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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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anschliche", dessen Mitwirkung ihm durchaus notwendig ist für die Angliede-
ruug der deutscheu Provinzen Österreichs an heilt Reich; diese Erwägung wird
für ihn immer an erster Stelle stehn." Und später heißt es: "Der Kaiser
wird die ihm zur Verfügung gestellten Land- lind Seestreitkräfte benutzen, um
über die Nordostgrenze in Frankreich einzudringen, indem er zugleich einen
energischen Landuugsversuch an unsern Küsten macht. Zur Durchführung
dieses Unternehmens wird er die alliierte Flotte, als Beherrscherin des Meeres,
zu seiner Verfügung haben und außerdem besondre Trausportfahrzeuge, die
seine Truppen ans Land setzen." Der direkte Zweck dieser Betrachtungen war,
die Aufmerksamkeit der leitenden Stelle auf die Land- und Kiistenbefestiguugeu
Frankreichs hinzulenken und vor allem vor ihrer Verminderung, die schon seit
zwei Jahren als Projekt vorliegt, zu wnrueu. Vor zwei Jahren, um
24. Februar 1899, legte nämlich der damalige Kriegsminister Freycinet den
Kammern einen Gesetzentwurf vor zu einer veränderten Klassifizierung der
Laudesbefestiguugeu. In den Motiven hieß es, daß das System der Be-
festigungen schon seit dem Jahre 1885 in einer .Krisis sei, die in der Haupt¬
sache durch die Erfindung neuer Geschütze und Geschosse hervorgerufen werde.
Die bisherige^Art der Befestigung habe keinen genügenden Schutz mehr gewährt,
und mau sei deshalb genötigt gewesen, Panzerungen für die Artillerie und
betonierte Unterliiuftsräuine für die Mannschaften und das Material anzu¬
nehmen. Wenn diese Maßregeln ohne Zweifel zweckentsprechend seien, so
hätten sie andrerseits den Nachteil, sehr kostspielig zu sein. Die iwtwenoigsteu
dieser Bauten, Veränderungen und Verbesserungen haben in deu letzten Jahren
bei den wichtigsten Festungen stattgefunden; die Höhe der erforderlichen Aus¬
gaben Hütte es aber nahe gelegt, zu erwäge", ob dies in demselben Maße für
alle Festungen möglich und erforderlich sei. Da nun deu befestigten Plätzen
im Kriege sehr verschiedne Aufgaben zufallen, so habe dementsprechend die
Notwendigkeit ihres veränderten Aufbaus beurteilt werde" müssen, und mau
sei auf dieser Grundlage dahin gekommen, eine Neueinteilung aller festen Plätze
"ach dem Grade ihrer strategischen lind defensiven Wichtigkeit vorzunehmen.
Das Gesetz vom 10. Juli 1891 habe alle Befestigungen Frankreichs in drei
Klaffen eingeteilt, und das entspräche auch jetzt noch den Anforderungen der
modernen Strategie.

Hieran anschließend bestimmt nun der Gesetzentwurf, daß die erste Klasse
der Festungswerke alle Plätze und Befestigungen umfassen soll, die ans Grund
der wichtigen einflußreiche" Rolle, die ihnen bei der Verteidigung des Landes
zufällt, mit alleil den Vorkehrungen und Hilfsmitteln ausgestattet werden
müssen, die sie zu einem lauge währenden Widerstande befähigen. Diese
Arbeiten müssen vollständig beendet und fortwährend auf der Höhe aller Ver¬
besserungen für Augriff und Verteidigung unterhalten werdeu. Dieser ersten
Klasse sollen zugeteilt werden: die Festungen Paris, Lyon, Verdun, Toul, die
Forts Frouard, Pont-Saint-Vincent, Mauvnviller; die Festungen Epiunl,
Belfort, das Fort Cognolod, die Festungen Bourg Se. Maurice, Modaue,


