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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.

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Zoll- und handelspolitische Aussichten

die Frage der Armee für uns alle eine nationale Frage erster Klasse sei, und
nichts als eine nationale Frage."

Der Mann war nicht nur ein großer Patriot, sondern auch ein wahrer
Volksfreund; möchte recht bald bei uns allgemein erkannt werden, daß beide
Bezeichnungen zusammenfallen.




Zoll- und handelspolitische Aussichten

le ganze Einseitigkeit und Oberflächlichkeit, womit in einem
großen Teile der Presse die Fragen des öffentlichen Lebens be¬
handelt werden, hat sich wieder einmal bei der Beurteilung der
Äußerungen gezeigt, die der Staatssekretär des Reichsschatzamts
Graf von Pvsadowsky bei der Beratung des Quebrachozolles
über die Revision des autonomen Zolltarifs, über die gegenwärtig durch die
Handelsverträge geschaffne Lage und über die Zollabänderungen gethan hat,
die wir nach Ablauf und Neuabschluß der Handelsverträge vorzunehmen in
der Lage sein werden. Man hat sich zunächst aus diesen Äußerungen einen
Gegensatz zwischen den handelspolitischen Anschauungen der Staatssekretäre des
Reichsschatzamts und des Auswärtigen Amts") konstruirt, hat dann darin ein
verheißungsvolles Eingehen auf die einseitigen agrarischen Forderungen der
Konservativen erblicken zu dürfen geglaubt und daraus natürlich wieder einmal
auf eine mangelnde Übereinstimmung unter den verschiednen Ressorts der Reichs¬
regierung geschlossen. Es mag ja sein, daß Graf Pvsadowsky in Sachen der
Handelsvertragspolitik nicht ganz auf dem festen und entschied"?" Standpunkte
steht, wie sein Kollege im Auswärtigen Amte, daß er nicht so zu den un¬
bedingten Verteidigern dieser Politik wie Freiherr von Marschall gehört. Aus
de" Äußerungen aber, die er bei der Beratung des Quebrachozolles über den
Zolltarif und die Handelsverträge gethan hat, kann man solche Schlüsse uicht
ziehen, ohne der Lage wie seinen Worten Gewalt anzuthun.

Werfen wir zunächst eine" Blick auf die gegenwärtige Lage. Die



*) Dieser Aufsatz, der einen gelegentlichen Mitarbeiter dieser Zeitschrift im Südwesten
unsers Vaterlandes zum Verfasser hat, ging uns zu, bevor Staatssekretär Freiherr von Marschall
in der NeichStagssitzung vom 8. d. Mes. seinerseits Stellung zu den Auslassungen des Grafen
von Posadowstv genommen hatte. Da unser Gewährsmann die w irisch aftsvo Mische Lage aber
damals schon in völliger Übereinstimmung mit dem Staatssekretär des Auswärtigen beurteilte,
D. N. so haben seine Ausführungen durch dessen Erklärung eher gewonnen als verloren.
Zoll- und handelspolitische Aussichten

die Frage der Armee für uns alle eine nationale Frage erster Klasse sei, und
nichts als eine nationale Frage."

Der Mann war nicht nur ein großer Patriot, sondern auch ein wahrer
Volksfreund; möchte recht bald bei uns allgemein erkannt werden, daß beide
Bezeichnungen zusammenfallen.




Zoll- und handelspolitische Aussichten

le ganze Einseitigkeit und Oberflächlichkeit, womit in einem
großen Teile der Presse die Fragen des öffentlichen Lebens be¬
handelt werden, hat sich wieder einmal bei der Beurteilung der
Äußerungen gezeigt, die der Staatssekretär des Reichsschatzamts
Graf von Pvsadowsky bei der Beratung des Quebrachozolles
über die Revision des autonomen Zolltarifs, über die gegenwärtig durch die
Handelsverträge geschaffne Lage und über die Zollabänderungen gethan hat,
die wir nach Ablauf und Neuabschluß der Handelsverträge vorzunehmen in
der Lage sein werden. Man hat sich zunächst aus diesen Äußerungen einen
Gegensatz zwischen den handelspolitischen Anschauungen der Staatssekretäre des
Reichsschatzamts und des Auswärtigen Amts") konstruirt, hat dann darin ein
verheißungsvolles Eingehen auf die einseitigen agrarischen Forderungen der
Konservativen erblicken zu dürfen geglaubt und daraus natürlich wieder einmal
auf eine mangelnde Übereinstimmung unter den verschiednen Ressorts der Reichs¬
regierung geschlossen. Es mag ja sein, daß Graf Pvsadowsky in Sachen der
Handelsvertragspolitik nicht ganz auf dem festen und entschied»?» Standpunkte
steht, wie sein Kollege im Auswärtigen Amte, daß er nicht so zu den un¬
bedingten Verteidigern dieser Politik wie Freiherr von Marschall gehört. Aus
de» Äußerungen aber, die er bei der Beratung des Quebrachozolles über den
Zolltarif und die Handelsverträge gethan hat, kann man solche Schlüsse uicht
ziehen, ohne der Lage wie seinen Worten Gewalt anzuthun.

