Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.Die großen Kunstausstellungen in Berlin Adolf Rosenberg von2 le Malerei großen Stils, die längst totgesagte, die in den Bildern Wer solche Ansichten bis zur äußersten Konsequenz verfolgt, der muß sich Die großen Kunstausstellungen in Berlin Adolf Rosenberg von2 le Malerei großen Stils, die längst totgesagte, die in den Bildern Wer solche Ansichten bis zur äußersten Konsequenz verfolgt, der muß sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0306" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/291383"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341871_291076/figures/grenzboten_341871_291076_291383_000.jpg"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Die großen Kunstausstellungen in Berlin<lb/><note type="byline"> Adolf Rosenberg</note> von2</head><lb/> <p xml:id="ID_1027"> le Malerei großen Stils, die längst totgesagte, die in den Bildern<lb/> Hugo Vogels für Merseburg ein neues Zeichen ihrer unverwüst¬<lb/> lichen, immer neue Keime treibenden Lebenskraft gegeben hat,<lb/> steht zwar auch auf dem Programm der „Modernen"; aber sie<lb/> wird uur sehr selten von ihnen gepflegt, vermutlich, weil das<lb/> Wagnis im Verhältnis zu der Mühe, die am Ende doch aufgewandt werden<lb/> muß, zu groß ist. Das Publikum, das den Hauptbestandteil unter den Käufern<lb/> auf den großen und den kleinen Kunstausstellungen ausmacht, hat für Bilder<lb/> großen Umfangs keinen Sinn, und die wenigen Kunstfreunde, die noch ein<lb/> Verständnis für Bilder großen Stils haben, haben wieder keinen Raum für sie.<lb/> So bleibt der Ankauf eines solchen Bildes durch die Vorstünde der öffent¬<lb/> lichen Sammlungen des Staats und der Städte die einzige Hoffnung der<lb/> Künstler, die sich noch auf eigne Gefahr an solche Aufgaben heranwagen. Viel<lb/> geringer ist diese Gefahr bei der Beteiligung an öffentlichen Wettbewerben, die<lb/> jetzt auch häufig von Staatsregierungen und Gemeinden für Werke der Malerei<lb/> ausgeschrieben werden. Dabei wird freilich in der Regel etwas Gegenständliches<lb/> verlangt, entweder figürliche Darstellungen, die mit der Orts- oder Landes¬<lb/> geschichte zusammenhängen, oder etwas sinnbildliches oder doch Gemeinver¬<lb/> ständliches, auf das sich auch der Laie einen Vers machen kann. Das Ver¬<lb/> langen nach etwas Zweckmüßigem hat bei diesen Ausgabe» immer noch die<lb/> Oberhand, und diese Forderung, die als unbequemer Zwang empfunden wird,<lb/> wird von den Modernen als unberechtigt verworfen. Sie haben sich längst<lb/> die monumentale Malerei alten Stils, die doch von jeher etwas Gegenstünd¬<lb/> liches als Mittel- und Angelpunkt geboten hat, nach ihrem Sinn umgedeutet<lb/> und an ihre Stelle das rein Dekorative gesetzt, etwas noch ganz Unfaßbares,<lb/> jedenfalls etwas ganz Willkürliches, bei dem nur soviel festzustehn scheint, daß<lb/> eine dekorative Wandmalerei ungefähr den Eindruck eines orientalischen Teppichs<lb/> machen soll, gleichviel was sie darstellt, oder ob sie überhaupt einen figürlichen<lb/> oder auch nur symbolischen Inhalt hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1028" next="#ID_1029"> Wer solche Ansichten bis zur äußersten Konsequenz verfolgt, der muß sich<lb/> natürlich von öffentlichen Wettbewerben, die die Behandlung bestimmter Stoffe<lb/> verlangen, fern halten. Einstweilen muß sich diese Art von dekorativer Malerei,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0306]
[Abbildung]
Die großen Kunstausstellungen in Berlin
Adolf Rosenberg von2
le Malerei großen Stils, die längst totgesagte, die in den Bildern
Hugo Vogels für Merseburg ein neues Zeichen ihrer unverwüst¬
lichen, immer neue Keime treibenden Lebenskraft gegeben hat,
steht zwar auch auf dem Programm der „Modernen"; aber sie
wird uur sehr selten von ihnen gepflegt, vermutlich, weil das
Wagnis im Verhältnis zu der Mühe, die am Ende doch aufgewandt werden
muß, zu groß ist. Das Publikum, das den Hauptbestandteil unter den Käufern
auf den großen und den kleinen Kunstausstellungen ausmacht, hat für Bilder
großen Umfangs keinen Sinn, und die wenigen Kunstfreunde, die noch ein
Verständnis für Bilder großen Stils haben, haben wieder keinen Raum für sie.
So bleibt der Ankauf eines solchen Bildes durch die Vorstünde der öffent¬
lichen Sammlungen des Staats und der Städte die einzige Hoffnung der
Künstler, die sich noch auf eigne Gefahr an solche Aufgaben heranwagen. Viel
geringer ist diese Gefahr bei der Beteiligung an öffentlichen Wettbewerben, die
jetzt auch häufig von Staatsregierungen und Gemeinden für Werke der Malerei
ausgeschrieben werden. Dabei wird freilich in der Regel etwas Gegenständliches
verlangt, entweder figürliche Darstellungen, die mit der Orts- oder Landes¬
geschichte zusammenhängen, oder etwas sinnbildliches oder doch Gemeinver¬
ständliches, auf das sich auch der Laie einen Vers machen kann. Das Ver¬
langen nach etwas Zweckmüßigem hat bei diesen Ausgabe» immer noch die
Oberhand, und diese Forderung, die als unbequemer Zwang empfunden wird,
wird von den Modernen als unberechtigt verworfen. Sie haben sich längst
die monumentale Malerei alten Stils, die doch von jeher etwas Gegenstünd¬
liches als Mittel- und Angelpunkt geboten hat, nach ihrem Sinn umgedeutet
und an ihre Stelle das rein Dekorative gesetzt, etwas noch ganz Unfaßbares,
jedenfalls etwas ganz Willkürliches, bei dem nur soviel festzustehn scheint, daß
eine dekorative Wandmalerei ungefähr den Eindruck eines orientalischen Teppichs
machen soll, gleichviel was sie darstellt, oder ob sie überhaupt einen figürlichen
oder auch nur symbolischen Inhalt hat.
Wer solche Ansichten bis zur äußersten Konsequenz verfolgt, der muß sich
natürlich von öffentlichen Wettbewerben, die die Behandlung bestimmter Stoffe
verlangen, fern halten. Einstweilen muß sich diese Art von dekorativer Malerei,
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