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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Nationalitätskämpfe
5. Verteidigung (Schluß)

le durch das Allsiedlungsgesetz von 1836 eingesetzte Ansiedlungs¬
kommission sür die Promuzen Posen und Westpreußen hat in
deu fünfzehn Jahren ihres Bestehns, also bis Ende 1900. eine
Gesamtfläche voll 147474 Hektar angekauft, von denen 55347
Nektar auf den Regierungsbezirk Bromberg. 49962 Hektar auf
Posen. 33 563^ Hektar auf Marienwerder und der Nest auf Danzig entfallen.
.Über ein Sechstel der Flache der Kreise Zum und Gnesen, e.n Achtel der
Kreise Wongrowil; .l>it Briefen. ein Zehntel des Kreises Wresche... lllehr als
nu Zlvauzigstel in lvcitern neun Kreisen sind erworben" (Akadelmsche Blatter.
^- Jahrgang, Ur. 3. 1. Mai 1901. S. 39). Aufgeteilt sind bis Ende 1900
mehr als 93894 Hektar in 5634 Stellen, von denen 4277 besetzt sind. Das
würde schätzungsweise eine Gesamtansiedlung von 30000 Deutschen einschließlich
der Familieumiqehörigen ergeben. Und wenn von den 4277 Stelleninhabern
auch 830 aus Posen, 732 ans Westpreußen stammen, so stellen die 586 aus
Westfalen. 374 aus Brandenburg, 278 aus der Provinz Sachsen. 222 ans
Pommern. 200 aus Schlesien, 198 aus Hannover, 180 sonst aus PrcuMl,
aus Württemberg. 372 sonst aus dem Deutschen Reiche und 218 ans dem
Auslande Zugewanderten doch immer noch eine stattliche Vermehrung der
deutschen Bevölkerung beider Provinzen dar. Wenn trotz dieser Leistungen der
Ansiedlungskommission das Deutschtum der Provinzen Posen und Westpreußen
der Entwicklung des Polentums gegenüber in den letzten Jahren nicht nur
keine Fortschritte gemacht hat, sondern sogar immer noch stark hinter ihr zurück-
bleibt. so müssen außer deu oben dargestellten das Polentum begünstigenden
Verhältnissen noch andre Umstände mitwirken, durch die die Thätigkeit der
Ansiedlungskommission wenigstens zu einem guten Teile gelähmt wird.

Dies geschieht zunächst durch die ailßerordentliche Preissteigerung der
Grundstücke im Ansiedlungsgcbiete. Von Anfang an galt es als Grundsatz
bei der Ansiedlungskommission, ihren Güterbedarf durch Ankauf aus polinscher
Hand zu decken, weil dadurch eine unmittelbare Verminderung des polnischen
Grundbesitzes erreicht wurde. Von Deutschen wurde in der ersten Zeit gar
'"ehr, später nur ausnahmsweise gekauft. Die Folge davon war. daß der
Kaufpreis der polnischen Güter künstlich in die Höhe getrieben, der der
deutschen entsprechend gedrückt wurde. Hatte also ein Pole sein Gut an die
Ansiedlungskommission verkauft, so war er in der Lage, mit dem Erlöse ein
weit größeres Besitztum aus deutscher Hand wieder zu erwerben, als er zuvor




Nationalitätskämpfe
5. Verteidigung (Schluß)

le durch das Allsiedlungsgesetz von 1836 eingesetzte Ansiedlungs¬
kommission sür die Promuzen Posen und Westpreußen hat in
deu fünfzehn Jahren ihres Bestehns, also bis Ende 1900. eine
Gesamtfläche voll 147474 Hektar angekauft, von denen 55347
Nektar auf den Regierungsbezirk Bromberg. 49962 Hektar auf
Posen. 33 563^ Hektar auf Marienwerder und der Nest auf Danzig entfallen.
.Über ein Sechstel der Flache der Kreise Zum und Gnesen, e.n Achtel der
Kreise Wongrowil; .l>it Briefen. ein Zehntel des Kreises Wresche... lllehr als
nu Zlvauzigstel in lvcitern neun Kreisen sind erworben" (Akadelmsche Blatter.
^- Jahrgang, Ur. 3. 1. Mai 1901. S. 39). Aufgeteilt sind bis Ende 1900
mehr als 93894 Hektar in 5634 Stellen, von denen 4277 besetzt sind. Das
würde schätzungsweise eine Gesamtansiedlung von 30000 Deutschen einschließlich
der Familieumiqehörigen ergeben. Und wenn von den 4277 Stelleninhabern
auch 830 aus Posen, 732 ans Westpreußen stammen, so stellen die 586 aus
Westfalen. 374 aus Brandenburg, 278 aus der Provinz Sachsen. 222 ans
Pommern. 200 aus Schlesien, 198 aus Hannover, 180 sonst aus PrcuMl,
aus Württemberg. 372 sonst aus dem Deutschen Reiche und 218 ans dem
Auslande Zugewanderten doch immer noch eine stattliche Vermehrung der
deutschen Bevölkerung beider Provinzen dar. Wenn trotz dieser Leistungen der
Ansiedlungskommission das Deutschtum der Provinzen Posen und Westpreußen
der Entwicklung des Polentums gegenüber in den letzten Jahren nicht nur
keine Fortschritte gemacht hat, sondern sogar immer noch stark hinter ihr zurück-
bleibt. so müssen außer deu oben dargestellten das Polentum begünstigenden
Verhältnissen noch andre Umstände mitwirken, durch die die Thätigkeit der
Ansiedlungskommission wenigstens zu einem guten Teile gelähmt wird.

