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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.

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nsre Leser werden sich erinnern, daß der Pan, um die Ent¬
täuschungen, die sein erstes Auftreten bereitet hatte, durch bessere
Leistungen auszugleichen, vom zweiten Jahrgang an einen neuen
Anlauf nahm: die Kunst des Auslandes sollte weniger Berück¬
sichtigung finden, und dafür in jedem der vier Jahreshefte
ein deutscher Kunstmittelpnnkt eingehend behandelt werden; mit Berlin wurde
(im ersten Hefte) der Anfang gemacht. Diese Art von Erneuerung war
freilich zunächst nur eine Frage der Gruppirung, wobei der Erfolg im
weitern Verlauf von dem abhängen muß, was man zum Gruppiren hat, und
hierin sind denn doch die zwei folgenden Hefte (2 und 3) von einer Arm¬
seligkeit, der auch die höchste Kunst der Anordnung nicht viel wird helfen
können. Es thut uns leid, diesen Eindruck zu haben, nicht als ob wir uns
mit großen Hoffnungen getragen hätten und es nun bedauerten, daß etwas
möglicherweise entwicklungsfähiges wohl zu Grunde gehen werde, sondern
weil wir annehmen, daß der Pan in seiner traurigen Verfassung weiter be¬
stehen und auf die große Meuge der Urteilslosen aus den feinern Gesellschafts¬
kreisen schädigend an Bildung und Kunstgeschmack wirken wird. Das Volk
bleibt davor bewahrt, es kann höchstens durch billige Nachahmungen und in¬
direkt durch Schriftsteller, die sich am Pan erbauen, angesteckt werden, und das
geht ziemlich langsam. Einstweilen hat die wohlhabende, höhere Menschheit
das Vorrecht, sich zugleich mit dem Wohlgefallen an einer für die meisten un¬
bezahlbaren Ausstattung mühelos an Karikaturen zu ergötzen und dabei sicher
zu sein, daß das Kunst und Wissen höchster Art ist. Denn die kenntnisreichen,
hochgebildeten Männer, die an der Spitze des Unternehmens stehe", Samm¬
lungsvorsteher, Kenner von Beruf, werden doch nur das Beste geben und nicht
ihren Spott treibe" mit den opferwilligen Thebanern. Was also der Pult
bringt, und mag es noch so schlecht sein, wird willig als Belehrung ange¬
nommen, und es kann noch lange dauern, bis er einmal wegen seiner Lehr¬
thätigkeit in xartikus imprnclöntmni mit dem verdienten Mühlstein um deu
Hals in irgend einer Versenkung verschwindet. Das also ist es, weswegen wir
bedauern, daß der Pan auch diesmal nichts besseres bringt.

Gehen wir zuerst an die Kunst des Pan und dann an das, was er Dich¬
tung nennt. Die neue Anordnung mit einer Hauptstadt im Mittelpunkt eines




par in Dresden und München

nsre Leser werden sich erinnern, daß der Pan, um die Ent¬
täuschungen, die sein erstes Auftreten bereitet hatte, durch bessere
Leistungen auszugleichen, vom zweiten Jahrgang an einen neuen
Anlauf nahm: die Kunst des Auslandes sollte weniger Berück¬
sichtigung finden, und dafür in jedem der vier Jahreshefte
ein deutscher Kunstmittelpnnkt eingehend behandelt werden; mit Berlin wurde
(im ersten Hefte) der Anfang gemacht. Diese Art von Erneuerung war
freilich zunächst nur eine Frage der Gruppirung, wobei der Erfolg im
weitern Verlauf von dem abhängen muß, was man zum Gruppiren hat, und
hierin sind denn doch die zwei folgenden Hefte (2 und 3) von einer Arm¬
seligkeit, der auch die höchste Kunst der Anordnung nicht viel wird helfen
können. Es thut uns leid, diesen Eindruck zu haben, nicht als ob wir uns
mit großen Hoffnungen getragen hätten und es nun bedauerten, daß etwas
möglicherweise entwicklungsfähiges wohl zu Grunde gehen werde, sondern
weil wir annehmen, daß der Pan in seiner traurigen Verfassung weiter be¬
stehen und auf die große Meuge der Urteilslosen aus den feinern Gesellschafts¬
kreisen schädigend an Bildung und Kunstgeschmack wirken wird. Das Volk
bleibt davor bewahrt, es kann höchstens durch billige Nachahmungen und in¬
direkt durch Schriftsteller, die sich am Pan erbauen, angesteckt werden, und das
geht ziemlich langsam. Einstweilen hat die wohlhabende, höhere Menschheit
das Vorrecht, sich zugleich mit dem Wohlgefallen an einer für die meisten un¬
bezahlbaren Ausstattung mühelos an Karikaturen zu ergötzen und dabei sicher
zu sein, daß das Kunst und Wissen höchster Art ist. Denn die kenntnisreichen,
hochgebildeten Männer, die an der Spitze des Unternehmens stehe», Samm¬
lungsvorsteher, Kenner von Beruf, werden doch nur das Beste geben und nicht
ihren Spott treibe» mit den opferwilligen Thebanern. Was also der Pult
bringt, und mag es noch so schlecht sein, wird willig als Belehrung ange¬
nommen, und es kann noch lange dauern, bis er einmal wegen seiner Lehr¬
thätigkeit in xartikus imprnclöntmni mit dem verdienten Mühlstein um deu
Hals in irgend einer Versenkung verschwindet. Das also ist es, weswegen wir
bedauern, daß der Pan auch diesmal nichts besseres bringt.

