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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

leuchtend. Eine zufällig hcrnusgegriffne Stichprobe innig das dem Leser bestätigen.
Geschmacklos, sagt der Verfasser Seite 43, d. h. unschmackhnft ist die Frauen¬
bewegung, insofern sie aus der Frau einen halben Manu machen möchte und deu
prächtige" Gegensatz der Geschlechter und ihre gegenseitige Anziehung abschwächt.
Geschmacklos sind die Zwitterfigureu und bebrillten Titusköpfe und die Weiße Weste,
Kravatte und Stehkragen, womit diese modernen Frauen mit weiblicher Unlogik
die angeblich von ihnen so verachteten Männer kopieren. Waren sie wirklich von
der Überlegenheit der Frau überzeugt, so müßten sie im Gegenteil darauf ausgehn,
schon durch echt weibliche Tracht alles abzulegen, was an die brutalen Herren der
Schöpfung erinnert. Und unschmackhaft ist ebenso ihr ganzer geistiger Habitus und
das männlich sein sollende Gerede von politischer, soziologischer und humanistischer
Bildung, womit sie in völliger Verkennung der Eigenschaften, durch die sich von
jeher die wahre Frau Achtung, Liebe und Verehrung erworben hat, ans Friedens¬
kongressen prangen. Zum Schluß noch ein paar Kleinigkeiten. Das Parthenon,
sknlptieren und primieren sind falsche Bildungen, und Lodi ist nicht Geistlicher (?.),
s A. P. ondern Marineoffizier.


Jean Paul.

Als Jean Paul gestorben war, hielt ihm Börne in Frankfurt
eine Gedenkrede, an die man noch später viel erinnert hat. Er hatte das Gefühl,
daß des Dichters Zeit -- der doch keine dreiundsechzig Jahre alt geworden ist ---
vorüber wäre, und es bedürfte dazu wohl keiner Prophetengabe, denu das Geschlecht
der Jean Paul-Verehrer, aus dem jeder von uns vielleicht noch einige gekannt hat,
wurde lange vor 1825 geboren. Als man den hundertjährigen Geburtstag feierte,
1863, war es ganz still; wer wüßte sich dessen noch zu erinnern? An das
Schillerjahr dagegen denkt jeder, der es erlebt hat, deutlich zurück. Börne ver-
kündete damals in dem rührseligen Pathos, das ihm nicht minder als der Judeu-
witz zu Gebote stand, eine Wiederkunft des Geschiednen an der Pforte des zwan¬
zigsten Jahrhunderts, die wir ja nnn durchschritten haben. Es wird also hohe Zeit.
Ein tüchtiger katholischer Gelehrter, Josef Müller, beschäftigt sich seit einigen Jahren
mit Jean Paul, er hat 1894 ein größeres Werk über ihn herausgegeben, in¬
zwischen Bibliotheken und Familienarchivc nach Handschriften und Briefen durch¬
forscht und danach eine ganze Reihe von Arbeiten teils vorbereitet, teils veröffent¬
licht. Von diesen liegen uns "Jean Paul Studien" als Ergänzung zu jenem
Hauptwerke aus demselben Verlage vor München, Lüneburg). Das Buch macht
einen sehr guten Eindruck, der Verfasser ist seiner Aufgabe gewachsen, und er greift
sie ernst nu. Er müsse, sagt er, in der wissenschaftlichen Forschung ganz vou vorn
umfangen. Durch das ganze Buch hindurch setzt er sich mit dem Berliner Ghm-
nasialprofesfor Nerrlich auseinander, der mit Hegelscher Philosophie und Haß gegen
die Kirche und das griechisch-römische Altertum in einem größern Werke und in
Ausgaben unwissenschaftlich, subjektiv absprechend und in saloppen Tone Jean Paul
behandelt habe. Ich gebe diese Ausdrücke ohne Gewähr nach Müllers Anführungen,
denn ich kenne Nerrlichs Bücher über Jean Paul nur aus Besprechungen; ich kenne
von ihm nur ein unglückliches Werk über "das Dogma des klassischen Altertums," das
vor einigen Jahren mit großen Ausprüchen als Pendant zu Langbehus "Rembrandt als
Erzieher" auftrat und inzwischen klanglos versunken zu sein scheint. Müller, der ihm
zum Vorwurf macht, daß er Jenn Paul in keiner Weise gerecht geworden sei, stellt
seinen Lieblingsschriftsteller ungemein hoch, so hoch, daß er von andrer Seite ans
Widerspruch wird gefaßt sein müssen. Er beruft sich auf Vorgänger in dieser Vor¬
liebe, auf Carlyle, Gottfried Keller, auf Gausz, der ihn Goethen vorgezogen habe,
und bekennt von sich, daß er Goethes und Shakespeares manchmal, Jean Pauls
aber niemals überdrüssig geworden sei. Das ist viel. Er hat es sich zur Auf-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

leuchtend. Eine zufällig hcrnusgegriffne Stichprobe innig das dem Leser bestätigen.
Geschmacklos, sagt der Verfasser Seite 43, d. h. unschmackhnft ist die Frauen¬
bewegung, insofern sie aus der Frau einen halben Manu machen möchte und deu
prächtige» Gegensatz der Geschlechter und ihre gegenseitige Anziehung abschwächt.
Geschmacklos sind die Zwitterfigureu und bebrillten Titusköpfe und die Weiße Weste,
Kravatte und Stehkragen, womit diese modernen Frauen mit weiblicher Unlogik
die angeblich von ihnen so verachteten Männer kopieren. Waren sie wirklich von
der Überlegenheit der Frau überzeugt, so müßten sie im Gegenteil darauf ausgehn,
schon durch echt weibliche Tracht alles abzulegen, was an die brutalen Herren der
Schöpfung erinnert. Und unschmackhaft ist ebenso ihr ganzer geistiger Habitus und
das männlich sein sollende Gerede von politischer, soziologischer und humanistischer
Bildung, womit sie in völliger Verkennung der Eigenschaften, durch die sich von
jeher die wahre Frau Achtung, Liebe und Verehrung erworben hat, ans Friedens¬
kongressen prangen. Zum Schluß noch ein paar Kleinigkeiten. Das Parthenon,
sknlptieren und primieren sind falsche Bildungen, und Lodi ist nicht Geistlicher (?.),
s A. P. ondern Marineoffizier.


Jean Paul.

Als Jean Paul gestorben war, hielt ihm Börne in Frankfurt
eine Gedenkrede, an die man noch später viel erinnert hat. Er hatte das Gefühl,
daß des Dichters Zeit — der doch keine dreiundsechzig Jahre alt geworden ist -—
vorüber wäre, und es bedürfte dazu wohl keiner Prophetengabe, denu das Geschlecht
der Jean Paul-Verehrer, aus dem jeder von uns vielleicht noch einige gekannt hat,
wurde lange vor 1825 geboren. Als man den hundertjährigen Geburtstag feierte,
1863, war es ganz still; wer wüßte sich dessen noch zu erinnern? An das
Schillerjahr dagegen denkt jeder, der es erlebt hat, deutlich zurück. Börne ver-
kündete damals in dem rührseligen Pathos, das ihm nicht minder als der Judeu-
witz zu Gebote stand, eine Wiederkunft des Geschiednen an der Pforte des zwan¬
zigsten Jahrhunderts, die wir ja nnn durchschritten haben. Es wird also hohe Zeit.
Ein tüchtiger katholischer Gelehrter, Josef Müller, beschäftigt sich seit einigen Jahren
mit Jean Paul, er hat 1894 ein größeres Werk über ihn herausgegeben, in¬
zwischen Bibliotheken und Familienarchivc nach Handschriften und Briefen durch¬
forscht und danach eine ganze Reihe von Arbeiten teils vorbereitet, teils veröffent¬
licht. Von diesen liegen uns „Jean Paul Studien" als Ergänzung zu jenem
Hauptwerke aus demselben Verlage vor München, Lüneburg). Das Buch macht
einen sehr guten Eindruck, der Verfasser ist seiner Aufgabe gewachsen, und er greift
sie ernst nu. Er müsse, sagt er, in der wissenschaftlichen Forschung ganz vou vorn
umfangen. Durch das ganze Buch hindurch setzt er sich mit dem Berliner Ghm-
nasialprofesfor Nerrlich auseinander, der mit Hegelscher Philosophie und Haß gegen
die Kirche und das griechisch-römische Altertum in einem größern Werke und in
Ausgaben unwissenschaftlich, subjektiv absprechend und in saloppen Tone Jean Paul
behandelt habe. Ich gebe diese Ausdrücke ohne Gewähr nach Müllers Anführungen,
denn ich kenne Nerrlichs Bücher über Jean Paul nur aus Besprechungen; ich kenne
von ihm nur ein unglückliches Werk über „das Dogma des klassischen Altertums," das
vor einigen Jahren mit großen Ausprüchen als Pendant zu Langbehus „Rembrandt als
Erzieher" auftrat und inzwischen klanglos versunken zu sein scheint. Müller, der ihm
zum Vorwurf macht, daß er Jenn Paul in keiner Weise gerecht geworden sei, stellt
seinen Lieblingsschriftsteller ungemein hoch, so hoch, daß er von andrer Seite ans
Widerspruch wird gefaßt sein müssen. Er beruft sich auf Vorgänger in dieser Vor¬
liebe, auf Carlyle, Gottfried Keller, auf Gausz, der ihn Goethen vorgezogen habe,
und bekennt von sich, daß er Goethes und Shakespeares manchmal, Jean Pauls
aber niemals überdrüssig geworden sei. Das ist viel. Er hat es sich zur Auf-


