Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.U?le der Volksgeist des heutigen Englands geworden ist mental in der Tasche mitbringt. Zunächst müssen wir doch wissen, wie es Aber die Erziehung der Ortsbehörden und auch der Kreis- und Bezirks- Vie der Oolksgeist des heutigen Englands geworden ist licht viele Diplomaten mögen ihre Mußestunden dazu verwenden, U?le der Volksgeist des heutigen Englands geworden ist mental in der Tasche mitbringt. Zunächst müssen wir doch wissen, wie es Aber die Erziehung der Ortsbehörden und auch der Kreis- und Bezirks- Vie der Oolksgeist des heutigen Englands geworden ist licht viele Diplomaten mögen ihre Mußestunden dazu verwenden, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0393" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/291470"/> <fw type="header" place="top"> U?le der Volksgeist des heutigen Englands geworden ist</fw><lb/> <p xml:id="ID_1263" prev="#ID_1262"> mental in der Tasche mitbringt. Zunächst müssen wir doch wissen, wie es<lb/> steht, und die Böcke von den Schafen sondern können. Nicht durch einmalige,<lb/> noch dazu geheime Umfrage, sondern immerfort soll man den Eltern, die<lb/> Kinder gewerblich beschäftigen, auf die Finger sehen lassen durch Gewerbe-<lb/> inspektoreu, Landräte, Bürgermeister, Geistliche, Schullehrer usw. Das allein<lb/> wirkt schon ganz gewaltig. Und traut man diesen Leuten denn gar keine er¬<lb/> zieherische und lehrerische Qualifikation mehr zu? Jetzt setzt man den Mi߬<lb/> brauch geradezu ins Recht, indem man sagt: Danach haben wir nicht zu<lb/> fragen!</p><lb/> <p xml:id="ID_1264"> Aber die Erziehung der Ortsbehörden und auch der Kreis- und Bezirks-<lb/> benmten selbst zu zeitgemäßer sozialer Bildung und Gesinnung läßt trotz aller<lb/> Sozialwissenschaftlichen Überproduktion immer noch sehr viel oder alles zu wünschen<lb/> übrig. Wie kann man da auf schnellen Erfolg hoffen auf dem Felde der Volks¬<lb/> erziehung, auf das hier zuletzt alles ankommt: der Erziehung der Eltern zur<lb/> sozialen Pflicht gegen die eignen Kinder. Hmä Is^e-s sins inorikus! heißt es hier<lb/> mehr als irgendwo anders. Soll man den Eltern verbieten, die Kinder zu Hause<lb/> im Gewerbe mithelfen zu lassen? Oder soll man das Verbot, die Heranziehung<lb/> der Kinder unter elf Jahren zur Heimarbeit, was Schönberg Null, für eine wirk¬<lb/> liche Wohlthat ansehen? Uns scheinen das doch recht traurige Notbehelfe zu<lb/> sein, die unter Umständen das Pflichtgefühl im Volk mehr zerrütten als stärken<lb/> werden. Vielleicht muß man trotzdem dazu greifen. Dann wird aber hoffent¬<lb/> lich wenigstens den führenden Geistern endlich mit Schrecken klar werden, wie<lb/> wenig in der Kirche und in der Schule und in der ganzen nationalen Gesell¬<lb/> schaft die frei wirkenden sittlichen Kräfte noch bedeuten, und wie sehr Sittlich¬<lb/> keit und Nächstenliebe nur noch in Gesetzesparagraphen und durch den Schutz¬<lb/> mann ihren Ausdruck finden, und daß wir ein christliches Volksleben überhaupt<lb/><note type="byline"> /)</note> nicht mehr haben. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Vie der Oolksgeist des heutigen Englands geworden ist</head><lb/> <p xml:id="ID_1265" next="#ID_1266"> licht viele Diplomaten mögen ihre Mußestunden dazu verwenden,<lb/> ein Werk zu schreiben, bei dem die Stoffsammlung allein schon<lb/> eine Arbeit ist, die den? Fleiß des Fachgelehrten Ehre machen<lb/> würde. Ein solches Werk ist: Das Aufsteigen des Arbeiter-<lb/> __!Standes in England, ein Beitrag zur sozialen Geschichte der<lb/> Gegenwart von Hans von Nostitz, Legationsrat im Königlichen sächsischen<lb/> Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten. Jena, Gustav Fischer, 1900<lb/> (808 Seiten groß 8«). Es bietet viel mehr, als der Titel verspricht; es zeigt,<lb/> wie der Volksgeist des modernen Englands geworden ist. Das Aufsteigen desIM<lb/> kW<lb/> AM)<lb/> OV,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0393]
U?le der Volksgeist des heutigen Englands geworden ist
mental in der Tasche mitbringt. Zunächst müssen wir doch wissen, wie es
steht, und die Böcke von den Schafen sondern können. Nicht durch einmalige,
noch dazu geheime Umfrage, sondern immerfort soll man den Eltern, die
Kinder gewerblich beschäftigen, auf die Finger sehen lassen durch Gewerbe-
inspektoreu, Landräte, Bürgermeister, Geistliche, Schullehrer usw. Das allein
wirkt schon ganz gewaltig. Und traut man diesen Leuten denn gar keine er¬
zieherische und lehrerische Qualifikation mehr zu? Jetzt setzt man den Mi߬
brauch geradezu ins Recht, indem man sagt: Danach haben wir nicht zu
fragen!
Aber die Erziehung der Ortsbehörden und auch der Kreis- und Bezirks-
benmten selbst zu zeitgemäßer sozialer Bildung und Gesinnung läßt trotz aller
Sozialwissenschaftlichen Überproduktion immer noch sehr viel oder alles zu wünschen
übrig. Wie kann man da auf schnellen Erfolg hoffen auf dem Felde der Volks¬
erziehung, auf das hier zuletzt alles ankommt: der Erziehung der Eltern zur
sozialen Pflicht gegen die eignen Kinder. Hmä Is^e-s sins inorikus! heißt es hier
mehr als irgendwo anders. Soll man den Eltern verbieten, die Kinder zu Hause
im Gewerbe mithelfen zu lassen? Oder soll man das Verbot, die Heranziehung
der Kinder unter elf Jahren zur Heimarbeit, was Schönberg Null, für eine wirk¬
liche Wohlthat ansehen? Uns scheinen das doch recht traurige Notbehelfe zu
sein, die unter Umständen das Pflichtgefühl im Volk mehr zerrütten als stärken
werden. Vielleicht muß man trotzdem dazu greifen. Dann wird aber hoffent¬
lich wenigstens den führenden Geistern endlich mit Schrecken klar werden, wie
wenig in der Kirche und in der Schule und in der ganzen nationalen Gesell¬
schaft die frei wirkenden sittlichen Kräfte noch bedeuten, und wie sehr Sittlich¬
keit und Nächstenliebe nur noch in Gesetzesparagraphen und durch den Schutz¬
mann ihren Ausdruck finden, und daß wir ein christliches Volksleben überhaupt
/) nicht mehr haben.
Vie der Oolksgeist des heutigen Englands geworden ist
licht viele Diplomaten mögen ihre Mußestunden dazu verwenden,
ein Werk zu schreiben, bei dem die Stoffsammlung allein schon
eine Arbeit ist, die den? Fleiß des Fachgelehrten Ehre machen
würde. Ein solches Werk ist: Das Aufsteigen des Arbeiter-
__!Standes in England, ein Beitrag zur sozialen Geschichte der
Gegenwart von Hans von Nostitz, Legationsrat im Königlichen sächsischen
Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten. Jena, Gustav Fischer, 1900
(808 Seiten groß 8«). Es bietet viel mehr, als der Titel verspricht; es zeigt,
wie der Volksgeist des modernen Englands geworden ist. Das Aufsteigen desIM
kW
AM)
OV,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |