Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Litteratur

zeichnen, sondern die vou der Lage des Weltmarkts abhängt. Kurz, wie wir auch
die Absichten der Agrarier zergliedern mögen, überall treffen wir die Wahnvor¬
stellung, daß die Preisbildung in der Willkür einzelner Menschen liege. Inzwischen
hat sich auch gezeigt, daß die Natur mächtiger ist als die Menschen. Auf dem
Weltmarkt hat ein Steigen der Preise stattgefunden, das nicht der Wirkung irgend
welcher gesetzgeberischen Experimente zugeschrieben werden kann. Was aber gilt
den Agrariern eine Wohlthat, die der Landwirtschaft nicht durch ihre Gesetzeskunst
zu teil wird! Um diese Kunst zu zeigen, muß der Kampf gegen die Getreidebörse
fortgesetzt werden. Darum zetern die Agrarier darüber, daß ihnen durch das Aus¬
wandern der Börsenmänner nach dem Feenpalast ihre Beute entschlüpft ist. Darum
rufen sie weiter nach der Gesetzgebung. Ja was soll denn die Gesetzgebung?
Hintern, daß Käufer und Verkäufer zum Austausch ihrer Ware zusammenkommen?
Die Gesetzgebung wird darüber zu entscheiden haben, ob sie sich weiter ans die
Bahn des Unsinns drängen lassen oder sich von der Botmäßigkeit der Agrarier
frei machen will.




Litteratur

SchleZwig-Holstein mcerumschlungen in Wort und Bild. Herausgegeben von
Hippolut Haas, Hermann Krumm und FriK Stoltenberg. Kiel, Lipsius und Tischer.
Preis geb. Is Mark.

Dieses Werk wurde durch die Schleswig-Holsteinische Landesausstellung vom
vorigen Jahre hervorgerufen, ist aber weit über den ursprünglich festgesetzten Um¬
fang hinausgewachsen und als starker Kleinfolioband von 470 Seiten in vornehmster
Druckausstattuug mit nahezu 500 Abbildungen das Muster eines Prachtwerks zur
Heimatkunde geworden, wie man es jedem deutschen Lande wünschen möchte. Die
Versuche, solche Werke zu schaffen, haben in unserm Jahrhundert in Deutschland
nie aufgehört, und es ist, von Freiligrath-Schückings "Malerischen und romantischem
Westphaleu" an bis auf die fünfbändige, unter H. W. Richis Leitung heraus-
gegebne "Bavaria, Landes- und Volkskunde des Königreichs Baiern" manches
Vorzügliche entstanden, aber nach einem einheitlichen Plane ist man bisher bei uns
uoch nicht vorgegangen, und auf die wirklichen, naheliegenden Bedürfnisse des Volkes,
das sich vor allem seiner Heimat freuen will, hat man selten genügend Rücksicht
genommen. Die Freude an der Heimat zu wecken und zu nähren ist nun dieses
Werk über Schleswig-Holstein besonders geeignet; nur schade, daß sein an und für
sich mäßiger Preis doch die Verbreitung bis in die untersten Volkskreise hindert --
möge es wenigstens überall in die Volksbibliotheken gestiftet und, wo es angeht,
zu Prämienzwecken benutzt werden! Geschaffen ist das Buch, sowohl sein Text
wie seine Illustration, natürlich von Schleswig-Holsteineru und solchen Angehörigen
andrer deutscher Stämme, die in dem meerumschlungnen Lande heimisch geworden
sind; außer den Herausgeber" haben siebzehn Schriftsteller und dreizehn Maler
und Zeichner daran mitgearbeitet. Das könnte nun ein große Verschiedenheit der
Beiträge zur Folge gehabt habe", doch ist das nicht der Fall, jeder Mitarbeiter


