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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Hellenentum und Christentum

des Kanals nicht gerade günstig zu nennen. Die verschiednen Schätzungen
schwanken zwischen 4 und 10 Millionen Nettotonnen; von ihnen stellt die ge¬
wöhnlich angenommne Angabe Colanhouns. der für 1905 eine Frequenz von
7 Millionen Tonnen voraussagt, ungefähr die arithmetische Mitte dar. Be¬
denklich muß es aber stimmen, wenn der Chef der amerikanischen Statistik den
zu erwartenden Verkehr neuerdings nur auf eine Million Tonnen veranschlagt.
Dabei scheint außer acht gelassen zu sein, daß infolge des Kanalbaus Nord¬
amerika sicherlich in einigen Massenartikeln, wie Kohle und Eisen, die haupt¬
sächliche Versorgung eines großen Teils der Pacificländer übernehmen wird;
aber auch wenn man dies in Betracht zieht, wird eine Schätzung auf 5 Millionen
Nettotonnen eher noch zu hoch als zu niedrig erscheinen. Nimmt man nun
für den Niearaguakcmal bei einer Bausumme von 1000 Millionen Mark und
jährlichen Unterhaltungskosten von 20 Millionen Mark eine fünfprozentige
Kapitalverzinsung an, so wären 70 Millionen Mark jährlich aufzubringen, sodaß
demnach die Gebühren mit annähernd 15 Mark pro Tonne anzusetzen
wären. Übernimmt der Staat den Bau, so wäre nur eine 2VzProzentige
Verzinsung nötig, und die Gebühren würden sich auf etwa 9 Mark ermäßigen.
Günstiger liegt die Sache für den Pcmamakannl, dessen Baukosten nur etwa
600 Millionen sein werden. Rechnet man hier 5 Prozent Knpitalverzinsung,
1 Prozent Amortisation und bei der geringern Länge etwa 7 Millionen Unter¬
haltungskosten, so müßten jährlich 43 Millionen herausgewirtschaftet werden;
die Gebühren würden sich demnach nicht ganz auf 9 Mark stellen, also immer
noch höher als im Snezkannl, wo sie 7,50 Mark für die Nettotonne betragen,
ganz abgesehen davon, daß die Snezkanalgesellschaft bei ihrer glänzenden
Dividende die Durchgcmgsgebühren leicht herabsetzen könnte. Alles in allem
genommen wird also der Bau der mittelamerikanischen Wasserstraße auch nicht
entfernt eine derartige Umwälzung des Weltverkehrs hervorrufen, wie sie seiner¬
zeit die Eröffnung des Suezkanals im Gefolge gehabt hat.


Th. Lenschau


Hellenentum und Christentum
3. Vorrates, plato und Aristoteles

i cht als Reformatoren der Volksreligion oder gar als Stifter
einer neuen Religion sind Sokrates und seine großen Schüler
aufgetreten. Aber ihre Bemühungen um die sittliche Hebung
des Griechenvolks nötigten sie, den vernünftigen Kern aller
Religion aufzudecken und damit den Grund zu legen für die
Theologie der Kulturvölker der Zukunft. Die Religion des xenophontischen



Dem zweiten Aufsatz dieser Serie (im vorjährigen vierten Bande S. S34) hatte ich
die Bemerkung vorausgeschickt, daß ich u. a. Jakob Burckhardts Griechische Kulturgeschichte be¬
nutzt hätte und in einer Anmerkung beigefügt- "Burckhardt soll die Veröffentlichung der unter
Hellenentum und Christentum

des Kanals nicht gerade günstig zu nennen. Die verschiednen Schätzungen
schwanken zwischen 4 und 10 Millionen Nettotonnen; von ihnen stellt die ge¬
wöhnlich angenommne Angabe Colanhouns. der für 1905 eine Frequenz von
7 Millionen Tonnen voraussagt, ungefähr die arithmetische Mitte dar. Be¬
denklich muß es aber stimmen, wenn der Chef der amerikanischen Statistik den
zu erwartenden Verkehr neuerdings nur auf eine Million Tonnen veranschlagt.
Dabei scheint außer acht gelassen zu sein, daß infolge des Kanalbaus Nord¬
amerika sicherlich in einigen Massenartikeln, wie Kohle und Eisen, die haupt¬
sächliche Versorgung eines großen Teils der Pacificländer übernehmen wird;
aber auch wenn man dies in Betracht zieht, wird eine Schätzung auf 5 Millionen
Nettotonnen eher noch zu hoch als zu niedrig erscheinen. Nimmt man nun
für den Niearaguakcmal bei einer Bausumme von 1000 Millionen Mark und
jährlichen Unterhaltungskosten von 20 Millionen Mark eine fünfprozentige
Kapitalverzinsung an, so wären 70 Millionen Mark jährlich aufzubringen, sodaß
demnach die Gebühren mit annähernd 15 Mark pro Tonne anzusetzen
wären. Übernimmt der Staat den Bau, so wäre nur eine 2VzProzentige
Verzinsung nötig, und die Gebühren würden sich auf etwa 9 Mark ermäßigen.
Günstiger liegt die Sache für den Pcmamakannl, dessen Baukosten nur etwa
600 Millionen sein werden. Rechnet man hier 5 Prozent Knpitalverzinsung,
1 Prozent Amortisation und bei der geringern Länge etwa 7 Millionen Unter¬
haltungskosten, so müßten jährlich 43 Millionen herausgewirtschaftet werden;
die Gebühren würden sich demnach nicht ganz auf 9 Mark stellen, also immer
noch höher als im Snezkannl, wo sie 7,50 Mark für die Nettotonne betragen,
ganz abgesehen davon, daß die Snezkanalgesellschaft bei ihrer glänzenden
Dividende die Durchgcmgsgebühren leicht herabsetzen könnte. Alles in allem
genommen wird also der Bau der mittelamerikanischen Wasserstraße auch nicht
entfernt eine derartige Umwälzung des Weltverkehrs hervorrufen, wie sie seiner¬
zeit die Eröffnung des Suezkanals im Gefolge gehabt hat.


