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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr.

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Das britische Parlament
Hugo Biirtels von(Schluß)

n seinen Rechten vergiebt sich das Oberhaus deshalb nichts.
Es kennt seine Stellung, Sein Sprecher, der Lordkanzler, ist
der feste Punkt im ganzen parlamentarischen Leben, Die Personen
wechseln in diesem Amte zwar häufiger als im Unterhaus", da
mit jedem Wechsel der Regierung mich el" neuer Lordtanzler
auftritt, aber ein Lordkanzler ist immer vorhanden, wahrend die Zeit von
der Auflösung eines Parlaments bis zum Zusammentritt des neuen keinen
Sprecher des Unterhauses kennt. Der Sprecher der Gemeinen muß erst ge¬
wählt werden, der Lordtanzler ist schon da, und die Gemeinen müssen vor
ihm an den Schranken des Oberhauses erscheine" und erhalten von ihm die
Anweisung, einen Sprecher zu wählen, der dann am nächsten Tage vor ihm
die Mitteilung der königlichen Bestätigung vernimmt. Alle Schritte und Reden
sind genau festgesetzt. In kleiner Perücke tritt der erwählte Sprecher vor den
Kanzler, um die Bestätigung zu höre" und darauf in hergebrachten Worten
um Bestätigung aller Rechte des Unterhauses zu bitten, die in ebenso her¬
gebrachten Worten gewährt wird, Dann erst setzt der Sprecher seine große
Perücke ans, in der er sich hinfort bei allen Gelegenheiten, vor dein Unter¬
hause wie dem Oberhause, zeigt. Oft genug fordert der Träger des schwarzen
Stabes, ein Beamter der Lords, den Sprecher und die Gemeinen vor die
Schranken der Adelskammer, Ohne Zögern wird, nicht eben zur Erbmumg
des jeweiligen Redners, die Erörterung abgebrochen, das Wahrzeichen des
Unterhauses, die große Keule, die Eromwell verächtlich als Firlefanz bezeich¬
nete, wird vom Tische genommen, und in feierlichem Zuge gehts hinüber, wo
der Lordkanzler den Gemeinen sagen laßt, daß Seine Majestät geruht haben,
einem Gesetze die allerhöchste Bestätigung zu geben. Das geschieht jedoch
nicht in der Sprache des Landes, sondern in altem normannischen Französisch,
"lor tbk 8<wi>. ut tetl-Mor"! öove. Bei einer Regierungsvorlage heißt
es ik,s Knz? (früher I-r r"y"ö) is vgult,, bei einer Vorlage aus dem Hause 8on.
und ,:vunt it e"t, clesire, und bei Geldsachen I>s roy rsmvroiv se>" loyiwx sujgw,
"oovxtv Isnr bvovvolknvt! et g-insi ig vomit.

Der Dank des Königs für Geldbewilligungen bezieht sich heutzutage nur
noch auf die Gemeinen, die sich bei aller Demut und Unterwürfigkeit, die sie




Das britische Parlament
Hugo Biirtels von(Schluß)

n seinen Rechten vergiebt sich das Oberhaus deshalb nichts.
Es kennt seine Stellung, Sein Sprecher, der Lordkanzler, ist
der feste Punkt im ganzen parlamentarischen Leben, Die Personen
wechseln in diesem Amte zwar häufiger als im Unterhaus«, da
mit jedem Wechsel der Regierung mich el» neuer Lordtanzler
auftritt, aber ein Lordkanzler ist immer vorhanden, wahrend die Zeit von
der Auflösung eines Parlaments bis zum Zusammentritt des neuen keinen
Sprecher des Unterhauses kennt. Der Sprecher der Gemeinen muß erst ge¬
wählt werden, der Lordtanzler ist schon da, und die Gemeinen müssen vor
ihm an den Schranken des Oberhauses erscheine» und erhalten von ihm die
Anweisung, einen Sprecher zu wählen, der dann am nächsten Tage vor ihm
die Mitteilung der königlichen Bestätigung vernimmt. Alle Schritte und Reden
sind genau festgesetzt. In kleiner Perücke tritt der erwählte Sprecher vor den
Kanzler, um die Bestätigung zu höre» und darauf in hergebrachten Worten
um Bestätigung aller Rechte des Unterhauses zu bitten, die in ebenso her¬
gebrachten Worten gewährt wird, Dann erst setzt der Sprecher seine große
Perücke ans, in der er sich hinfort bei allen Gelegenheiten, vor dein Unter¬
hause wie dem Oberhause, zeigt. Oft genug fordert der Träger des schwarzen
Stabes, ein Beamter der Lords, den Sprecher und die Gemeinen vor die
Schranken der Adelskammer, Ohne Zögern wird, nicht eben zur Erbmumg
des jeweiligen Redners, die Erörterung abgebrochen, das Wahrzeichen des
Unterhauses, die große Keule, die Eromwell verächtlich als Firlefanz bezeich¬
nete, wird vom Tische genommen, und in feierlichem Zuge gehts hinüber, wo
der Lordkanzler den Gemeinen sagen laßt, daß Seine Majestät geruht haben,
einem Gesetze die allerhöchste Bestätigung zu geben. Das geschieht jedoch
nicht in der Sprache des Landes, sondern in altem normannischen Französisch,
»lor tbk 8<wi>. ut tetl-Mor«! öove. Bei einer Regierungsvorlage heißt
es ik,s Knz? (früher I-r r»y»ö) is vgult,, bei einer Vorlage aus dem Hause 8on.
und ,:vunt it e«t, clesire, und bei Geldsachen I>s roy rsmvroiv se>» loyiwx sujgw,
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Der Dank des Königs für Geldbewilligungen bezieht sich heutzutage nur
noch auf die Gemeinen, die sich bei aller Demut und Unterwürfigkeit, die sie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235171/166>, abgerufen am 28.04.2024.