anschliche», dessen Mitwirkung ihm durchaus notwendig ist für die Angliede-
ruug der deutscheu Provinzen Österreichs an heilt Reich; diese Erwägung wird
für ihn immer an erster Stelle stehn." Und später heißt es: „Der Kaiser
wird die ihm zur Verfügung gestellten Land- lind Seestreitkräfte benutzen, um
über die Nordostgrenze in Frankreich einzudringen, indem er zugleich einen
energischen Landuugsversuch an unsern Küsten macht. Zur Durchführung
dieses Unternehmens wird er die alliierte Flotte, als Beherrscherin des Meeres,
zu seiner Verfügung haben und außerdem besondre Trausportfahrzeuge, die
seine Truppen ans Land setzen." Der direkte Zweck dieser Betrachtungen war,
die Aufmerksamkeit der leitenden Stelle auf die Land- und Kiistenbefestiguugeu
Frankreichs hinzulenken und vor allem vor ihrer Verminderung, die schon seit
zwei Jahren als Projekt vorliegt, zu wnrueu. Vor zwei Jahren, um
24. Februar 1899, legte nämlich der damalige Kriegsminister Freycinet den
Kammern einen Gesetzentwurf vor zu einer veränderten Klassifizierung der
Laudesbefestiguugeu. In den Motiven hieß es, daß das System der Be-
festigungen schon seit dem Jahre 1885 in einer .Krisis sei, die in der Haupt¬
sache durch die Erfindung neuer Geschütze und Geschosse hervorgerufen werde.
Die bisherige^Art der Befestigung habe keinen genügenden Schutz mehr gewährt,
und mau sei deshalb genötigt gewesen, Panzerungen für die Artillerie und
betonierte Unterliiuftsräuine für die Mannschaften und das Material anzu¬
nehmen. Wenn diese Maßregeln ohne Zweifel zweckentsprechend seien, so
hätten sie andrerseits den Nachteil, sehr kostspielig zu sein. Die iwtwenoigsteu
dieser Bauten, Veränderungen und Verbesserungen haben in deu letzten Jahren
bei den wichtigsten Festungen stattgefunden; die Höhe der erforderlichen Aus¬
gaben Hütte es aber nahe gelegt, zu erwäge», ob dies in demselben Maße für
alle Festungen möglich und erforderlich sei. Da nun deu befestigten Plätzen
im Kriege sehr verschiedne Aufgaben zufallen, so habe dementsprechend die
Notwendigkeit ihres veränderten Aufbaus beurteilt werde» müssen, und mau
sei auf dieser Grundlage dahin gekommen, eine Neueinteilung aller festen Plätze
»ach dem Grade ihrer strategischen lind defensiven Wichtigkeit vorzunehmen.
Das Gesetz vom 10. Juli 1891 habe alle Befestigungen Frankreichs in drei
Klaffen eingeteilt, und das entspräche auch jetzt noch den Anforderungen der
modernen Strategie.

Hieran anschließend bestimmt nun der Gesetzentwurf, daß die erste Klasse
der Festungswerke alle Plätze und Befestigungen umfassen soll, die ans Grund
der wichtigen einflußreiche» Rolle, die ihnen bei der Verteidigung des Landes
zufällt, mit alleil den Vorkehrungen und Hilfsmitteln ausgestattet werden
müssen, die sie zu einem lauge währenden Widerstande befähigen. Diese
Arbeiten müssen vollständig beendet und fortwährend auf der Höhe aller Ver¬
besserungen für Augriff und Verteidigung unterhalten werdeu. Dieser ersten
Klasse sollen zugeteilt werden: die Festungen Paris, Lyon, Verdun, Toul, die
Forts Frouard, Pont-Saint-Vincent, Mauvnviller; die Festungen Epiunl,
Belfort, das Fort Cognolod, die Festungen Bourg Se. Maurice, Modaue,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/202>, abgerufen am 25.05.2024.