Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
den Hinweis, "daß englische und französische Offiziere längst eine andr
praktische Ausbildung wie englische und französische Matrosen genießen." E
ist wahr, daß wir von englischen Seeleuten manches gelernt haben, inde
unsre jungen Seeleute auf englischen Schiffen gedient und später ihre Er

arungenaueuenenerereaen,aerroemere
winn für sie selbst -- abgesehen von den Sprachkenntnissen -- doch rech
problematischer Natur. Jeder, der die Verhältnisse kennt, weiß, daß der eng
lische Matrose ein ganz andrer Mensch als der deutsche ist. Sein Schulunter
richt und seine Erziehung sind im Durchschnitt viel geringer als die de
deutscheu, dazu ist er viel roher und unzuverlässiger und nnter Umstände
brutal und streitsüchtig. Für den deutschen Matrosen ist es bisher ein wahre
Glück gewesen, daß nicht selten junge Leute aus bessern Familien das Logi
mit ihm geteilt haben; hält man diese daraus fern, dann fehlt für die ander
Sauerteig und Salz zum Brotbacken, und die Gesamtheit unsrer Seeleute muß i
jeder Hinsicht Einbuße an ihren guten Eigenschaften erleiden. Freuen wir un
nicht jedesmal, wenn in den Zeitungen unsre Seeleute vor denen andre
Nationen ihres gesitteten Betragens wegen gelobt werden? Wie wird e
damit werden, wenn ihnen die guten Beispiele der Söhne ans bessern Familien
fehlen, indem man diese durch die Kajütenfenster ins Schiff spazieren läß
und zweierlei Schiffsoffiziere schafft, von denen diese Art von dem Denken und
dem Fühlen, von den Freuden und den Leiden des Matrosen keine Ahnung
hat? Und wie wird es bei diesen feinen Herrchen mit der Disziplin bestell
sein? Ich habe oben gesagt: Die jungen Leute der Küstenbcvölkernng gehn
in der Hoffnung zur See, daß sie es später zum Kapitän oder doch zu
Steuermann bringen. Durch Kadetteuschulschiffe nimmt man ihnen diese Hoff¬
nung, und durch Einstellung von zehn Kadetten hält man dreißig andre Jungen

von der Seefahrt fern. Ob der Herr 8 seine Jungen, wenn er welche hat
Wohl zur See gehn läßt? Ja Bauer, das ist ganz was andres!
Wie es auf See zwischendurch im neuen Jahrhundert noch hergeht, möge
zwei Zitate aus der Hansa Ur. 18 dieses Jahres illustrieren: 1. Die jüng
vor dem Hamburger Seeamt abgehaltn" Verhandlung über die Kollision de
deutschen Fischerkutters H? Ur. 194 Schwalbe Finkenwärder mit dem hol
ländischen Fischdampfer Holland I führt uns Zustünde vor Augen, wie sie fü


Wikingerzeit oder unter der schwarzen Flagge der Korsaren
den Hinweis, „daß englische und französische Offiziere längst eine andr
praktische Ausbildung wie englische und französische Matrosen genießen." E
ist wahr, daß wir von englischen Seeleuten manches gelernt haben, inde
unsre jungen Seeleute auf englischen Schiffen gedient und später ihre Er