Th. Lenschau


Hellenentum und Christentum
3. Vorrates, plato und Aristoteles

i cht als Reformatoren der Volksreligion oder gar als Stifter
einer neuen Religion sind Sokrates und seine großen Schüler
aufgetreten. Aber ihre Bemühungen um die sittliche Hebung
des Griechenvolks nötigten sie, den vernünftigen Kern aller
Religion aufzudecken und damit den Grund zu legen für die
Theologie der Kulturvölker der Zukunft. Die Religion des xenophontischen



Dem zweiten Aufsatz dieser Serie (im vorjährigen vierten Bande S. S34) hatte ich
die Bemerkung vorausgeschickt, daß ich u. a. Jakob Burckhardts Griechische Kulturgeschichte be¬
nutzt hätte und in einer Anmerkung beigefügt- „Burckhardt soll die Veröffentlichung der unter
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[0259] Hellenentum und Christentum des Kanals nicht gerade günstig zu nennen. Die verschiednen Schätzungen schwanken zwischen 4 und 10 Millionen Nettotonnen; von ihnen stellt die ge¬ wöhnlich angenommne Angabe Colanhouns. der für 1905 eine Frequenz von 7 Millionen Tonnen voraussagt, ungefähr die arithmetische Mitte dar. Be¬ denklich muß es aber stimmen, wenn der Chef der amerikanischen Statistik den zu erwartenden Verkehr neuerdings nur auf eine Million Tonnen veranschlagt. Dabei scheint außer acht gelassen zu sein, daß infolge des Kanalbaus Nord¬ amerika sicherlich in einigen Massenartikeln, wie Kohle und Eisen, die haupt¬ sächliche Versorgung eines großen Teils der Pacificländer übernehmen wird; aber auch wenn man dies in Betracht zieht, wird eine Schätzung auf 5 Millionen Nettotonnen eher noch zu hoch als zu niedrig erscheinen. Nimmt man nun für den Niearaguakcmal bei einer Bausumme von 1000 Millionen Mark und jährlichen Unterhaltungskosten von 20 Millionen Mark eine fünfprozentige Kapitalverzinsung an, so wären 70 Millionen Mark jährlich aufzubringen, sodaß demnach die Gebühren mit annähernd 15 Mark pro Tonne anzusetzen wären. Übernimmt der Staat den Bau, so wäre nur eine 2VzProzentige Verzinsung nötig, und die Gebühren würden sich auf etwa 9 Mark ermäßigen. Günstiger liegt die Sache für den Pcmamakannl, dessen Baukosten nur etwa 600 Millionen sein werden. Rechnet man hier 5 Prozent Knpitalverzinsung, 1 Prozent Amortisation und bei der geringern Länge etwa 7 Millionen Unter¬ haltungskosten, so müßten jährlich 43 Millionen herausgewirtschaftet werden; die Gebühren würden sich demnach nicht ganz auf 9 Mark stellen, also immer noch höher als im Snezkannl, wo sie 7,50 Mark für die Nettotonne betragen, ganz abgesehen davon, daß die Snezkanalgesellschaft bei ihrer glänzenden Dividende die Durchgcmgsgebühren leicht herabsetzen könnte. Alles in allem genommen wird also der Bau der mittelamerikanischen Wasserstraße auch nicht entfernt eine derartige Umwälzung des Weltverkehrs hervorrufen, wie sie seiner¬ zeit die Eröffnung des Suezkanals im Gefolge gehabt hat. Th. Lenschau Hellenentum und Christentum 3. Vorrates, plato und Aristoteles i cht als Reformatoren der Volksreligion oder gar als Stifter einer neuen Religion sind Sokrates und seine großen Schüler aufgetreten. Aber ihre Bemühungen um die sittliche Hebung des Griechenvolks nötigten sie, den vernünftigen Kern aller Religion aufzudecken und damit den Grund zu legen für die Theologie der Kulturvölker der Zukunft. Die Religion des xenophontischen Dem zweiten Aufsatz dieser Serie (im vorjährigen vierten Bande S. S34) hatte ich die Bemerkung vorausgeschickt, daß ich u. a. Jakob Burckhardts Griechische Kulturgeschichte be¬ nutzt hätte und in einer Anmerkung beigefügt- „Burckhardt soll die Veröffentlichung der unter

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/259>, abgerufen am 28.04.2024.