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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Die Balearen

Regierung durch Parteien zu brechen und die Leitung des Reichs einem Kabinett
anzuvertraun, das nicht von einer Partei, sondern von dem über den Parteien
stehenden König ausgewählt wird. Eine Wiederkehr stuartischer Tyrannei
braucht man nicht zu befürchten, wenn der König die ihm gebührende Stellung
wiedergewinnt; dagegen würde dem Cüsarismus des Mammons die Spitze ab¬
gebrochen werden.

Wenn es dazu kommt, wird es auch an den geeigneten Leuten nicht fehlen,
die eine Negierung bilden könnten. Den Premierminister dürfte man in Lord
Nosebery sehen. Seit seinem Rücktritt im Jahre 1895 ist Nosebery seine eignen
Wege gewandelt. Er ist nicht mehr das Haupt der liberalen Partei; seit dem
vorigen Jahre kann er überhaupt nicht mehr zu ihr gerechnet werden. Nosebery
Pflüge seine Furche für sich allein. Er steht jetzt da als völlig parteilos, und
wenn er beteuert, er würde freiwillig die politische Arena nicht wieder betreten,
so darf man darunter nur die Arena des Parteikcimpfs verstehn. Er spart
seine Kräfte auf für die Zeit, wo er berufen wird, als Vertrauensmann des
Königs das rettende Ministerium der Zukunft zu schaffen. Doch erst mus; das
britische Volk zu der Einsicht gelangen, daß die konservativen Imperialisten den
Stnatskarren gründlich verfahren haben. Dann erst sind die Voraussetzungen
für eine parteilose Kabinettsbildung und eine neue gesunde Entwicklung ge¬
geben.




Die Valearen

in Laufe der Zeiten haben es die Engländer verstanden, aus der
gesamten Erde die Länder, die durch Reichtum an Kultur- und
Handelspflanzen oder nutzbaren Mineralien besonders wertvoll
waren, sowie eine Anzahl von Orten, die als Handelsmetropolen
oder Etappen der Handelswege oder wegen ihrer strategischen
Bedeutung von Wichtigkeit waren, in ihren Besitz zu bringen.

Englands wertvollste Kolonie ist Ostindien. Ihre ungestörte Ausbeutung
erheischt die Sicherung des dahin führenden Weges. Als solcher kommt jetzt,
wo der früher nötige Umweg um das Kap der guten Hoffnung wegen des
Mehrverbrauchs an Zeit und Kohlen zu kostspielig wäre, fast ausschließlich der
durch den Suezkanal in Betracht. Dieser Weg ist durch eine Reihe von be¬
festigten Kriegshafen, Schiffs- und Kohlenstationen, von denen besonders
Gibraltar, Malta und Aden zu nennen sind, sowie durch die Okkupation von
Ägypten gesichert. Ägypten hat jedoch, da es als Beherrscher des Suez-
knnals den Verkehr Süd- und Ostasiens, Australiens und Ostafrikas mit
Europa vermittelt, inzwischen selbst eine ungeheure Bedeutung erlangt und
sich als eine Goldgrube für England erwiesen. Zugleich hat der Suezkanal
den sinkenden Handel im Mittelmeere wieder neubelebt. Aus diesen Thatsachen
ergiebt sich die hohe Bedeutung des Mittelländischen Meeres für England.


Die Balearen

Regierung durch Parteien zu brechen und die Leitung des Reichs einem Kabinett
anzuvertraun, das nicht von einer Partei, sondern von dem über den Parteien
stehenden König ausgewählt wird. Eine Wiederkehr stuartischer Tyrannei
braucht man nicht zu befürchten, wenn der König die ihm gebührende Stellung
wiedergewinnt; dagegen würde dem Cüsarismus des Mammons die Spitze ab¬
gebrochen werden.

Wenn es dazu kommt, wird es auch an den geeigneten Leuten nicht fehlen,
die eine Negierung bilden könnten. Den Premierminister dürfte man in Lord
Nosebery sehen. Seit seinem Rücktritt im Jahre 1895 ist Nosebery seine eignen
Wege gewandelt. Er ist nicht mehr das Haupt der liberalen Partei; seit dem
vorigen Jahre kann er überhaupt nicht mehr zu ihr gerechnet werden. Nosebery
Pflüge seine Furche für sich allein. Er steht jetzt da als völlig parteilos, und
wenn er beteuert, er würde freiwillig die politische Arena nicht wieder betreten,
so darf man darunter nur die Arena des Parteikcimpfs verstehn. Er spart
seine Kräfte auf für die Zeit, wo er berufen wird, als Vertrauensmann des
Königs das rettende Ministerium der Zukunft zu schaffen. Doch erst mus; das
britische Volk zu der Einsicht gelangen, daß die konservativen Imperialisten den
Stnatskarren gründlich verfahren haben. Dann erst sind die Voraussetzungen
für eine parteilose Kabinettsbildung und eine neue gesunde Entwicklung ge¬
geben.