Litteratur

zeichnen, sondern die vou der Lage des Weltmarkts abhängt. Kurz, wie wir auch
die Absichten der Agrarier zergliedern mögen, überall treffen wir die Wahnvor¬
stellung, daß die Preisbildung in der Willkür einzelner Menschen liege. Inzwischen
hat sich auch gezeigt, daß die Natur mächtiger ist als die Menschen. Auf dem
Weltmarkt hat ein Steigen der Preise stattgefunden, das nicht der Wirkung irgend
welcher gesetzgeberischen Experimente zugeschrieben werden kann. Was aber gilt
den Agrariern eine Wohlthat, die der Landwirtschaft nicht durch ihre Gesetzeskunst
zu teil wird! Um diese Kunst zu zeigen, muß der Kampf gegen die Getreidebörse
fortgesetzt werden. Darum zetern die Agrarier darüber, daß ihnen durch das Aus¬
wandern der Börsenmänner nach dem Feenpalast ihre Beute entschlüpft ist. Darum
rufen sie weiter nach der Gesetzgebung. Ja was soll denn die Gesetzgebung?
Hintern, daß Käufer und Verkäufer zum Austausch ihrer Ware zusammenkommen?
Die Gesetzgebung wird darüber zu entscheiden haben, ob sie sich weiter ans die
Bahn des Unsinns drängen lassen oder sich von der Botmäßigkeit der Agrarier
frei machen will.




Litteratur

SchleZwig-Holstein mcerumschlungen in Wort und Bild. Herausgegeben von
Hippolut Haas, Hermann Krumm und FriK Stoltenberg. Kiel, Lipsius und Tischer.
Preis geb. Is Mark.

Dieses Werk wurde durch die Schleswig-Holsteinische Landesausstellung vom
vorigen Jahre hervorgerufen, ist aber weit über den ursprünglich festgesetzten Um¬
fang hinausgewachsen und als starker Kleinfolioband von 470 Seiten in vornehmster
Druckausstattuug mit nahezu 500 Abbildungen das Muster eines Prachtwerks zur
Heimatkunde geworden, wie man es jedem deutschen Lande wünschen möchte. Die
Versuche, solche Werke zu schaffen, haben in unserm Jahrhundert in Deutschland
nie aufgehört, und es ist, von Freiligrath-Schückings „Malerischen und romantischem
Westphaleu" an bis auf die fünfbändige, unter H. W. Richis Leitung heraus-
gegebne „Bavaria, Landes- und Volkskunde des Königreichs Baiern" manches
Vorzügliche entstanden, aber nach einem einheitlichen Plane ist man bisher bei uns
uoch nicht vorgegangen, und auf die wirklichen, naheliegenden Bedürfnisse des Volkes,
das sich vor allem seiner Heimat freuen will, hat man selten genügend Rücksicht
genommen. Die Freude an der Heimat zu wecken und zu nähren ist nun dieses
Werk über Schleswig-Holstein besonders geeignet; nur schade, daß sein an und für
sich mäßiger Preis doch die Verbreitung bis in die untersten Volkskreise hindert —
möge es wenigstens überall in die Volksbibliotheken gestiftet und, wo es angeht,
zu Prämienzwecken benutzt werden! Geschaffen ist das Buch, sowohl sein Text
wie seine Illustration, natürlich von Schleswig-Holsteineru und solchen Angehörigen
andrer deutscher Stämme, die in dem meerumschlungnen Lande heimisch geworden
sind; außer den Herausgeber» haben siebzehn Schriftsteller und dreizehn Maler
und Zeichner daran mitgearbeitet. Das könnte nun ein große Verschiedenheit der
Beiträge zur Folge gehabt habe«, doch ist das nicht der Fall, jeder Mitarbeiter


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0159" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224405"/>
            <fw type="header" place="top"> Litteratur</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_437" prev="#ID_436"> zeichnen, sondern die vou der Lage des Weltmarkts abhängt. Kurz, wie wir auch<lb/>
die Absichten der Agrarier zergliedern mögen, überall treffen wir die Wahnvor¬<lb/>
stellung, daß die Preisbildung in der Willkür einzelner Menschen liege. Inzwischen<lb/>
hat sich auch gezeigt, daß die Natur mächtiger ist als die Menschen. Auf dem<lb/>
Weltmarkt hat ein Steigen der Preise stattgefunden, das nicht der Wirkung irgend<lb/>
welcher gesetzgeberischen Experimente zugeschrieben werden kann. Was aber gilt<lb/>
den Agrariern eine Wohlthat, die der Landwirtschaft nicht durch ihre Gesetzeskunst<lb/>
zu teil wird! Um diese Kunst zu zeigen, muß der Kampf gegen die Getreidebörse<lb/>
fortgesetzt werden. Darum zetern die Agrarier darüber, daß ihnen durch das Aus¬<lb/>
wandern der Börsenmänner nach dem Feenpalast ihre Beute entschlüpft ist. Darum<lb/>
rufen sie weiter nach der Gesetzgebung. Ja was soll denn die Gesetzgebung?<lb/>
Hintern, daß Käufer und Verkäufer zum Austausch ihrer Ware zusammenkommen?<lb/>
Die Gesetzgebung wird darüber zu entscheiden haben, ob sie sich weiter ans die<lb/>
Bahn des Unsinns drängen lassen oder sich von der Botmäßigkeit der Agrarier<lb/>
frei machen will.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Litteratur</head><lb/>
          <p xml:id="ID_438"> SchleZwig-Holstein mcerumschlungen in Wort und Bild. Herausgegeben von<lb/>
Hippolut Haas, Hermann Krumm und FriK Stoltenberg. Kiel, Lipsius und Tischer.<lb/>
Preis geb. Is Mark.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_439" next="#ID_440"> Dieses Werk wurde durch die Schleswig-Holsteinische Landesausstellung vom<lb/>
vorigen Jahre hervorgerufen, ist aber weit über den ursprünglich festgesetzten Um¬<lb/>
fang hinausgewachsen und als starker Kleinfolioband von 470 Seiten in vornehmster<lb/>
Druckausstattuug mit nahezu 500 Abbildungen das Muster eines Prachtwerks zur<lb/>
Heimatkunde geworden, wie man es jedem deutschen Lande wünschen möchte. Die<lb/>
Versuche, solche Werke zu schaffen, haben in unserm Jahrhundert in Deutschland<lb/>
nie aufgehört, und es ist, von Freiligrath-Schückings &#x201E;Malerischen und romantischem<lb/>
Westphaleu" an bis auf die fünfbändige, unter H. W. Richis Leitung heraus-<lb/>
gegebne &#x201E;Bavaria, Landes- und Volkskunde des Königreichs Baiern" manches<lb/>
Vorzügliche entstanden, aber nach einem einheitlichen Plane ist man bisher bei uns<lb/>
uoch nicht vorgegangen, und auf die wirklichen, naheliegenden Bedürfnisse des Volkes,<lb/>
das sich vor allem seiner Heimat freuen will, hat man selten genügend Rücksicht<lb/>
genommen. Die Freude an der Heimat zu wecken und zu nähren ist nun dieses<lb/>
Werk über Schleswig-Holstein besonders geeignet; nur schade, daß sein an und für<lb/>
sich mäßiger Preis doch die Verbreitung bis in die untersten Volkskreise hindert &#x2014;<lb/>
möge es wenigstens überall in die Volksbibliotheken gestiftet und, wo es angeht,<lb/>
zu Prämienzwecken benutzt werden! Geschaffen ist das Buch, sowohl sein Text<lb/>
wie seine Illustration, natürlich von Schleswig-Holsteineru und solchen Angehörigen<lb/>
andrer deutscher Stämme, die in dem meerumschlungnen Lande heimisch geworden<lb/>
sind; außer den Herausgeber» haben siebzehn Schriftsteller und dreizehn Maler<lb/>
