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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.

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Die Einrichtung eines öffentlichen Arbeitsnachweises
durch die j)ostanstalten
L. Dankwort von

>le Postanstalten sind schon vielfach zu Zivecken nutzbar gemacht
worden, die mit ihrer ursprünglichen Bestimmung als Verkehrs-
anstalten in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehn. Hierher
gehören die weit verbreiteten Pvstsparknsseneinrichtllugeu, die Aus¬
zahlung von Unfallrenten und Altersrenten, der Verkauf von
Wertzeichen der Alters- und Jnvaliditütsversicherungsaustalteu in Deutschland,
der Verkauf vou Snlzscheinen und von Chinin in Britisch-Ostindien und die
Vermittlung des Buchhandels, wie sie die chilenische Postverwaltung betreibt.
Die Benutzung der vorhandnen Organisation der PostVerwaltungen mit ihrem
dichten Netz der über das ganze Laud verbreitetem Postanstalten hat auf alle"
diesen Gebieten Erfolge ermöglicht, die man sonst nur uuter großen Unkosten
und mit großen Schwierigkeiten Hütte erzielen können. Es liegt deshalb nahe,
auf demselben Wege die Lösung eines Problems zu versuchen, das uns in
hohem Grade beschäftigt, und von dessen glücklicher Lösung zum nicht geringen
Teil eine befriedigende Entwicklung unsrer sozialen Verhältnisse abhängt. Dieses
Problem ist der unparteiische öffentliche Arbeitsnachweis.

Bis jetzt liegt der Arbeitsnachweis uoch hauptsächlich in den Händen
gewerbsmäßiger Stellenvermittler. Die Schäden und Nachteile, die die private
Stellenvermittlung besouders für die Arbeitsuchcude", weniger für die Personen,
die offne Stellen zu vergeben haben, im Gefolge hat, siud zur Genüge bekannt.
Die Vorwürfe, die gegen die Inhaber von Stellenvermittlungs- und Gesiudc-
vermietungsbureaus erhoben werden, mangelhafte moralische Qualifikation,
Forderung unberechtigt hoher Gebühren usw., sind nur zu sehr gerechtfertigt.
Der Arbeitsnachweis ist aber ganz abgesehen hiervon eine viel zu wichtige
Sache in dem Leben des sozialen Körpers, als daß er auf die Dauer Per¬
sonen überlassen werden darf, die ihn lediglich zu Erwerbszwecken betreiben.

Die bisherigen Versuche, öffentliche Stätten für Arbeitsnachweise ein-
zurichten, sind nur von Kommunen gemacht worden. Die Erfolge, die man
hiermit an verschiednen größern Orten erzielt hat, sind aber schon recht er¬
mutigend, namentlich wenn man in Betracht zieht, daß diese Arbeitsnachweis¬
anstalten den Ausgleich zwischen Arbeitsangebot und Nachfrage nur innerhalb
der engen Wirtschaftsgebiete der einzelnen Städte bewirken. Weit nachhaltiger
müßte die Wirksamkeit solcher öffentlichen Errichtungen werden, wenn die
einzelnen Anstalten uuter sich durch eine feste Organisation verbunden würden




Die Einrichtung eines öffentlichen Arbeitsnachweises
durch die j)ostanstalten
L. Dankwort von

>le Postanstalten sind schon vielfach zu Zivecken nutzbar gemacht
worden, die mit ihrer ursprünglichen Bestimmung als Verkehrs-
anstalten in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehn. Hierher
gehören die weit verbreiteten Pvstsparknsseneinrichtllugeu, die Aus¬
zahlung von Unfallrenten und Altersrenten, der Verkauf von
Wertzeichen der Alters- und Jnvaliditütsversicherungsaustalteu in Deutschland,
der Verkauf vou Snlzscheinen und von Chinin in Britisch-Ostindien und die
Vermittlung des Buchhandels, wie sie die chilenische Postverwaltung betreibt.
Die Benutzung der vorhandnen Organisation der PostVerwaltungen mit ihrem
dichten Netz der über das ganze Laud verbreitetem Postanstalten hat auf alle»
diesen Gebieten Erfolge ermöglicht, die man sonst nur uuter großen Unkosten
und mit großen Schwierigkeiten Hütte erzielen können. Es liegt deshalb nahe,
auf demselben Wege die Lösung eines Problems zu versuchen, das uns in
hohem Grade beschäftigt, und von dessen glücklicher Lösung zum nicht geringen
Teil eine befriedigende Entwicklung unsrer sozialen Verhältnisse abhängt. Dieses
Problem ist der unparteiische öffentliche Arbeitsnachweis.

Bis jetzt liegt der Arbeitsnachweis uoch hauptsächlich in den Händen
gewerbsmäßiger Stellenvermittler. Die Schäden und Nachteile, die die private
Stellenvermittlung besouders für die Arbeitsuchcude», weniger für die Personen,
die offne Stellen zu vergeben haben, im Gefolge hat, siud zur Genüge bekannt.
Die Vorwürfe, die gegen die Inhaber von Stellenvermittlungs- und Gesiudc-
vermietungsbureaus erhoben werden, mangelhafte moralische Qualifikation,
Forderung unberechtigt hoher Gebühren usw., sind nur zu sehr gerechtfertigt.
Der Arbeitsnachweis ist aber ganz abgesehen hiervon eine viel zu wichtige
Sache in dem Leben des sozialen Körpers, als daß er auf die Dauer Per¬
sonen überlassen werden darf, die ihn lediglich zu Erwerbszwecken betreiben.

Die bisherigen Versuche, öffentliche Stätten für Arbeitsnachweise ein-
zurichten, sind nur von Kommunen gemacht worden. Die Erfolge, die man
hiermit an verschiednen größern Orten erzielt hat, sind aber schon recht er¬
mutigend, namentlich wenn man in Betracht zieht, daß diese Arbeitsnachweis¬
anstalten den Ausgleich zwischen Arbeitsangebot und Nachfrage nur innerhalb
der engen Wirtschaftsgebiete der einzelnen Städte bewirken. Weit nachhaltiger
müßte die Wirksamkeit solcher öffentlichen Errichtungen werden, wenn die
einzelnen Anstalten uuter sich durch eine feste Organisation verbunden würden


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[0240] [Abbildung] Die Einrichtung eines öffentlichen Arbeitsnachweises durch die j)ostanstalten L. Dankwort von >le Postanstalten sind schon vielfach zu Zivecken nutzbar gemacht worden, die mit ihrer ursprünglichen Bestimmung als Verkehrs- anstalten in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehn. Hierher gehören die weit verbreiteten Pvstsparknsseneinrichtllugeu, die Aus¬ zahlung von Unfallrenten und Altersrenten, der Verkauf von Wertzeichen der Alters- und Jnvaliditütsversicherungsaustalteu in Deutschland, der Verkauf vou Snlzscheinen und von Chinin in Britisch-Ostindien und die Vermittlung des Buchhandels, wie sie die chilenische Postverwaltung betreibt. Die Benutzung der vorhandnen Organisation der PostVerwaltungen mit ihrem dichten Netz der über das ganze Laud verbreitetem Postanstalten hat auf alle» diesen Gebieten Erfolge ermöglicht, die man sonst nur uuter großen Unkosten und mit großen Schwierigkeiten Hütte erzielen können. Es liegt deshalb nahe, auf demselben Wege die Lösung eines Problems zu versuchen, das uns in hohem Grade beschäftigt, und von dessen glücklicher Lösung zum nicht geringen Teil eine befriedigende Entwicklung unsrer sozialen Verhältnisse abhängt. Dieses Problem ist der unparteiische öffentliche Arbeitsnachweis. Bis jetzt liegt der Arbeitsnachweis uoch hauptsächlich in den Händen gewerbsmäßiger Stellenvermittler. Die Schäden und Nachteile, die die private Stellenvermittlung besouders für die Arbeitsuchcude», weniger für die Personen, die offne Stellen zu vergeben haben, im Gefolge hat, siud zur Genüge bekannt. Die Vorwürfe, die gegen die Inhaber von Stellenvermittlungs- und Gesiudc- vermietungsbureaus erhoben werden, mangelhafte moralische Qualifikation, Forderung unberechtigt hoher Gebühren usw., sind nur zu sehr gerechtfertigt. Der Arbeitsnachweis ist aber ganz abgesehen hiervon eine viel zu wichtige Sache in dem Leben des sozialen Körpers, als daß er auf die Dauer Per¬ sonen überlassen werden darf, die ihn lediglich zu Erwerbszwecken betreiben. Die bisherigen Versuche, öffentliche Stätten für Arbeitsnachweise ein- zurichten, sind nur von Kommunen gemacht worden. Die Erfolge, die man hiermit an verschiednen größern Orten erzielt hat, sind aber schon recht er¬ mutigend, namentlich wenn man in Betracht zieht, daß diese Arbeitsnachweis¬ anstalten den Ausgleich zwischen Arbeitsangebot und Nachfrage nur innerhalb der engen Wirtschaftsgebiete der einzelnen Städte bewirken. Weit nachhaltiger müßte die Wirksamkeit solcher öffentlichen Errichtungen werden, wenn die einzelnen Anstalten uuter sich durch eine feste Organisation verbunden würden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/240>, abgerufen am 24.05.2024.