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[0114] Maßgebliches und Unmaßgebliches leuchtend. Eine zufällig hcrnusgegriffne Stichprobe innig das dem Leser bestätigen. Geschmacklos, sagt der Verfasser Seite 43, d. h. unschmackhnft ist die Frauen¬ bewegung, insofern sie aus der Frau einen halben Manu machen möchte und deu prächtige» Gegensatz der Geschlechter und ihre gegenseitige Anziehung abschwächt. Geschmacklos sind die Zwitterfigureu und bebrillten Titusköpfe und die Weiße Weste, Kravatte und Stehkragen, womit diese modernen Frauen mit weiblicher Unlogik die angeblich von ihnen so verachteten Männer kopieren. Waren sie wirklich von der Überlegenheit der Frau überzeugt, so müßten sie im Gegenteil darauf ausgehn, schon durch echt weibliche Tracht alles abzulegen, was an die brutalen Herren der Schöpfung erinnert. Und unschmackhaft ist ebenso ihr ganzer geistiger Habitus und das männlich sein sollende Gerede von politischer, soziologischer und humanistischer Bildung, womit sie in völliger Verkennung der Eigenschaften, durch die sich von jeher die wahre Frau Achtung, Liebe und Verehrung erworben hat, ans Friedens¬ kongressen prangen. Zum Schluß noch ein paar Kleinigkeiten. Das Parthenon, sknlptieren und primieren sind falsche Bildungen, und Lodi ist nicht Geistlicher (?.), s A. P. ondern Marineoffizier. Jean Paul. Als Jean Paul gestorben war, hielt ihm Börne in Frankfurt eine Gedenkrede, an die man noch später viel erinnert hat. Er hatte das Gefühl, daß des Dichters Zeit — der doch keine dreiundsechzig Jahre alt geworden ist -— vorüber wäre, und es bedürfte dazu wohl keiner Prophetengabe, denu das Geschlecht der Jean Paul-Verehrer, aus dem jeder von uns vielleicht noch einige gekannt hat, wurde lange vor 1825 geboren. Als man den hundertjährigen Geburtstag feierte, 1863, war es ganz still; wer wüßte sich dessen noch zu erinnern? An das Schillerjahr dagegen denkt jeder, der es erlebt hat, deutlich zurück. Börne ver- kündete damals in dem rührseligen Pathos, das ihm nicht minder als der Judeu- witz zu Gebote stand, eine Wiederkunft des Geschiednen an der Pforte des zwan¬ zigsten Jahrhunderts, die wir ja nnn durchschritten haben. Es wird also hohe Zeit. Ein tüchtiger katholischer Gelehrter, Josef Müller, beschäftigt sich seit einigen Jahren mit Jean Paul, er hat 1894 ein größeres Werk über ihn herausgegeben, in¬ zwischen Bibliotheken und Familienarchivc nach Handschriften und Briefen durch¬ forscht und danach eine ganze Reihe von Arbeiten teils vorbereitet, teils veröffent¬ licht. Von diesen liegen uns „Jean Paul Studien" als Ergänzung zu jenem Hauptwerke aus demselben Verlage vor München, Lüneburg). Das Buch macht einen sehr guten Eindruck, der Verfasser ist seiner Aufgabe gewachsen, und er greift sie ernst nu. Er müsse, sagt er, in der wissenschaftlichen Forschung ganz vou vorn umfangen. Durch das ganze Buch hindurch setzt er sich mit dem Berliner Ghm- nasialprofesfor Nerrlich auseinander, der mit Hegelscher Philosophie und Haß gegen die Kirche und das griechisch-römische Altertum in einem größern Werke und in Ausgaben unwissenschaftlich, subjektiv absprechend und in saloppen Tone Jean Paul behandelt habe. Ich gebe diese Ausdrücke ohne Gewähr nach Müllers Anführungen, denn ich kenne Nerrlichs Bücher über Jean Paul nur aus Besprechungen; ich kenne von ihm nur ein unglückliches Werk über „das Dogma des klassischen Altertums," das vor einigen Jahren mit großen Ausprüchen als Pendant zu Langbehus „Rembrandt als Erzieher" auftrat und inzwischen klanglos versunken zu sein scheint. Müller, der ihm zum Vorwurf macht, daß er Jenn Paul in keiner Weise gerecht geworden sei, stellt seinen Lieblingsschriftsteller ungemein hoch, so hoch, daß er von andrer Seite ans Widerspruch wird gefaßt sein müssen. Er beruft sich auf Vorgänger in dieser Vor¬ liebe, auf Carlyle, Gottfried Keller, auf Gausz, der ihn Goethen vorgezogen habe, und bekennt von sich, daß er Goethes und Shakespeares manchmal, Jean Pauls aber niemals überdrüssig geworden sei. Das ist viel. Er hat es sich zur Auf-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/114>, abgerufen am 24.05.2024.