Werfen wir zunächst eine» Blick auf die gegenwärtige Lage. Die



*) Dieser Aufsatz, der einen gelegentlichen Mitarbeiter dieser Zeitschrift im Südwesten
unsers Vaterlandes zum Verfasser hat, ging uns zu, bevor Staatssekretär Freiherr von Marschall
in der NeichStagssitzung vom 8. d. Mes. seinerseits Stellung zu den Auslassungen des Grafen
von Posadowstv genommen hatte. Da unser Gewährsmann die w irisch aftsvo Mische Lage aber
damals schon in völliger Übereinstimmung mit dem Staatssekretär des Auswärtigen beurteilte,
D. N. so haben seine Ausführungen durch dessen Erklärung eher gewonnen als verloren.
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[0337] Zoll- und handelspolitische Aussichten die Frage der Armee für uns alle eine nationale Frage erster Klasse sei, und nichts als eine nationale Frage." Der Mann war nicht nur ein großer Patriot, sondern auch ein wahrer Volksfreund; möchte recht bald bei uns allgemein erkannt werden, daß beide Bezeichnungen zusammenfallen. Zoll- und handelspolitische Aussichten le ganze Einseitigkeit und Oberflächlichkeit, womit in einem großen Teile der Presse die Fragen des öffentlichen Lebens be¬ handelt werden, hat sich wieder einmal bei der Beurteilung der Äußerungen gezeigt, die der Staatssekretär des Reichsschatzamts Graf von Pvsadowsky bei der Beratung des Quebrachozolles über die Revision des autonomen Zolltarifs, über die gegenwärtig durch die Handelsverträge geschaffne Lage und über die Zollabänderungen gethan hat, die wir nach Ablauf und Neuabschluß der Handelsverträge vorzunehmen in der Lage sein werden. Man hat sich zunächst aus diesen Äußerungen einen Gegensatz zwischen den handelspolitischen Anschauungen der Staatssekretäre des Reichsschatzamts und des Auswärtigen Amts") konstruirt, hat dann darin ein verheißungsvolles Eingehen auf die einseitigen agrarischen Forderungen der Konservativen erblicken zu dürfen geglaubt und daraus natürlich wieder einmal auf eine mangelnde Übereinstimmung unter den verschiednen Ressorts der Reichs¬ regierung geschlossen. Es mag ja sein, daß Graf Pvsadowsky in Sachen der Handelsvertragspolitik nicht ganz auf dem festen und entschied»?» Standpunkte steht, wie sein Kollege im Auswärtigen Amte, daß er nicht so zu den un¬ bedingten Verteidigern dieser Politik wie Freiherr von Marschall gehört. Aus de» Äußerungen aber, die er bei der Beratung des Quebrachozolles über den Zolltarif und die Handelsverträge gethan hat, kann man solche Schlüsse uicht ziehen, ohne der Lage wie seinen Worten Gewalt anzuthun. Werfen wir zunächst eine» Blick auf die gegenwärtige Lage. Die *) Dieser Aufsatz, der einen gelegentlichen Mitarbeiter dieser Zeitschrift im Südwesten unsers Vaterlandes zum Verfasser hat, ging uns zu, bevor Staatssekretär Freiherr von Marschall in der NeichStagssitzung vom 8. d. Mes. seinerseits Stellung zu den Auslassungen des Grafen von Posadowstv genommen hatte. Da unser Gewährsmann die w irisch aftsvo Mische Lage aber damals schon in völliger Übereinstimmung mit dem Staatssekretär des Auswärtigen beurteilte, D. N. so haben seine Ausführungen durch dessen Erklärung eher gewonnen als verloren.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245/337>, abgerufen am 01.05.2024.