Gehen wir zuerst an die Kunst des Pan und dann an das, was er Dich¬
tung nennt. Die neue Anordnung mit einer Hauptstadt im Mittelpunkt eines


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[0460] [Abbildung] par in Dresden und München nsre Leser werden sich erinnern, daß der Pan, um die Ent¬ täuschungen, die sein erstes Auftreten bereitet hatte, durch bessere Leistungen auszugleichen, vom zweiten Jahrgang an einen neuen Anlauf nahm: die Kunst des Auslandes sollte weniger Berück¬ sichtigung finden, und dafür in jedem der vier Jahreshefte ein deutscher Kunstmittelpnnkt eingehend behandelt werden; mit Berlin wurde (im ersten Hefte) der Anfang gemacht. Diese Art von Erneuerung war freilich zunächst nur eine Frage der Gruppirung, wobei der Erfolg im weitern Verlauf von dem abhängen muß, was man zum Gruppiren hat, und hierin sind denn doch die zwei folgenden Hefte (2 und 3) von einer Arm¬ seligkeit, der auch die höchste Kunst der Anordnung nicht viel wird helfen können. Es thut uns leid, diesen Eindruck zu haben, nicht als ob wir uns mit großen Hoffnungen getragen hätten und es nun bedauerten, daß etwas möglicherweise entwicklungsfähiges wohl zu Grunde gehen werde, sondern weil wir annehmen, daß der Pan in seiner traurigen Verfassung weiter be¬ stehen und auf die große Meuge der Urteilslosen aus den feinern Gesellschafts¬ kreisen schädigend an Bildung und Kunstgeschmack wirken wird. Das Volk bleibt davor bewahrt, es kann höchstens durch billige Nachahmungen und in¬ direkt durch Schriftsteller, die sich am Pan erbauen, angesteckt werden, und das geht ziemlich langsam. Einstweilen hat die wohlhabende, höhere Menschheit das Vorrecht, sich zugleich mit dem Wohlgefallen an einer für die meisten un¬ bezahlbaren Ausstattung mühelos an Karikaturen zu ergötzen und dabei sicher zu sein, daß das Kunst und Wissen höchster Art ist. Denn die kenntnisreichen, hochgebildeten Männer, die an der Spitze des Unternehmens stehe», Samm¬ lungsvorsteher, Kenner von Beruf, werden doch nur das Beste geben und nicht ihren Spott treibe» mit den opferwilligen Thebanern. Was also der Pult bringt, und mag es noch so schlecht sein, wird willig als Belehrung ange¬ nommen, und es kann noch lange dauern, bis er einmal wegen seiner Lehr¬ thätigkeit in xartikus imprnclöntmni mit dem verdienten Mühlstein um deu Hals in irgend einer Versenkung verschwindet. Das also ist es, weswegen wir bedauern, daß der Pan auch diesmal nichts besseres bringt. Gehen wir zuerst an die Kunst des Pan und dann an das, was er Dich¬ tung nennt. Die neue Anordnung mit einer Hauptstadt im Mittelpunkt eines

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245/460>, abgerufen am 01.05.2024.