und Zeichner daran mitgearbeitet. Das könnte nun ein große Verschiedenheit der<lb/>
Beiträge zur Folge gehabt habe«, doch ist das nicht der Fall, jeder Mitarbeiter</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0159] Litteratur zeichnen, sondern die vou der Lage des Weltmarkts abhängt. Kurz, wie wir auch die Absichten der Agrarier zergliedern mögen, überall treffen wir die Wahnvor¬ stellung, daß die Preisbildung in der Willkür einzelner Menschen liege. Inzwischen hat sich auch gezeigt, daß die Natur mächtiger ist als die Menschen. Auf dem Weltmarkt hat ein Steigen der Preise stattgefunden, das nicht der Wirkung irgend welcher gesetzgeberischen Experimente zugeschrieben werden kann. Was aber gilt den Agrariern eine Wohlthat, die der Landwirtschaft nicht durch ihre Gesetzeskunst zu teil wird! Um diese Kunst zu zeigen, muß der Kampf gegen die Getreidebörse fortgesetzt werden. Darum zetern die Agrarier darüber, daß ihnen durch das Aus¬ wandern der Börsenmänner nach dem Feenpalast ihre Beute entschlüpft ist. Darum rufen sie weiter nach der Gesetzgebung. Ja was soll denn die Gesetzgebung? Hintern, daß Käufer und Verkäufer zum Austausch ihrer Ware zusammenkommen? Die Gesetzgebung wird darüber zu entscheiden haben, ob sie sich weiter ans die Bahn des Unsinns drängen lassen oder sich von der Botmäßigkeit der Agrarier frei machen will. Litteratur SchleZwig-Holstein mcerumschlungen in Wort und Bild. Herausgegeben von Hippolut Haas, Hermann Krumm und FriK Stoltenberg. Kiel, Lipsius und Tischer. Preis geb. Is Mark. Dieses Werk wurde durch die Schleswig-Holsteinische Landesausstellung vom vorigen Jahre hervorgerufen, ist aber weit über den ursprünglich festgesetzten Um¬ fang hinausgewachsen und als starker Kleinfolioband von 470 Seiten in vornehmster Druckausstattuug mit nahezu 500 Abbildungen das Muster eines Prachtwerks zur Heimatkunde geworden, wie man es jedem deutschen Lande wünschen möchte. Die Versuche, solche Werke zu schaffen, haben in unserm Jahrhundert in Deutschland nie aufgehört, und es ist, von Freiligrath-Schückings „Malerischen und romantischem Westphaleu" an bis auf die fünfbändige, unter H. W. Richis Leitung heraus- gegebne „Bavaria, Landes- und Volkskunde des Königreichs Baiern" manches Vorzügliche entstanden, aber nach einem einheitlichen Plane ist man bisher bei uns uoch nicht vorgegangen, und auf die wirklichen, naheliegenden Bedürfnisse des Volkes, das sich vor allem seiner Heimat freuen will, hat man selten genügend Rücksicht genommen. Die Freude an der Heimat zu wecken und zu nähren ist nun dieses Werk über Schleswig-Holstein besonders geeignet; nur schade, daß sein an und für sich mäßiger Preis doch die Verbreitung bis in die untersten Volkskreise hindert — möge es wenigstens überall in die Volksbibliotheken gestiftet und, wo es angeht, zu Prämienzwecken benutzt werden! Geschaffen ist das Buch, sowohl sein Text wie seine Illustration, natürlich von Schleswig-Holsteineru und solchen Angehörigen andrer deutscher Stämme, die in dem meerumschlungnen Lande heimisch geworden sind; außer den Herausgeber» haben siebzehn Schriftsteller und dreizehn Maler und Zeichner daran mitgearbeitet. Das könnte nun ein große Verschiedenheit der Beiträge zur Folge gehabt habe«, doch ist das nicht der Fall, jeder Mitarbeiter

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245/159
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245/159>, abgerufen am 01.05.2024.