Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.Auf klassischem Boden Beate Borns-Jeep Novelle von(Fortsetzung) is Kurtchen nach diesem Frühstück in seinem teppichbelegten Zimmer Vielleicht hätte er gewünscht, daß ein beherzteres Wesen als er Während er in dem großen Raum zornig auf und ab lief, über¬ Durch die Spalten der Jalousien kam das Sonnenlicht gedämpft herein. Eine Kurtchen schloß die Augen und erlaubte seinen Überlegungen in ein gemäßigteres Und diese Malerin? Sie hatte ebenfalls so bestimmt wie einfach gedankt und Die Bredows vergaßen ihn ja nie. Es war denkbar, daß sie ihn vermißt Auf klassischem Boden Beate Borns-Jeep Novelle von(Fortsetzung) is Kurtchen nach diesem Frühstück in seinem teppichbelegten Zimmer Vielleicht hätte er gewünscht, daß ein beherzteres Wesen als er Während er in dem großen Raum zornig auf und ab lief, über¬ Durch die Spalten der Jalousien kam das Sonnenlicht gedämpft herein. Eine Kurtchen schloß die Augen und erlaubte seinen Überlegungen in ein gemäßigteres Und diese Malerin? Sie hatte ebenfalls so bestimmt wie einfach gedankt und Die Bredows vergaßen ihn ja nie. Es war denkbar, daß sie ihn vermißt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0572" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/291649"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341871_291076/figures/grenzboten_341871_291076_291649_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Auf klassischem Boden<lb/><note type="byline"> Beate Borns-Jeep</note> Novelle von(Fortsetzung)</head><lb/> <p xml:id="ID_2019"> is Kurtchen nach diesem Frühstück in seinem teppichbelegten Zimmer<lb/> im ersten Stock allein war, zog er die seidne Schlafmütze unter dem<lb/> Kopfkissen hervor, wo sie lag, und trat darauf.</p><lb/> <p xml:id="ID_2020"> Vielleicht hätte er gewünscht, daß ein beherzteres Wesen als er<lb/> mit Trude ähnlich verfahre.</p><lb/> <p xml:id="ID_2021"> Während er in dem großen Raum zornig auf und ab lief, über¬<lb/> legte er, daß es doch nachgerade unerträglich wäre, was diese jungen Dinger ihm<lb/> zu bieten wagten. Wie einen Hampelmann am Draht, so würden sie ihn nächstens<lb/> tanzen lassen — öffentlich vor allen Leuten! Kurtchen warf sich auf den Divan<lb/> und steckte das Gesicht ins Polster: daß sie es sichtbar thaten, das war am Ende<lb/> ja der einzige Unterschied gegen das, was von jeher mit ihm geschehn war. Bisher<lb/> war er immer unter irgend einem ernsthaften Vorwand an der Kette geführt<lb/> worden. Von seiner Mutter in ordentlich zurechtgemachten Gleisen, später von Frnn<lb/> von Bredow, auch energisch, aber weniger eisern, im Gegenteil mit einer gewissen<lb/> erfreuliche» Frische, etwa so wie ein Strom das mitführe, was in seinen Macht¬<lb/> bereich fällt. Aber diese dreisten kleinen Sturzbäche, die auf Rechnung der Mutter<lb/> ihren Mutwillen mit ihm trieben, diese Frida und namentlich Trude, die ihn<lb/> hernmstießen wie irgend ein Holz, die wollte er nicht länger ertragen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2022"> Durch die Spalten der Jalousien kam das Sonnenlicht gedämpft herein. Eine<lb/> einzige große Summfliege, die sich ähnlich wie Kurtchen beschäftigte und an den<lb/> Scheiben beständig den durchlässigen Punkt suchte, wo sie sich mit dem Sonnen¬<lb/> schein, den sie sah, thatsächlich vereinigen könnte, gab mit ihrem Singsang der<lb/> Stunde etwas sommerlich schläfriges.</p><lb/> <p xml:id="ID_2023"> Kurtchen schloß die Augen und erlaubte seinen Überlegungen in ein gemäßigteres<lb/> Tempo, in Träumerei überzugehn. Wie merkwürdig, daß es selbständige Menschen<lb/> gab! Er hatte bisher nnr an Beherrschte und Herrschende gedacht, aber dies war<lb/> noch etwas andres, wie zum Beispiel diese Malerin war. Vorhin, als man sich<lb/> nach dem Frühstück trennte, hatte Frau von Bredow zu ihr gesagt: So, liebes<lb/> Fräulein, nun legen Sie sich oben im Zimmer bei meinen Töchtern ein bischen<lb/> aufs Ohr. Um halb fünf Uhr trinken wir zusammen Thee, und wenn Sie uns<lb/> dann bei einem kleinen Spaziergang auf den Pincio begleiten wollen, wird es uns<lb/> sehr augenehm sein. Das war alles so einfach und bestimmt gewesen, eben so wie<lb/> Frau von Bredow zu regieren verstand.</p><lb/> <p xml:id="ID_2024"> Und diese Malerin? Sie hatte ebenfalls so bestimmt wie einfach gedankt und<lb/> war gegangen, Trude hatte nicht einmal Zeit gehabt, ihren geräuschvollen Protest<lb/> anzubringen. Niemand war gekränkt — im Gegenteil, er hatte den Eindruck, daß<lb/> das Mädchen bei allen Beteiligten noch gewonnen habe. Man wünschte unwill¬<lb/> kürlich, sie öfter zu sehen und näher kennen zu lernen. Was hatte er dagegen für<lb/> eine Stellung!</p><lb/> <p xml:id="ID_2025" next="#ID_2026"> Die Bredows vergaßen ihn ja nie. Es war denkbar, daß sie ihn vermißt</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0572]
[Abbildung]
Auf klassischem Boden
Beate Borns-Jeep Novelle von(Fortsetzung)
is Kurtchen nach diesem Frühstück in seinem teppichbelegten Zimmer
im ersten Stock allein war, zog er die seidne Schlafmütze unter dem
Kopfkissen hervor, wo sie lag, und trat darauf.
Vielleicht hätte er gewünscht, daß ein beherzteres Wesen als er
mit Trude ähnlich verfahre.
Während er in dem großen Raum zornig auf und ab lief, über¬
legte er, daß es doch nachgerade unerträglich wäre, was diese jungen Dinger ihm
zu bieten wagten. Wie einen Hampelmann am Draht, so würden sie ihn nächstens
tanzen lassen — öffentlich vor allen Leuten! Kurtchen warf sich auf den Divan
und steckte das Gesicht ins Polster: daß sie es sichtbar thaten, das war am Ende
ja der einzige Unterschied gegen das, was von jeher mit ihm geschehn war. Bisher
war er immer unter irgend einem ernsthaften Vorwand an der Kette geführt
worden. Von seiner Mutter in ordentlich zurechtgemachten Gleisen, später von Frnn
von Bredow, auch energisch, aber weniger eisern, im Gegenteil mit einer gewissen
erfreuliche» Frische, etwa so wie ein Strom das mitführe, was in seinen Macht¬
bereich fällt. Aber diese dreisten kleinen Sturzbäche, die auf Rechnung der Mutter
ihren Mutwillen mit ihm trieben, diese Frida und namentlich Trude, die ihn
hernmstießen wie irgend ein Holz, die wollte er nicht länger ertragen.
Durch die Spalten der Jalousien kam das Sonnenlicht gedämpft herein. Eine
einzige große Summfliege, die sich ähnlich wie Kurtchen beschäftigte und an den
Scheiben beständig den durchlässigen Punkt suchte, wo sie sich mit dem Sonnen¬
schein, den sie sah, thatsächlich vereinigen könnte, gab mit ihrem Singsang der
Stunde etwas sommerlich schläfriges.
Kurtchen schloß die Augen und erlaubte seinen Überlegungen in ein gemäßigteres
Tempo, in Träumerei überzugehn. Wie merkwürdig, daß es selbständige Menschen
gab! Er hatte bisher nnr an Beherrschte und Herrschende gedacht, aber dies war
noch etwas andres, wie zum Beispiel diese Malerin war. Vorhin, als man sich
nach dem Frühstück trennte, hatte Frau von Bredow zu ihr gesagt: So, liebes
Fräulein, nun legen Sie sich oben im Zimmer bei meinen Töchtern ein bischen
aufs Ohr. Um halb fünf Uhr trinken wir zusammen Thee, und wenn Sie uns
dann bei einem kleinen Spaziergang auf den Pincio begleiten wollen, wird es uns
sehr augenehm sein. Das war alles so einfach und bestimmt gewesen, eben so wie
Frau von Bredow zu regieren verstand.
Und diese Malerin? Sie hatte ebenfalls so bestimmt wie einfach gedankt und
war gegangen, Trude hatte nicht einmal Zeit gehabt, ihren geräuschvollen Protest
anzubringen. Niemand war gekränkt — im Gegenteil, er hatte den Eindruck, daß
das Mädchen bei allen Beteiligten noch gewonnen habe. Man wünschte unwill¬
kürlich, sie öfter zu sehen und näher kennen zu lernen. Was hatte er dagegen für
eine Stellung!
Die Bredows vergaßen ihn ja nie. Es war denkbar, daß sie ihn vermißt
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