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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

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Die kunsthistorische Gesellschaft
für photographische Publikationen

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,^^?HW'4er heute den Werken der bildenden Kunst regern Anteil zuwendet,
der weiß auch, welchen Dank er der Photographie schuldet. Selbst
der Glückliche, der "über Berg" Paläste. Kirchen und Samm¬
lungen durchwandert hat, erfreut sich oft noch an den braunen
Erinnerungsblättern, wenn nun wieder Nebel und Ruß über ihm
walten. Wie viel mehr begehren alle die, die ihr Verlangen nach der Schön¬
heit nicht dnrch weite Reisen befriedigen können, wenigstens im Bilde zu be¬
sitzen, was sie leibhaftig selten oder nie schauen dürfen. Und wem es nun
gar ein bestimmter Meister, ein bestimmter Stil besonders angethan hat, der
strebt erst recht darnach, beisammen zu haben, was hier und dort zerstreut
liegt, um zu ordnen und zu vergleichen und so ein Urteil zu gewinnen, das
auf dem ganzen Werk eines Künstlers oder einer Zeit beruht.

Es ist denn auch viel geschehen, unsre immer wachsende Begehrlichkeit zu
befriedigen. Die Werke der deutschen Architektur und Plastik werden allmäh¬
lich durch die mustergiltigen Meßbildaufncchmeu vielen zugänglich gemacht.
Braun und Hanfstängel -- so mancher andern nicht zu gedenken -- haben die
Schätze unsrer Galerien gehoben. Und unsre Reichsdruckerei fährt fort, Kupfer¬
stich und Holzschnitt der alten Meister täuschend nachzubilden. Die Kunst
jenseits der Alpen haben jetzt namentlich die großen italienischen Verlags¬
anstalten weiten Kreisen erschlossen, und für die Niederlande, England,
Spanien und Frankreich liegen ebenfalls manche wertvolle Veröffentlichungen
vor. Endlich verbreiten Zeitschriften und Bilderwerke die einmal gewonnenen
Aufnahmen überall hin.

Aber alle diese Unternehmungen einzelner Verlagsanstalten müssen not¬
wendig dem Geschäftsinteresse dienen. Selbst eine nach höhern Gesichtspunkten
geleitete Anstalt, die zu beträchtlichen Opfern bereit wäre, könnte schwerlich
daran denken, vereinzelte, an entlegnen Orten weit zerstreute Denkmäler auf¬
nehmen zu lassen: der Absatz würde die Kosten nicht decken. So bleibt denn
manches köstliche Kunstwerk, hier in einer deutschen Dorfkirche, dort in einem




Die kunsthistorische Gesellschaft
für photographische Publikationen

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,^^?HW'4er heute den Werken der bildenden Kunst regern Anteil zuwendet,
der weiß auch, welchen Dank er der Photographie schuldet. Selbst
der Glückliche, der „über Berg" Paläste. Kirchen und Samm¬
lungen durchwandert hat, erfreut sich oft noch an den braunen
Erinnerungsblättern, wenn nun wieder Nebel und Ruß über ihm
walten. Wie viel mehr begehren alle die, die ihr Verlangen nach der Schön¬
heit nicht dnrch weite Reisen befriedigen können, wenigstens im Bilde zu be¬
sitzen, was sie leibhaftig selten oder nie schauen dürfen. Und wem es nun
gar ein bestimmter Meister, ein bestimmter Stil besonders angethan hat, der
strebt erst recht darnach, beisammen zu haben, was hier und dort zerstreut
liegt, um zu ordnen und zu vergleichen und so ein Urteil zu gewinnen, das
auf dem ganzen Werk eines Künstlers oder einer Zeit beruht.

