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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

den gewollten Zweck nicht, so ist es logischerweise besser, dus Mittel gar nicht anzu¬
wenden. Grund und Zweck des Duells sind aber ganz anders! Es geht dies am besten
daraus hervor, daß das Duell ebenso gut seinen Zweck erfüllen kaun, wenn beide Gegner
in die Luft schieße", wie es beispielsweise in Frankreich sehr oft geschieht (noch in den
letzten Tagen bei dem Duell zwischen dem frühern Kriegsminister Cavaignac und
dem Abgeordneten Renonlt). Nun wollen wir diese quasi Spielerei in keiner Weise
loben oder verteidigen, schon deshalb nicht, weil dadurch die Zahl der Duelle ver¬
mehrt wird; aber man ersieht daraus, daß jeder Gedanke an eine Strafe oder
Rache beim Duell ausgeschlossen ist. Der betrogue Ehemann in Frankreich duelliert
sich nicht mit dem Räuber seiner Familienehre, souderu er schießt ihn einfach über
den Haufen. Der Begriff des Duells ist rein ethisch und zugleich, genau wie
Auffassung und Begriff der Ehre selbst, ganz subjektiv. Was der eine als eine
Verletzung seiner Ehre empfindet, geht an einem andern spurlos vorüber; der eine
sieht die Wiederherstellung seiner verletzten Ehre darin, daß er dem Beleidiger ein
paar Ohrfeigen giebt, der andre darin, daß der Beleidiger zu einer unbedeutenden
Geldstrafe verurteilt wird; wieder ein andrer verlangt die Zahlung einer großen
Summe als Entschädigung (so ist es meist in England), während viele andre, zu
denen wir gehören, eine rox-UÄtion ä'bounvur im Zweiknmpf sehen. Wir geben
vollständig zu, daß das in den meisten Fällen eine illusorische Reparation ist, oft
aber veranlaßt mich das Duell erst die Abbitte. Eine vollständige Verkennung der
Verhältnisse und des subjektiven Empfindens zeigt es, wenn fortwährend eine Ver¬
schärfung der Dnellstrnfen verlangt und davon eine Vermindrung der Zweikämpfe
erwartet wird. In frühern Jahrhunderten stand Achtung, Einziehung des Ver¬
mögens, Verlust der rechten Hand, ja sogar die Todesstrafe auf dem Zweikampf,
und trotzdem bestand er fort. Genau so würde es heute sein! Glaubt ein Mann,
seiner Ehre einen Auftrag mit der Waffe schuldig zu sein, so wird es ihm ganz
gleichgiltig sein, ob er dafür ein Jahr Festung oder drei Jahre Gefängnis erhält.
Er hält das Duell für unvermeidlich ans Gründen des Ehrgefühls und hat das
Bewußtsein, daß keine Strafe ihn an seiner Ehre schädigen kann. Von Einsetzung
entehrender Strafen für das Duell -- wie etwa Entlassung ans dein Heere mit
schlichtem Abschied usw. -- kann deshalb auch nie die Rede sein.

Daß es viele Leute giebt und immer geben wird, die diesen Standpunkt nicht
teilen, wissen wir wohl; es schadet dies aber gar nichts; verschiedne Menschen, ver-
schiedne Länder, verschiedne Berufskreise haben nun einmal verschiedne Auffassungen
und verschiedne Ansichten. Der Handarbeiter, der sich beleidigt fühlt, wird in den
meisten Fällen zuschlagen -- ist es ein Italiener, zum Messer greifen --, andre
Leute werden sich mit Schimpfen begnügen, wieder andre werden in einer dem Be¬
leidiger zudiktierten Geldstrafe eine Sühne sehen -- wir verlangen vom Beleidiger
das persönliche Eintreten im Duell. Außer jeder Diskussion steht es, daß es viel
besser und richtiger und christlicher wäre, wenn es keine Duelle mehr gäbe, und
daß sowohl vou Staats wegen wie von andrer Seite alles mögliche gethan werden
müßte, das Duell -- auch im Offizierkorps -- einzuschränken und möglichst ganz
zu beseitigen. Dies geschieht aber auch, und die Zahl der Duelle in der Armee
ist in den letzten dreißig Jahren ganz wesentlich zurückgegangen. Ganz wird und
". to. kann es nie verschwinden -- und wir sehen darin kein Unglück.


Dus Fest der Baume in Italien.

In diesen Tagen wurde ans Vorschlag
des Ministers der Agrikultur im Einverständnis mit dem des Kultus ein könig¬
liches Dekret unterzeichnet, das "das Fest der Bäume" zu einem italienischen
Nationalfest erhebt.

Mancher wird sich fragen, was denn dieses merkwürdige Edikt eigentlich be¬
deute; zur Erklärung muß etwas zurückgegriffen werden.

Italien leidet an demselben Schaden, an dem so viele südliche Länder leiden,
daß praktische Gesetze, die, oft in einem Augenblicke der Not oder von plötzlichem
Enthusiasmus gegeben, schnell in Vergessenheit geraten oder wenigstens nicht streng


Maßgebliches und Unmaßgebliches

den gewollten Zweck nicht, so ist es logischerweise besser, dus Mittel gar nicht anzu¬
wenden. Grund und Zweck des Duells sind aber ganz anders! Es geht dies am besten
daraus hervor, daß das Duell ebenso gut seinen Zweck erfüllen kaun, wenn beide Gegner
in die Luft schieße», wie es beispielsweise in Frankreich sehr oft geschieht (noch in den
letzten Tagen bei dem Duell zwischen dem frühern Kriegsminister Cavaignac und
dem Abgeordneten Renonlt). Nun wollen wir diese quasi Spielerei in keiner Weise
loben oder verteidigen, schon deshalb nicht, weil dadurch die Zahl der Duelle ver¬
mehrt wird; aber man ersieht daraus, daß jeder Gedanke an eine Strafe oder
Rache beim Duell ausgeschlossen ist. Der betrogue Ehemann in Frankreich duelliert
sich nicht mit dem Räuber seiner Familienehre, souderu er schießt ihn einfach über
den Haufen. Der Begriff des Duells ist rein ethisch und zugleich, genau wie
Auffassung und Begriff der Ehre selbst, ganz subjektiv. Was der eine als eine
Verletzung seiner Ehre empfindet, geht an einem andern spurlos vorüber; der eine
sieht die Wiederherstellung seiner verletzten Ehre darin, daß er dem Beleidiger ein
paar Ohrfeigen giebt, der andre darin, daß der Beleidiger zu einer unbedeutenden
Geldstrafe verurteilt wird; wieder ein andrer verlangt die Zahlung einer großen
Summe als Entschädigung (so ist es meist in England), während viele andre, zu
denen wir gehören, eine rox-UÄtion ä'bounvur im Zweiknmpf sehen. Wir geben
vollständig zu, daß das in den meisten Fällen eine illusorische Reparation ist, oft
aber veranlaßt mich das Duell erst die Abbitte. Eine vollständige Verkennung der
Verhältnisse und des subjektiven Empfindens zeigt es, wenn fortwährend eine Ver¬
schärfung der Dnellstrnfen verlangt und davon eine Vermindrung der Zweikämpfe
erwartet wird. In frühern Jahrhunderten stand Achtung, Einziehung des Ver¬
mögens, Verlust der rechten Hand, ja sogar die Todesstrafe auf dem Zweikampf,
und trotzdem bestand er fort. Genau so würde es heute sein! Glaubt ein Mann,
seiner Ehre einen Auftrag mit der Waffe schuldig zu sein, so wird es ihm ganz
gleichgiltig sein, ob er dafür ein Jahr Festung oder drei Jahre Gefängnis erhält.
Er hält das Duell für unvermeidlich ans Gründen des Ehrgefühls und hat das
Bewußtsein, daß keine Strafe ihn an seiner Ehre schädigen kann. Von Einsetzung
entehrender Strafen für das Duell — wie etwa Entlassung ans dein Heere mit
schlichtem Abschied usw. — kann deshalb auch nie die Rede sein.

Daß es viele Leute giebt und immer geben wird, die diesen Standpunkt nicht
teilen, wissen wir wohl; es schadet dies aber gar nichts; verschiedne Menschen, ver-
schiedne Länder, verschiedne Berufskreise haben nun einmal verschiedne Auffassungen
und verschiedne Ansichten. Der Handarbeiter, der sich beleidigt fühlt, wird in den
meisten Fällen zuschlagen — ist es ein Italiener, zum Messer greifen —, andre
Leute werden sich mit Schimpfen begnügen, wieder andre werden in einer dem Be¬
leidiger zudiktierten Geldstrafe eine Sühne sehen — wir verlangen vom Beleidiger
das persönliche Eintreten im Duell. Außer jeder Diskussion steht es, daß es viel
besser und richtiger und christlicher wäre, wenn es keine Duelle mehr gäbe, und
daß sowohl vou Staats wegen wie von andrer Seite alles mögliche gethan werden
müßte, das Duell — auch im Offizierkorps — einzuschränken und möglichst ganz
zu beseitigen. Dies geschieht aber auch, und die Zahl der Duelle in der Armee
ist in den letzten dreißig Jahren ganz wesentlich zurückgegangen. Ganz wird und
». to. kann es nie verschwinden — und wir sehen darin kein Unglück.


Dus Fest der Baume in Italien.

In diesen Tagen wurde ans Vorschlag
des Ministers der Agrikultur im Einverständnis mit dem des Kultus ein könig¬
liches Dekret unterzeichnet, das „das Fest der Bäume" zu einem italienischen
Nationalfest erhebt.

Mancher wird sich fragen, was denn dieses merkwürdige Edikt eigentlich be¬
deute; zur Erklärung muß etwas zurückgegriffen werden.

