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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.

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Der Friede von Abif Abeba und seine Folgen

eneliks Sommerresidenz, unweit Antoto im fernen Schoa gelegen,
hat es, obwohl sie noch nicht zehn Jahre besteht, schon zu der
Ehre einer geschichtlichen Stadt gebracht. Dort wurde am
26. Oktober vorigen Jahres zwischen dein italienischen Ober¬
stabsarzt I)r. Nerazzini und dem Negus Regest ein Friede ver¬
einbart, der dem Kriegszustande zwischen Italien und Abesstnien ein Ende
machte; ein Friede, auf den, dank der Mäßigung Mencliks, das seit Ätna
beliebte Stichwort ouorsvoliz so ziemlich paßt, der aber trotzdem für Italien
mehr bedeutet als materielle Opfer auf Grund eines Verlornen Feldzugs: der
26. Oktober 1896 ist ein Wendepunkt für die italienischen Kolonialbestrebungen,
vielleicht gar die Einleitung zu einem gänzlichen Rückzug aus Afrika. Aber
nicht nur Italien wird durch die Verschiebung der Machtverhültnisse im Westen
des Roten Meeres, "riofür der Friede von Abif Abeba die feierliche Bekräfti¬
gung war, betroffen, sondern -- hier mehr, dort weniger -- die gesamte euro¬
päische Kolonialpolitik. Dafür liegen, obwohl seit dem Bekanntwerden des
Friedensschlusses erst einige Monate verflossen sind, schon interessante An¬
zeichen vor. - , ,

Wir können hier nicht den Friedensverhandlungen in allen ihren Einzel¬
heiten folgen. Nors alxzWiuioo wurden sie von Ras Makonnen, dem Statt¬
halter von Harrnr und Führer des Vorhutheeres Meneliks, schon eröffnet,
bevor noch ein Schuß gefallen war (im November 1895). Dann begleiteten
sie die militärischen Operationen und versprachen am meisten Aussicht auf
Erfolg, als sich Menelik nach der Schlacht bei Ätna zum Rückzug nach Schoa
rüstete. Des Hinhaltens von italienischer Seite müde, brach er die Verhand¬
lungen Ende März 1896 in schroffer Weise ab. Was sollte nun aus den


Grenzboten I 1897 34


Der Friede von Abif Abeba und seine Folgen

eneliks Sommerresidenz, unweit Antoto im fernen Schoa gelegen,
hat es, obwohl sie noch nicht zehn Jahre besteht, schon zu der
Ehre einer geschichtlichen Stadt gebracht. Dort wurde am
26. Oktober vorigen Jahres zwischen dein italienischen Ober¬
stabsarzt I)r. Nerazzini und dem Negus Regest ein Friede ver¬
einbart, der dem Kriegszustande zwischen Italien und Abesstnien ein Ende
machte; ein Friede, auf den, dank der Mäßigung Mencliks, das seit Ätna
beliebte Stichwort ouorsvoliz so ziemlich paßt, der aber trotzdem für Italien
mehr bedeutet als materielle Opfer auf Grund eines Verlornen Feldzugs: der
26. Oktober 1896 ist ein Wendepunkt für die italienischen Kolonialbestrebungen,
vielleicht gar die Einleitung zu einem gänzlichen Rückzug aus Afrika. Aber
nicht nur Italien wird durch die Verschiebung der Machtverhültnisse im Westen
des Roten Meeres, »riofür der Friede von Abif Abeba die feierliche Bekräfti¬
gung war, betroffen, sondern — hier mehr, dort weniger — die gesamte euro¬
päische Kolonialpolitik. Dafür liegen, obwohl seit dem Bekanntwerden des
Friedensschlusses erst einige Monate verflossen sind, schon interessante An¬
zeichen vor. - , ,

Wir können hier nicht den Friedensverhandlungen in allen ihren Einzel¬
heiten folgen. Nors alxzWiuioo wurden sie von Ras Makonnen, dem Statt¬
halter von Harrnr und Führer des Vorhutheeres Meneliks, schon eröffnet,
bevor noch ein Schuß gefallen war (im November 1895). Dann begleiteten
sie die militärischen Operationen und versprachen am meisten Aussicht auf
Erfolg, als sich Menelik nach der Schlacht bei Ätna zum Rückzug nach Schoa
rüstete. Des Hinhaltens von italienischer Seite müde, brach er die Verhand¬
lungen Ende März 1896 in schroffer Weise ab. Was sollte nun aus den


Grenzboten I 1897 34
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[0273] [Abbildung] Der Friede von Abif Abeba und seine Folgen eneliks Sommerresidenz, unweit Antoto im fernen Schoa gelegen, hat es, obwohl sie noch nicht zehn Jahre besteht, schon zu der Ehre einer geschichtlichen Stadt gebracht. Dort wurde am 26. Oktober vorigen Jahres zwischen dein italienischen Ober¬ stabsarzt I)r. Nerazzini und dem Negus Regest ein Friede ver¬ einbart, der dem Kriegszustande zwischen Italien und Abesstnien ein Ende machte; ein Friede, auf den, dank der Mäßigung Mencliks, das seit Ätna beliebte Stichwort ouorsvoliz so ziemlich paßt, der aber trotzdem für Italien mehr bedeutet als materielle Opfer auf Grund eines Verlornen Feldzugs: der 26. Oktober 1896 ist ein Wendepunkt für die italienischen Kolonialbestrebungen, vielleicht gar die Einleitung zu einem gänzlichen Rückzug aus Afrika. Aber nicht nur Italien wird durch die Verschiebung der Machtverhültnisse im Westen des Roten Meeres, »riofür der Friede von Abif Abeba die feierliche Bekräfti¬ gung war, betroffen, sondern — hier mehr, dort weniger — die gesamte euro¬ päische Kolonialpolitik. Dafür liegen, obwohl seit dem Bekanntwerden des Friedensschlusses erst einige Monate verflossen sind, schon interessante An¬ zeichen vor. - , , Wir können hier nicht den Friedensverhandlungen in allen ihren Einzel¬ heiten folgen. Nors alxzWiuioo wurden sie von Ras Makonnen, dem Statt¬ halter von Harrnr und Führer des Vorhutheeres Meneliks, schon eröffnet, bevor noch ein Schuß gefallen war (im November 1895). Dann begleiteten sie die militärischen Operationen und versprachen am meisten Aussicht auf Erfolg, als sich Menelik nach der Schlacht bei Ätna zum Rückzug nach Schoa rüstete. Des Hinhaltens von italienischer Seite müde, brach er die Verhand¬ lungen Ende März 1896 in schroffer Weise ab. Was sollte nun aus den Grenzboten I 1897 34

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245/273>, abgerufen am 01.05.2024.