arungenaueuenenerereaen,aerroemere
winn für sie selbst — abgesehen von den Sprachkenntnissen — doch rech
problematischer Natur. Jeder, der die Verhältnisse kennt, weiß, daß der eng
lische Matrose ein ganz andrer Mensch als der deutsche ist. Sein Schulunter
richt und seine Erziehung sind im Durchschnitt viel geringer als die de
deutscheu, dazu ist er viel roher und unzuverlässiger und nnter Umstände
brutal und streitsüchtig. Für den deutschen Matrosen ist es bisher ein wahre
Glück gewesen, daß nicht selten junge Leute aus bessern Familien das Logi
mit ihm geteilt haben; hält man diese daraus fern, dann fehlt für die ander
Sauerteig und Salz zum Brotbacken, und die Gesamtheit unsrer Seeleute muß i
jeder Hinsicht Einbuße an ihren guten Eigenschaften erleiden. Freuen wir un
nicht jedesmal, wenn in den Zeitungen unsre Seeleute vor denen andre
Nationen ihres gesitteten Betragens wegen gelobt werden? Wie wird e
damit werden, wenn ihnen die guten Beispiele der Söhne ans bessern Familien
fehlen, indem man diese durch die Kajütenfenster ins Schiff spazieren läß
und zweierlei Schiffsoffiziere schafft, von denen diese Art von dem Denken und
dem Fühlen, von den Freuden und den Leiden des Matrosen keine Ahnung
hat? Und wie wird es bei diesen feinen Herrchen mit der Disziplin bestell
sein? Ich habe oben gesagt: Die jungen Leute der Küstenbcvölkernng gehn
in der Hoffnung zur See, daß sie es später zum Kapitän oder doch zu
Steuermann bringen. Durch Kadetteuschulschiffe nimmt man ihnen diese Hoff¬
nung, und durch Einstellung von zehn Kadetten hält man dreißig andre Jungen

von der Seefahrt fern. Ob der Herr 8 seine Jungen, wenn er welche hat
Wohl zur See gehn läßt? Ja Bauer, das ist ganz was andres!
Wie es auf See zwischendurch im neuen Jahrhundert noch hergeht, möge
zwei Zitate aus der Hansa Ur. 18 dieses Jahres illustrieren: 1. Die jüng
vor dem Hamburger Seeamt abgehaltn« Verhandlung über die Kollision de
deutschen Fischerkutters H? Ur. 194 Schwalbe Finkenwärder mit dem hol
ländischen Fischdampfer Holland I führt uns Zustünde vor Augen, wie sie fü