Italien leidet an demselben Schaden, an dem so viele südliche Länder leiden,
daß praktische Gesetze, die, oft in einem Augenblicke der Not oder von plötzlichem
Enthusiasmus gegeben, schnell in Vergessenheit geraten oder wenigstens nicht streng


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[0061] Maßgebliches und Unmaßgebliches den gewollten Zweck nicht, so ist es logischerweise besser, dus Mittel gar nicht anzu¬ wenden. Grund und Zweck des Duells sind aber ganz anders! Es geht dies am besten daraus hervor, daß das Duell ebenso gut seinen Zweck erfüllen kaun, wenn beide Gegner in die Luft schieße», wie es beispielsweise in Frankreich sehr oft geschieht (noch in den letzten Tagen bei dem Duell zwischen dem frühern Kriegsminister Cavaignac und dem Abgeordneten Renonlt). Nun wollen wir diese quasi Spielerei in keiner Weise loben oder verteidigen, schon deshalb nicht, weil dadurch die Zahl der Duelle ver¬ mehrt wird; aber man ersieht daraus, daß jeder Gedanke an eine Strafe oder Rache beim Duell ausgeschlossen ist. Der betrogue Ehemann in Frankreich duelliert sich nicht mit dem Räuber seiner Familienehre, souderu er schießt ihn einfach über den Haufen. Der Begriff des Duells ist rein ethisch und zugleich, genau wie Auffassung und Begriff der Ehre selbst, ganz subjektiv. Was der eine als eine Verletzung seiner Ehre empfindet, geht an einem andern spurlos vorüber; der eine sieht die Wiederherstellung seiner verletzten Ehre darin, daß er dem Beleidiger ein paar Ohrfeigen giebt, der andre darin, daß der Beleidiger zu einer unbedeutenden Geldstrafe verurteilt wird; wieder ein andrer verlangt die Zahlung einer großen Summe als Entschädigung (so ist es meist in England), während viele andre, zu denen wir gehören, eine rox-UÄtion ä'bounvur im Zweiknmpf sehen. Wir geben vollständig zu, daß das in den meisten Fällen eine illusorische Reparation ist, oft aber veranlaßt mich das Duell erst die Abbitte. Eine vollständige Verkennung der Verhältnisse und des subjektiven Empfindens zeigt es, wenn fortwährend eine Ver¬ schärfung der Dnellstrnfen verlangt und davon eine Vermindrung der Zweikämpfe erwartet wird. In frühern Jahrhunderten stand Achtung, Einziehung des Ver¬ mögens, Verlust der rechten Hand, ja sogar die Todesstrafe auf dem Zweikampf, und trotzdem bestand er fort. Genau so würde es heute sein! Glaubt ein Mann, seiner Ehre einen Auftrag mit der Waffe schuldig zu sein, so wird es ihm ganz gleichgiltig sein, ob er dafür ein Jahr Festung oder drei Jahre Gefängnis erhält. Er hält das Duell für unvermeidlich ans Gründen des Ehrgefühls und hat das Bewußtsein, daß keine Strafe ihn an seiner Ehre schädigen kann. Von Einsetzung entehrender Strafen für das Duell — wie etwa Entlassung ans dein Heere mit schlichtem Abschied usw. — kann deshalb auch nie die Rede sein. Daß es viele Leute giebt und immer geben wird, die diesen Standpunkt nicht teilen, wissen wir wohl; es schadet dies aber gar nichts; verschiedne Menschen, ver- schiedne Länder, verschiedne Berufskreise haben nun einmal verschiedne Auffassungen und verschiedne Ansichten. Der Handarbeiter, der sich beleidigt fühlt, wird in den meisten Fällen zuschlagen — ist es ein Italiener, zum Messer greifen —, andre Leute werden sich mit Schimpfen begnügen, wieder andre werden in einer dem Be¬ leidiger zudiktierten Geldstrafe eine Sühne sehen — wir verlangen vom Beleidiger das persönliche Eintreten im Duell. Außer jeder Diskussion steht es, daß es viel besser und richtiger und christlicher wäre, wenn es keine Duelle mehr gäbe, und daß sowohl vou Staats wegen wie von andrer Seite alles mögliche gethan werden müßte, das Duell — auch im Offizierkorps — einzuschränken und möglichst ganz zu beseitigen. Dies geschieht aber auch, und die Zahl der Duelle in der Armee ist in den letzten dreißig Jahren ganz wesentlich zurückgegangen. Ganz wird und ». to. kann es nie verschwinden — und wir sehen darin kein Unglück. Dus Fest der Baume in Italien. In diesen Tagen wurde ans Vorschlag des Ministers der Agrikultur im Einverständnis mit dem des Kultus ein könig¬ liches Dekret unterzeichnet, das „das Fest der Bäume" zu einem italienischen Nationalfest erhebt. Mancher wird sich fragen, was denn dieses merkwürdige Edikt eigentlich be¬ deute; zur Erklärung muß etwas zurückgegriffen werden. Italien leidet an demselben Schaden, an dem so viele südliche Länder leiden, daß praktische Gesetze, die, oft in einem Augenblicke der Not oder von plötzlichem Enthusiasmus gegeben, schnell in Vergessenheit geraten oder wenigstens nicht streng

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/61>, abgerufen am 29.04.2024.