Es ist denn auch viel geschehen, unsre immer wachsende Begehrlichkeit zu
befriedigen. Die Werke der deutschen Architektur und Plastik werden allmäh¬
lich durch die mustergiltigen Meßbildaufncchmeu vielen zugänglich gemacht.
Braun und Hanfstängel — so mancher andern nicht zu gedenken — haben die
Schätze unsrer Galerien gehoben. Und unsre Reichsdruckerei fährt fort, Kupfer¬
stich und Holzschnitt der alten Meister täuschend nachzubilden. Die Kunst
jenseits der Alpen haben jetzt namentlich die großen italienischen Verlags¬
anstalten weiten Kreisen erschlossen, und für die Niederlande, England,
Spanien und Frankreich liegen ebenfalls manche wertvolle Veröffentlichungen
vor. Endlich verbreiten Zeitschriften und Bilderwerke die einmal gewonnenen
Aufnahmen überall hin.

Aber alle diese Unternehmungen einzelner Verlagsanstalten müssen not¬
wendig dem Geschäftsinteresse dienen. Selbst eine nach höhern Gesichtspunkten
geleitete Anstalt, die zu beträchtlichen Opfern bereit wäre, könnte schwerlich
daran denken, vereinzelte, an entlegnen Orten weit zerstreute Denkmäler auf¬
nehmen zu lassen: der Absatz würde die Kosten nicht decken. So bleibt denn
manches köstliche Kunstwerk, hier in einer deutschen Dorfkirche, dort in einem


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[0092] [Abbildung] Die kunsthistorische Gesellschaft für photographische Publikationen ^ML ,^^?HW'4er heute den Werken der bildenden Kunst regern Anteil zuwendet, der weiß auch, welchen Dank er der Photographie schuldet. Selbst der Glückliche, der „über Berg" Paläste. Kirchen und Samm¬ lungen durchwandert hat, erfreut sich oft noch an den braunen Erinnerungsblättern, wenn nun wieder Nebel und Ruß über ihm walten. Wie viel mehr begehren alle die, die ihr Verlangen nach der Schön¬ heit nicht dnrch weite Reisen befriedigen können, wenigstens im Bilde zu be¬ sitzen, was sie leibhaftig selten oder nie schauen dürfen. Und wem es nun gar ein bestimmter Meister, ein bestimmter Stil besonders angethan hat, der strebt erst recht darnach, beisammen zu haben, was hier und dort zerstreut liegt, um zu ordnen und zu vergleichen und so ein Urteil zu gewinnen, das auf dem ganzen Werk eines Künstlers oder einer Zeit beruht. Es ist denn auch viel geschehen, unsre immer wachsende Begehrlichkeit zu befriedigen. Die Werke der deutschen Architektur und Plastik werden allmäh¬ lich durch die mustergiltigen Meßbildaufncchmeu vielen zugänglich gemacht. Braun und Hanfstängel — so mancher andern nicht zu gedenken — haben die Schätze unsrer Galerien gehoben. Und unsre Reichsdruckerei fährt fort, Kupfer¬ stich und Holzschnitt der alten Meister täuschend nachzubilden. Die Kunst jenseits der Alpen haben jetzt namentlich die großen italienischen Verlags¬ anstalten weiten Kreisen erschlossen, und für die Niederlande, England, Spanien und Frankreich liegen ebenfalls manche wertvolle Veröffentlichungen vor. Endlich verbreiten Zeitschriften und Bilderwerke die einmal gewonnenen Aufnahmen überall hin. Aber alle diese Unternehmungen einzelner Verlagsanstalten müssen not¬ wendig dem Geschäftsinteresse dienen. Selbst eine nach höhern Gesichtspunkten geleitete Anstalt, die zu beträchtlichen Opfern bereit wäre, könnte schwerlich daran denken, vereinzelte, an entlegnen Orten weit zerstreute Denkmäler auf¬ nehmen zu lassen: der Absatz würde die Kosten nicht decken. So bleibt denn manches köstliche Kunstwerk, hier in einer deutschen Dorfkirche, dort in einem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/92>, abgerufen am 28.04.2024.