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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.

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Allerlei Neues vom Monde

da, wo sogar alte Bauernstellen (!) geschäftsmäßig zerschlagen werden, einsetzen
müßte. Das aber muß jetzt im Staatsinteresse gefordert werden, daß der
Staat auch in Pommern, Ostpreußen, Schlesien und Brandenburg den privat¬
kapitalistischen Unternehmungen wenigstens endlich eine gesunde Konkurrenz
schafft, wie er dies eben nur als höchsteigner Unternehmer und Finanzmann
thun kann, also mindestens eine eigne staatliche Ansiedlnngsbank errichtet, wenn
es denn durchaus keine erweiterte Ansiedlungskommission sein soll. Dies wäre
ein letzter Versuch, der vor der Hand vielleicht ausreichend sein möchte, den
aber unsers Erachtens der Staat Preußen nicht weiter unterlassen und auch
durchaus nicht mehr lange aufschieben darf, und wir glauben, daß er ihn that¬
sächlich alles in allem weniger kosten wird als das jetzige Rentengütervermitt-
lungsverfahren. Eine solche Staatsbank als Zwischenbehörde würde aus dem
Reservefonds der Nentenbank mit dem erforderlichen Ankaufkredit auszustatten
sein und fände ihre Anlehnung zur Ausnutzung von Zwischenkredit und Nenten-
briefcu an die schon bestehenden Generalkommissionen, die dann vielleicht einer
Umgestaltung entbehren könnten. So ließe sich auch den Anschauungen des
Herrenhauses und vielleicht auch den Wünschen des Grafen Kcmitz und andrer
grundsätzlicher Gegner der Generalkommissionen am leichtesten Rechnung tragen.
Das Einzelne wäre Frage der Organisation, die für uns von untergeordneter
Bedeutung ist. Die Hauptsache ist und bleibt: was geschehn soll, das geschehe
bald, ehe es zu spät ist!




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s sind keine naturwissenschaftlichen Fragen, die hier erörtert werden
sollen: nicht von Mondgebirgcn und Mondthälern, nicht von Mond¬
phasen und Umlaufszeiten, nicht von Ebbe und Flut im Wasser- und
Luftmeer unsrer Erde soll in den folgenden Zeilen die Rede sein,
sondern der Gegenstand, um den es sich handelt, ist der Name des
Mondes. Wir wollen die Bezeichnungen zusammenstellen, die man
für den treuen Begleiter unsrer Erde erdacht hat, und diese auf ihren eigentlichen
Sinn und Wert prüfen -- natürlich, um nicht ins Uferlose zu schweifen, mit ge¬
bührender Beschränkung. Nur unsre eigne Sprache und die ihr nahestehenden
Sprachen der indogermanischen Völkergruppe sollen berücksichtigt, und von diesen
nur das wichtigste herangezogen werden.

Mit der Namengebung ist es eine eigne Sache, und es fällt mir dabei eine
alte Geschichte ein, die sich einmal irgendwo zugetragen haben soll. Ein Geistlicher
eifert einmal auf der Kanzel im Stil des Abraham a Santa Clara wider den
Hochmut derer, die alle Schranken der Natur durchbrechen, alle Rätsel und Geheim¬
nisse lösen wollen, und schließt seine Ausführungen mit den Worten: Ja, meine
Andächtigen, so machen es heute die Freigeister und Klüglinge, selbst den Sternen
dort oben am Himmelszelt haben sie jedwedem seinen eignen Namen gegeben -- aber,


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da, wo sogar alte Bauernstellen (!) geschäftsmäßig zerschlagen werden, einsetzen
müßte. Das aber muß jetzt im Staatsinteresse gefordert werden, daß der
Staat auch in Pommern, Ostpreußen, Schlesien und Brandenburg den privat¬
kapitalistischen Unternehmungen wenigstens endlich eine gesunde Konkurrenz
schafft, wie er dies eben nur als höchsteigner Unternehmer und Finanzmann
thun kann, also mindestens eine eigne staatliche Ansiedlnngsbank errichtet, wenn
es denn durchaus keine erweiterte Ansiedlungskommission sein soll. Dies wäre
ein letzter Versuch, der vor der Hand vielleicht ausreichend sein möchte, den
aber unsers Erachtens der Staat Preußen nicht weiter unterlassen und auch
durchaus nicht mehr lange aufschieben darf, und wir glauben, daß er ihn that¬
sächlich alles in allem weniger kosten wird als das jetzige Rentengütervermitt-
lungsverfahren. Eine solche Staatsbank als Zwischenbehörde würde aus dem
Reservefonds der Nentenbank mit dem erforderlichen Ankaufkredit auszustatten
sein und fände ihre Anlehnung zur Ausnutzung von Zwischenkredit und Nenten-
briefcu an die schon bestehenden Generalkommissionen, die dann vielleicht einer
Umgestaltung entbehren könnten. So ließe sich auch den Anschauungen des
Herrenhauses und vielleicht auch den Wünschen des Grafen Kcmitz und andrer
grundsätzlicher Gegner der Generalkommissionen am leichtesten Rechnung tragen.
Das Einzelne wäre Frage der Organisation, die für uns von untergeordneter
Bedeutung ist. Die Hauptsache ist und bleibt: was geschehn soll, das geschehe
bald, ehe es zu spät ist!