Wikingerzeit oder unter der schwarzen Flagge der Korsaren
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0413" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/291490"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> den Hinweis, &#x201E;daß englische und französische Offiziere längst eine andr<lb/>
praktische Ausbildung wie englische und französische Matrosen genießen." E<lb/>
ist wahr, daß wir von englischen Seeleuten manches gelernt haben, inde<lb/>
unsre jungen Seeleute auf englischen Schiffen gedient und später ihre Er</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1319"> arungenaueuenenerereaen,aerroemere<lb/>
winn für sie selbst &#x2014; abgesehen von den Sprachkenntnissen &#x2014; doch rech<lb/>
problematischer Natur. Jeder, der die Verhältnisse kennt, weiß, daß der eng<lb/>
lische Matrose ein ganz andrer Mensch als der deutsche ist. Sein Schulunter<lb/>
richt und seine Erziehung sind im Durchschnitt viel geringer als die de<lb/>
deutscheu, dazu ist er viel roher und unzuverlässiger und nnter Umstände<lb/>
brutal und streitsüchtig. Für den deutschen Matrosen ist es bisher ein wahre<lb/>
Glück gewesen, daß nicht selten junge Leute aus bessern Familien das Logi<lb/>
mit ihm geteilt haben; hält man diese daraus fern, dann fehlt für die ander<lb/>
Sauerteig und Salz zum Brotbacken, und die Gesamtheit unsrer Seeleute muß i<lb/>
jeder Hinsicht Einbuße an ihren guten Eigenschaften erleiden. Freuen wir un<lb/>
nicht jedesmal, wenn in den Zeitungen unsre Seeleute vor denen andre<lb/>
Nationen ihres gesitteten Betragens wegen gelobt werden? Wie wird e<lb/>
damit werden, wenn ihnen die guten Beispiele der Söhne ans bessern Familien<lb/>
fehlen, indem man diese durch die Kajütenfenster ins Schiff spazieren läß<lb/>
und zweierlei Schiffsoffiziere schafft, von denen diese Art von dem Denken und<lb/>
dem Fühlen, von den Freuden und den Leiden des Matrosen keine Ahnung<lb/>
hat? Und wie wird es bei diesen feinen Herrchen mit der Disziplin bestell<lb/>
sein? Ich habe oben gesagt: Die jungen Leute der Küstenbcvölkernng gehn<lb/>
in der Hoffnung zur See, daß sie es später zum Kapitän oder doch zu<lb/>
Steuermann bringen. Durch Kadetteuschulschiffe nimmt man ihnen diese Hoff¬<lb/>
nung, und durch Einstellung von zehn Kadetten hält man dreißig andre Jungen</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1320" next="#ID_1321"> von der Seefahrt fern. Ob der Herr 8 seine Jungen, wenn er welche hat<lb/>
Wohl zur See gehn läßt?  Ja Bauer, das ist ganz was andres!<lb/>
Wie es auf See zwischendurch im neuen Jahrhundert noch hergeht, möge<lb/>
zwei Zitate aus der Hansa Ur. 18 dieses Jahres illustrieren: 1. Die jüng<lb/>
vor dem Hamburger Seeamt abgehaltn« Verhandlung über die Kollision de<lb/>
deutschen Fischerkutters H? Ur. 194 Schwalbe Finkenwärder mit dem hol<lb/>
ländischen Fischdampfer Holland I führt uns Zustünde vor Augen, wie sie fü</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Wikingerzeit oder unter der schwarzen Flagge der Korsaren</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0413] den Hinweis, „daß englische und französische Offiziere längst eine andr praktische Ausbildung wie englische und französische Matrosen genießen." E ist wahr, daß wir von englischen Seeleuten manches gelernt haben, inde unsre jungen Seeleute auf englischen Schiffen gedient und später ihre Er arungenaueuenenerereaen,aerroemere winn für sie selbst — abgesehen von den Sprachkenntnissen — doch rech problematischer Natur. Jeder, der die Verhältnisse kennt, weiß, daß der eng lische Matrose ein ganz andrer Mensch als der deutsche ist. Sein Schulunter richt und seine Erziehung sind im Durchschnitt viel geringer als die de deutscheu, dazu ist er viel roher und unzuverlässiger und nnter Umstände brutal und streitsüchtig. Für den deutschen Matrosen ist es bisher ein wahre Glück gewesen, daß nicht selten junge Leute aus bessern Familien das Logi mit ihm geteilt haben; hält man diese daraus fern, dann fehlt für die ander Sauerteig und Salz zum Brotbacken, und die Gesamtheit unsrer Seeleute muß i jeder Hinsicht Einbuße an ihren guten Eigenschaften erleiden. Freuen wir un nicht jedesmal, wenn in den Zeitungen unsre Seeleute vor denen andre Nationen ihres gesitteten Betragens wegen gelobt werden? Wie wird e damit werden, wenn ihnen die guten Beispiele der Söhne ans bessern Familien fehlen, indem man diese durch die Kajütenfenster ins Schiff spazieren läß und zweierlei Schiffsoffiziere schafft, von denen diese Art von dem Denken und dem Fühlen, von den Freuden und den Leiden des Matrosen keine Ahnung hat? Und wie wird es bei diesen feinen Herrchen mit der Disziplin bestell sein? Ich habe oben gesagt: Die jungen Leute der Küstenbcvölkernng gehn in der Hoffnung zur See, daß sie es später zum Kapitän oder doch zu Steuermann bringen. Durch Kadetteuschulschiffe nimmt man ihnen diese Hoff¬ nung, und durch Einstellung von zehn Kadetten hält man dreißig andre Jungen von der Seefahrt fern. Ob der Herr 8 seine Jungen, wenn er welche hat Wohl zur See gehn läßt? Ja Bauer, das ist ganz was andres! Wie es auf See zwischendurch im neuen Jahrhundert noch hergeht, möge zwei Zitate aus der Hansa Ur. 18 dieses Jahres illustrieren: 1. Die jüng vor dem Hamburger Seeamt abgehaltn« Verhandlung über die Kollision de deutschen Fischerkutters H? Ur. 194 Schwalbe Finkenwärder mit dem hol ländischen Fischdampfer Holland I führt uns Zustünde vor Augen, wie sie fü Wikingerzeit oder unter der schwarzen Flagge der Korsaren

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/413
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/413>, abgerufen am 24.05.2024.