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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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Die französischen Landesbefestigungen

le französische politische Presse ist im allgemeinen ziemlich zurück¬
haltend gewesen bei der scheinbaren Annäherung zwischen Deutsch¬
land und England, die sich nach der Meinung der deutschen
Presse gezeigt hat, als Krügers Besuch in Berlin zurückgewiesen
wurde, der Kaiser längere Zeit in England verweilte, und der
Schwarze Adlerorden an General Roberts verliehen wurde. Andre, ruhiger
und rationeller urteilende Organe haben freilich immer von neuem darauf hin¬
gewiesen, daß diese Vorkommnisse des tiefern politischen Hintergrunds entbehren,
lind das; der Reichskanzler ohne Zweifel berechtigt war, vor dem Reichstage
zu erklären, daß eine Änderung unsrer Beziehungen zu England durchaus
nicht eingetreten sei, und daß etwaige Bündnisgedanken uns jetzt genau so fern
lägen wie bisher. Wenn demnach die Besorgnisse gewisser deutscher Preßorgane,
daß eine zu große Annäherung an England und damit eine offenbare Ver¬
letzung der Neutralität gegenüber den englisch-burischen Differenzen ins Werk
gesetzt worden sei, vollständig unbegründet ist. so erschien es doch auffallend,
daß die französische Presse, die gewohnt ist, ans Deutschland nach jeder Rich¬
tung hin ein wachsames Ange zu richten, auf diese freundschaftlichen Be¬
thätigungen und besonders ans den langen Aufenthalt des Kaisers in England
nuscheinend sehr wenig Wert legte, und daß Befürchtungen, als könnten
Bimduisgedauken gepflegt werden, nicht zu Tage traten.'

Anders ist es miteinem Teil der französischen militärischen Presse, und
es erscheint uns als sehr beachtenswert, daß beispielsweise in der l?rare,<z
wiüwirs ein militärischer Mitarbeiter -- Oberst Gremion -- ganz unverhohlen
von einer iMM<n M^o-allsm-Mac spricht und deren Konsequenzen zum Gegen¬
stand der Erörterung macht. Er schreibt: "Das englisch-deutsche Bündnis
schafft für uns noch größere Gefahren (d. i. als die vorher besprochne Erweite¬
rung der Befestiqnngen von Metz). Trotz des Widerspruchs seiner Völker
wird sich der Kaiser, 'der ein ganz bestimmtes Ziel verfolgt, mehr an England


GrenzboK'n II 1901 2"


Die französischen Landesbefestigungen

le französische politische Presse ist im allgemeinen ziemlich zurück¬
haltend gewesen bei der scheinbaren Annäherung zwischen Deutsch¬
land und England, die sich nach der Meinung der deutschen
Presse gezeigt hat, als Krügers Besuch in Berlin zurückgewiesen
wurde, der Kaiser längere Zeit in England verweilte, und der
Schwarze Adlerorden an General Roberts verliehen wurde. Andre, ruhiger
und rationeller urteilende Organe haben freilich immer von neuem darauf hin¬
gewiesen, daß diese Vorkommnisse des tiefern politischen Hintergrunds entbehren,
lind das; der Reichskanzler ohne Zweifel berechtigt war, vor dem Reichstage
zu erklären, daß eine Änderung unsrer Beziehungen zu England durchaus
nicht eingetreten sei, und daß etwaige Bündnisgedanken uns jetzt genau so fern
lägen wie bisher. Wenn demnach die Besorgnisse gewisser deutscher Preßorgane,
daß eine zu große Annäherung an England und damit eine offenbare Ver¬
letzung der Neutralität gegenüber den englisch-burischen Differenzen ins Werk
gesetzt worden sei, vollständig unbegründet ist. so erschien es doch auffallend,
daß die französische Presse, die gewohnt ist, ans Deutschland nach jeder Rich¬
tung hin ein wachsames Ange zu richten, auf diese freundschaftlichen Be¬
thätigungen und besonders ans den langen Aufenthalt des Kaisers in England
nuscheinend sehr wenig Wert legte, und daß Befürchtungen, als könnten
Bimduisgedauken gepflegt werden, nicht zu Tage traten.'

Anders ist es miteinem Teil der französischen militärischen Presse, und
es erscheint uns als sehr beachtenswert, daß beispielsweise in der l?rare,<z
wiüwirs ein militärischer Mitarbeiter — Oberst Gremion — ganz unverhohlen
von einer iMM<n M^o-allsm-Mac spricht und deren Konsequenzen zum Gegen¬
stand der Erörterung macht. Er schreibt: „Das englisch-deutsche Bündnis
schafft für uns noch größere Gefahren (d. i. als die vorher besprochne Erweite¬
rung der Befestiqnngen von Metz). Trotz des Widerspruchs seiner Völker
wird sich der Kaiser, 'der ein ganz bestimmtes Ziel verfolgt, mehr an England


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[0201] [Abbildung] Die französischen Landesbefestigungen le französische politische Presse ist im allgemeinen ziemlich zurück¬ haltend gewesen bei der scheinbaren Annäherung zwischen Deutsch¬ land und England, die sich nach der Meinung der deutschen Presse gezeigt hat, als Krügers Besuch in Berlin zurückgewiesen wurde, der Kaiser längere Zeit in England verweilte, und der Schwarze Adlerorden an General Roberts verliehen wurde. Andre, ruhiger und rationeller urteilende Organe haben freilich immer von neuem darauf hin¬ gewiesen, daß diese Vorkommnisse des tiefern politischen Hintergrunds entbehren, lind das; der Reichskanzler ohne Zweifel berechtigt war, vor dem Reichstage zu erklären, daß eine Änderung unsrer Beziehungen zu England durchaus nicht eingetreten sei, und daß etwaige Bündnisgedanken uns jetzt genau so fern lägen wie bisher. Wenn demnach die Besorgnisse gewisser deutscher Preßorgane, daß eine zu große Annäherung an England und damit eine offenbare Ver¬ letzung der Neutralität gegenüber den englisch-burischen Differenzen ins Werk gesetzt worden sei, vollständig unbegründet ist. so erschien es doch auffallend, daß die französische Presse, die gewohnt ist, ans Deutschland nach jeder Rich¬ tung hin ein wachsames Ange zu richten, auf diese freundschaftlichen Be¬ thätigungen und besonders ans den langen Aufenthalt des Kaisers in England nuscheinend sehr wenig Wert legte, und daß Befürchtungen, als könnten Bimduisgedauken gepflegt werden, nicht zu Tage traten.' Anders ist es miteinem Teil der französischen militärischen Presse, und es erscheint uns als sehr beachtenswert, daß beispielsweise in der l?rare,<z wiüwirs ein militärischer Mitarbeiter — Oberst Gremion — ganz unverhohlen von einer iMM<n M^o-allsm-Mac spricht und deren Konsequenzen zum Gegen¬ stand der Erörterung macht. Er schreibt: „Das englisch-deutsche Bündnis schafft für uns noch größere Gefahren (d. i. als die vorher besprochne Erweite¬ rung der Befestiqnngen von Metz). Trotz des Widerspruchs seiner Völker wird sich der Kaiser, 'der ein ganz bestimmtes Ziel verfolgt, mehr an England GrenzboK'n II 1901 2"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/201>, abgerufen am 05.05.2024.