Die Valearen

in Laufe der Zeiten haben es die Engländer verstanden, aus der
gesamten Erde die Länder, die durch Reichtum an Kultur- und
Handelspflanzen oder nutzbaren Mineralien besonders wertvoll
waren, sowie eine Anzahl von Orten, die als Handelsmetropolen
oder Etappen der Handelswege oder wegen ihrer strategischen
Bedeutung von Wichtigkeit waren, in ihren Besitz zu bringen.

Englands wertvollste Kolonie ist Ostindien. Ihre ungestörte Ausbeutung
erheischt die Sicherung des dahin führenden Weges. Als solcher kommt jetzt,
wo der früher nötige Umweg um das Kap der guten Hoffnung wegen des
Mehrverbrauchs an Zeit und Kohlen zu kostspielig wäre, fast ausschließlich der
durch den Suezkanal in Betracht. Dieser Weg ist durch eine Reihe von be¬
festigten Kriegshafen, Schiffs- und Kohlenstationen, von denen besonders
Gibraltar, Malta und Aden zu nennen sind, sowie durch die Okkupation von
Ägypten gesichert. Ägypten hat jedoch, da es als Beherrscher des Suez-
knnals den Verkehr Süd- und Ostasiens, Australiens und Ostafrikas mit
Europa vermittelt, inzwischen selbst eine ungeheure Bedeutung erlangt und
sich als eine Goldgrube für England erwiesen. Zugleich hat der Suezkanal
den sinkenden Handel im Mittelmeere wieder neubelebt. Aus diesen Thatsachen
ergiebt sich die hohe Bedeutung des Mittelländischen Meeres für England.


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[0255] Die Balearen Regierung durch Parteien zu brechen und die Leitung des Reichs einem Kabinett anzuvertraun, das nicht von einer Partei, sondern von dem über den Parteien stehenden König ausgewählt wird. Eine Wiederkehr stuartischer Tyrannei braucht man nicht zu befürchten, wenn der König die ihm gebührende Stellung wiedergewinnt; dagegen würde dem Cüsarismus des Mammons die Spitze ab¬ gebrochen werden. Wenn es dazu kommt, wird es auch an den geeigneten Leuten nicht fehlen, die eine Negierung bilden könnten. Den Premierminister dürfte man in Lord Nosebery sehen. Seit seinem Rücktritt im Jahre 1895 ist Nosebery seine eignen Wege gewandelt. Er ist nicht mehr das Haupt der liberalen Partei; seit dem vorigen Jahre kann er überhaupt nicht mehr zu ihr gerechnet werden. Nosebery Pflüge seine Furche für sich allein. Er steht jetzt da als völlig parteilos, und wenn er beteuert, er würde freiwillig die politische Arena nicht wieder betreten, so darf man darunter nur die Arena des Parteikcimpfs verstehn. Er spart seine Kräfte auf für die Zeit, wo er berufen wird, als Vertrauensmann des Königs das rettende Ministerium der Zukunft zu schaffen. Doch erst mus; das britische Volk zu der Einsicht gelangen, daß die konservativen Imperialisten den Stnatskarren gründlich verfahren haben. Dann erst sind die Voraussetzungen für eine parteilose Kabinettsbildung und eine neue gesunde Entwicklung ge¬ geben. Die Valearen in Laufe der Zeiten haben es die Engländer verstanden, aus der gesamten Erde die Länder, die durch Reichtum an Kultur- und Handelspflanzen oder nutzbaren Mineralien besonders wertvoll waren, sowie eine Anzahl von Orten, die als Handelsmetropolen oder Etappen der Handelswege oder wegen ihrer strategischen Bedeutung von Wichtigkeit waren, in ihren Besitz zu bringen. Englands wertvollste Kolonie ist Ostindien. Ihre ungestörte Ausbeutung erheischt die Sicherung des dahin führenden Weges. Als solcher kommt jetzt, wo der früher nötige Umweg um das Kap der guten Hoffnung wegen des Mehrverbrauchs an Zeit und Kohlen zu kostspielig wäre, fast ausschließlich der durch den Suezkanal in Betracht. Dieser Weg ist durch eine Reihe von be¬ festigten Kriegshafen, Schiffs- und Kohlenstationen, von denen besonders Gibraltar, Malta und Aden zu nennen sind, sowie durch die Okkupation von Ägypten gesichert. Ägypten hat jedoch, da es als Beherrscher des Suez- knnals den Verkehr Süd- und Ostasiens, Australiens und Ostafrikas mit Europa vermittelt, inzwischen selbst eine ungeheure Bedeutung erlangt und sich als eine Goldgrube für England erwiesen. Zugleich hat der Suezkanal den sinkenden Handel im Mittelmeere wieder neubelebt. Aus diesen Thatsachen ergiebt sich die hohe Bedeutung des Mittelländischen Meeres für England.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/255>, abgerufen am 29.04.2024.