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s sind keine naturwissenschaftlichen Fragen, die hier erörtert werden
sollen: nicht von Mondgebirgcn und Mondthälern, nicht von Mond¬
phasen und Umlaufszeiten, nicht von Ebbe und Flut im Wasser- und
Luftmeer unsrer Erde soll in den folgenden Zeilen die Rede sein,
sondern der Gegenstand, um den es sich handelt, ist der Name des
Mondes. Wir wollen die Bezeichnungen zusammenstellen, die man
für den treuen Begleiter unsrer Erde erdacht hat, und diese auf ihren eigentlichen
Sinn und Wert prüfen — natürlich, um nicht ins Uferlose zu schweifen, mit ge¬
bührender Beschränkung. Nur unsre eigne Sprache und die ihr nahestehenden
Sprachen der indogermanischen Völkergruppe sollen berücksichtigt, und von diesen
nur das wichtigste herangezogen werden.

Mit der Namengebung ist es eine eigne Sache, und es fällt mir dabei eine
alte Geschichte ein, die sich einmal irgendwo zugetragen haben soll. Ein Geistlicher
eifert einmal auf der Kanzel im Stil des Abraham a Santa Clara wider den
Hochmut derer, die alle Schranken der Natur durchbrechen, alle Rätsel und Geheim¬
nisse lösen wollen, und schließt seine Ausführungen mit den Worten: Ja, meine
Andächtigen, so machen es heute die Freigeister und Klüglinge, selbst den Sternen
dort oben am Himmelszelt haben sie jedwedem seinen eignen Namen gegeben — aber,


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[0676] Allerlei Neues vom Monde da, wo sogar alte Bauernstellen (!) geschäftsmäßig zerschlagen werden, einsetzen müßte. Das aber muß jetzt im Staatsinteresse gefordert werden, daß der Staat auch in Pommern, Ostpreußen, Schlesien und Brandenburg den privat¬ kapitalistischen Unternehmungen wenigstens endlich eine gesunde Konkurrenz schafft, wie er dies eben nur als höchsteigner Unternehmer und Finanzmann thun kann, also mindestens eine eigne staatliche Ansiedlnngsbank errichtet, wenn es denn durchaus keine erweiterte Ansiedlungskommission sein soll. Dies wäre ein letzter Versuch, der vor der Hand vielleicht ausreichend sein möchte, den aber unsers Erachtens der Staat Preußen nicht weiter unterlassen und auch durchaus nicht mehr lange aufschieben darf, und wir glauben, daß er ihn that¬ sächlich alles in allem weniger kosten wird als das jetzige Rentengütervermitt- lungsverfahren. Eine solche Staatsbank als Zwischenbehörde würde aus dem Reservefonds der Nentenbank mit dem erforderlichen Ankaufkredit auszustatten sein und fände ihre Anlehnung zur Ausnutzung von Zwischenkredit und Nenten- briefcu an die schon bestehenden Generalkommissionen, die dann vielleicht einer Umgestaltung entbehren könnten. So ließe sich auch den Anschauungen des Herrenhauses und vielleicht auch den Wünschen des Grafen Kcmitz und andrer grundsätzlicher Gegner der Generalkommissionen am leichtesten Rechnung tragen. Das Einzelne wäre Frage der Organisation, die für uns von untergeordneter Bedeutung ist. Die Hauptsache ist und bleibt: was geschehn soll, das geschehe bald, ehe es zu spät ist! Allerlei Neues vom Monde s sind keine naturwissenschaftlichen Fragen, die hier erörtert werden sollen: nicht von Mondgebirgcn und Mondthälern, nicht von Mond¬ phasen und Umlaufszeiten, nicht von Ebbe und Flut im Wasser- und Luftmeer unsrer Erde soll in den folgenden Zeilen die Rede sein, sondern der Gegenstand, um den es sich handelt, ist der Name des Mondes. Wir wollen die Bezeichnungen zusammenstellen, die man für den treuen Begleiter unsrer Erde erdacht hat, und diese auf ihren eigentlichen Sinn und Wert prüfen — natürlich, um nicht ins Uferlose zu schweifen, mit ge¬ bührender Beschränkung. Nur unsre eigne Sprache und die ihr nahestehenden Sprachen der indogermanischen Völkergruppe sollen berücksichtigt, und von diesen nur das wichtigste herangezogen werden. Mit der Namengebung ist es eine eigne Sache, und es fällt mir dabei eine alte Geschichte ein, die sich einmal irgendwo zugetragen haben soll. Ein Geistlicher eifert einmal auf der Kanzel im Stil des Abraham a Santa Clara wider den Hochmut derer, die alle Schranken der Natur durchbrechen, alle Rätsel und Geheim¬ nisse lösen wollen, und schließt seine Ausführungen mit den Worten: Ja, meine Andächtigen, so machen es heute die Freigeister und Klüglinge, selbst den Sternen dort oben am Himmelszelt haben sie jedwedem seinen eignen Namen gegeben — aber,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/676>, abgerufen am 24.05.2024.