jahr zu Jahr dichter zu¬
sammenzieht. Seine Kraft saugt er ans dem größten und
ausgebreitetsten Landbesitz und der stärksten Seemacht dieses und
aller Zeitalter und einem unerschöpflichen Reichtnni. Es liegt in seinem Wesen,


organ zu vermitteln haben. Demut müßte aber auch die Thätigkeit des offi¬
ziösen Preßbüreaus erschöpft sein.

Ein derart eingerichtetes und arbeitendes Preßbüreau, dessen Erzeugnisse
für jedermann kenntlich und für die gesamte Presse, von der größten Tages¬
zeitung bis zum geringsten Wochenblüttchen herab, brauchbar wären und wert¬
volles Material böten, würde der Regierung wie dein Volke nützen. Die
Zeit, wo durch offiziöse Federn Stimmungsmacherei getrieben werden kann,
ist vorüber, weil ihr Kredit, es mag dahingestellt bleiben, durch wessen Schuld,
verscherzt und nicht wieder zurückzuerobern ist. Wenn die Regierung mit
voller Wahrhaftigkeit versichern kann, daß keine Äußerung, als die aus ihrem
Bureau hervorgegcmgnen, mit ihrem Wissen und Willen von ihr ausgehen,
daß keine Federn, als die dort arbeitenden, in ihrem Solde stehen, dann wird
auch endlich der Unfug aufhören, daß, wie jetzt, jeder mittelbar oder unmittelbar
von der Regierung abhängige Berichterstatter unter der Maske des Offiziosen-
tums fröhlich drauf losschreibt und der Regierung dadurch mehr Verlegenheit
und den Zeitungen und ihren Lesern mehr Verdruß macht, als er je Gutes stiften
kann. Auch dann werden noch Beamte und sonstige Leute, die zu amtlichen
Stellen in irgendwelcher Beziehung stehen, Zeitungen bedienen, aber man wird
sich bald davon überzeugen, daß sie das auf eigne Faust thun, und daß für
ihre Auslassungen die Negierung und ihre maßgebenden Stellen nicht verant¬
wortlich gemacht werden dürfen.

Ganz ähnlich, wie im Staate, liegen übrigens im kleinen die Verhält¬
nisse in der Gemeinde. Auch unsre städtischen Behörden, die großen wie die
kleinen, sollten nicht dulden, daß sich allerhand untergeordnete Preßmenschen
auf Hintertreppen an ebenso untergeordnete Beamte hinanschlängeln, um aus
deren Mund irgend etwas über die neuesten Pläne und Absichten der Be¬
hörden zu ergattern, sie sollten alle Geheimniskrämerei beiseite lassen und es
nicht für unter ihrer Würde halten, die jeweilig anständigste Zeitung der
Stadt mit den nötigen Nachrichten über städtische Angelegenheiten zu ver¬
sorgen.




Zur Kenntnis der englischen Weltpolitik
2 ^

ir wollen heute deu gewaltigen politischen Organismus betrachten,
der wie ein in ungeheuern Knoten verknüpftes Netz über die
Erde hiugewachsen ist, das sich von Jahr zu Jahr dichter zu¬
sammenzieht. Seine Kraft saugt er ans dem größten und
ausgebreitetsten Landbesitz und der stärksten Seemacht dieses und
aller Zeitalter und einem unerschöpflichen Reichtnni. Es liegt in seinem Wesen,


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[0207] organ zu vermitteln haben. Demut müßte aber auch die Thätigkeit des offi¬ ziösen Preßbüreaus erschöpft sein. Ein derart eingerichtetes und arbeitendes Preßbüreau, dessen Erzeugnisse für jedermann kenntlich und für die gesamte Presse, von der größten Tages¬ zeitung bis zum geringsten Wochenblüttchen herab, brauchbar wären und wert¬ volles Material böten, würde der Regierung wie dein Volke nützen. Die Zeit, wo durch offiziöse Federn Stimmungsmacherei getrieben werden kann, ist vorüber, weil ihr Kredit, es mag dahingestellt bleiben, durch wessen Schuld, verscherzt und nicht wieder zurückzuerobern ist. Wenn die Regierung mit voller Wahrhaftigkeit versichern kann, daß keine Äußerung, als die aus ihrem Bureau hervorgegcmgnen, mit ihrem Wissen und Willen von ihr ausgehen, daß keine Federn, als die dort arbeitenden, in ihrem Solde stehen, dann wird auch endlich der Unfug aufhören, daß, wie jetzt, jeder mittelbar oder unmittelbar von der Regierung abhängige Berichterstatter unter der Maske des Offiziosen- tums fröhlich drauf losschreibt und der Regierung dadurch mehr Verlegenheit und den Zeitungen und ihren Lesern mehr Verdruß macht, als er je Gutes stiften kann. Auch dann werden noch Beamte und sonstige Leute, die zu amtlichen Stellen in irgendwelcher Beziehung stehen, Zeitungen bedienen, aber man wird sich bald davon überzeugen, daß sie das auf eigne Faust thun, und daß für ihre Auslassungen die Negierung und ihre maßgebenden Stellen nicht verant¬ wortlich gemacht werden dürfen. Ganz ähnlich, wie im Staate, liegen übrigens im kleinen die Verhält¬ nisse in der Gemeinde. Auch unsre städtischen Behörden, die großen wie die kleinen, sollten nicht dulden, daß sich allerhand untergeordnete Preßmenschen auf Hintertreppen an ebenso untergeordnete Beamte hinanschlängeln, um aus deren Mund irgend etwas über die neuesten Pläne und Absichten der Be¬ hörden zu ergattern, sie sollten alle Geheimniskrämerei beiseite lassen und es nicht für unter ihrer Würde halten, die jeweilig anständigste Zeitung der Stadt mit den nötigen Nachrichten über städtische Angelegenheiten zu ver¬ sorgen. Zur Kenntnis der englischen Weltpolitik 2 ^ ir wollen heute deu gewaltigen politischen Organismus betrachten, der wie ein in ungeheuern Knoten verknüpftes Netz über die Erde hiugewachsen ist, das sich von Jahr zu Jahr dichter zu¬ sammenzieht. Seine Kraft saugt er ans dem größten und ausgebreitetsten Landbesitz und der stärksten Seemacht dieses und aller Zeitalter und einem unerschöpflichen Reichtnni. Es liegt in seinem Wesen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219001/207>, abgerufen am 28.04.2024.