Dies geschieht zunächst durch die ailßerordentliche Preissteigerung der
Grundstücke im Ansiedlungsgcbiete. Von Anfang an galt es als Grundsatz
bei der Ansiedlungskommission, ihren Güterbedarf durch Ankauf aus polinscher
Hand zu decken, weil dadurch eine unmittelbare Verminderung des polnischen
Grundbesitzes erreicht wurde. Von Deutschen wurde in der ersten Zeit gar
'"ehr, später nur ausnahmsweise gekauft. Die Folge davon war. daß der
Kaufpreis der polnischen Güter künstlich in die Höhe getrieben, der der
deutschen entsprechend gedrückt wurde. Hatte also ein Pole sein Gut an die
Ansiedlungskommission verkauft, so war er in der Lage, mit dem Erlöse ein
weit größeres Besitztum aus deutscher Hand wieder zu erwerben, als er zuvor


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[0709] [Abbildung] Nationalitätskämpfe 5. Verteidigung (Schluß) le durch das Allsiedlungsgesetz von 1836 eingesetzte Ansiedlungs¬ kommission sür die Promuzen Posen und Westpreußen hat in deu fünfzehn Jahren ihres Bestehns, also bis Ende 1900. eine Gesamtfläche voll 147474 Hektar angekauft, von denen 55347 Nektar auf den Regierungsbezirk Bromberg. 49962 Hektar auf Posen. 33 563^ Hektar auf Marienwerder und der Nest auf Danzig entfallen. .Über ein Sechstel der Flache der Kreise Zum und Gnesen, e.n Achtel der Kreise Wongrowil; .l>it Briefen. ein Zehntel des Kreises Wresche... lllehr als nu Zlvauzigstel in lvcitern neun Kreisen sind erworben" (Akadelmsche Blatter. ^- Jahrgang, Ur. 3. 1. Mai 1901. S. 39). Aufgeteilt sind bis Ende 1900 mehr als 93894 Hektar in 5634 Stellen, von denen 4277 besetzt sind. Das würde schätzungsweise eine Gesamtansiedlung von 30000 Deutschen einschließlich der Familieumiqehörigen ergeben. Und wenn von den 4277 Stelleninhabern auch 830 aus Posen, 732 ans Westpreußen stammen, so stellen die 586 aus Westfalen. 374 aus Brandenburg, 278 aus der Provinz Sachsen. 222 ans Pommern. 200 aus Schlesien, 198 aus Hannover, 180 sonst aus PrcuMl, aus Württemberg. 372 sonst aus dem Deutschen Reiche und 218 ans dem Auslande Zugewanderten doch immer noch eine stattliche Vermehrung der deutschen Bevölkerung beider Provinzen dar. Wenn trotz dieser Leistungen der Ansiedlungskommission das Deutschtum der Provinzen Posen und Westpreußen der Entwicklung des Polentums gegenüber in den letzten Jahren nicht nur keine Fortschritte gemacht hat, sondern sogar immer noch stark hinter ihr zurück- bleibt. so müssen außer deu oben dargestellten das Polentum begünstigenden Verhältnissen noch andre Umstände mitwirken, durch die die Thätigkeit der Ansiedlungskommission wenigstens zu einem guten Teile gelähmt wird. Dies geschieht zunächst durch die ailßerordentliche Preissteigerung der Grundstücke im Ansiedlungsgcbiete. Von Anfang an galt es als Grundsatz bei der Ansiedlungskommission, ihren Güterbedarf durch Ankauf aus polinscher Hand zu decken, weil dadurch eine unmittelbare Verminderung des polnischen Grundbesitzes erreicht wurde. Von Deutschen wurde in der ersten Zeit gar '"ehr, später nur ausnahmsweise gekauft. Die Folge davon war. daß der Kaufpreis der polnischen Güter künstlich in die Höhe getrieben, der der deutschen entsprechend gedrückt wurde. Hatte also ein Pole sein Gut an die Ansiedlungskommission verkauft, so war er in der Lage, mit dem Erlöse ein weit größeres Besitztum aus deutscher Hand wieder zu erwerben, als er zuvor

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/709>, abgerufen am 28.04.2024.