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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Wohl nicht besonders zu bemerken, daß der französische Offizier hier mehrfach im
Irrtum ist.) In Frankreich, fuhr er fort, sollte die Regierung diesem Beispiele
folgen.

Auf die Frage, warum Oberst Derue das Duell unter Offizieren für not¬
wendig halte, antwortete er durch die Erzählung eines Vorkommnisses, bei dem er
selbst Zeuge war, und das er als typisch für die meisten Offizierduelle bezeichnet:
"In einer Garnisonstadt hegten zwei demselben Regiment angehörende Kapitäne
eine ganz unbegründete Abneigung gegeneinander. Irgend ein Einverständnis in
der Ausbildung der beiden zu einander gehörenden Eskadrons war infolgedessen aus¬
geschlossen. Alles litt unter diesen unliebsamen Verhältnissen, trotz der unausgesetzten
Bemühungen des Obersten, der schließlich gar nicht mehr wußte, was er thun sollte.
Eines schönen Tages, und infolge einer ganz unbedeutenden dienstlichen Angelegen¬
heit, platzte die Bombe; die beiden Kapitäne schlugen sich in der Reitbahn wie
zwei Rasende. Der Zweikampf endete mit einer leichten Verwundung, die der eine
der beiden davontrug. Von da an war nun zwar die Freundschaft zwischen den
beiden Gegnern nicht besonders warm und herzlich, aber das Duell hatte die Folge,
daß sie sich gegenseitig achteten, und daß sie über alle dienstlichen Fragen ein Ein¬
vernehmen erzielten. Diese Geschichte, schloß der Offizier, genügt als Beweis, daß
in der Armee die Institution eines Ehrengerichts unnötig ist; was hätte es in
diesem Falle thun sollen? Etwa den größern oder geringern Grad der gegen¬
seitigen Abneigung feststellen? Das Ehrengericht hätte jedenfalls im vorliegenden
Falle nicht die Notwendigkeit eines Duells erklärt, und doch war es notwendig im
Interesse des Dienstes. Die eigentümliche Wirkung des Offizierduells ist, daß es
die gegenseitige Achtung aller Offiziere eines Regiments, die in fortwährender Ge¬
meinschaft leben, sichert. Die Moralisten können sich dieses psychologische Wunder
nicht erklären; aber was bedarf es auch einer Erklärung! Die Thatsache besteht,
sie ist begründet auf tägliche Vorkommnisse und veranlaßt mich, schloß der Offizier,
laut zu erklären, daß das Offizierduell ein notwendiges Übel ist."

Man ersieht hieraus, daß das Duell in der französische" Armee viel häufiger
vorkommt als bei uns, daß ihm in vielen Fällen, wohl in den meisten, ganz nichtige,
vielfach dienstliche Vorkommnisse und Meinungsverschiedenheiten zu Gründe liegen,
daß es irgend welche Institutionen, die den Zweck hätten, diese Duelle zu ver¬
hindern oder einzuschränken (wie unsre Ehrengerichte usw.), nicht giebt, daß aber in
Frankreich nicht jeder Zweikampf, bei dem ein Offizier beteiligt ist, zu einer Lini8<j
eölsbio aufgebauscht und in der Nationalversammlung breit getreten wird, nnr um
der Armee und den Offizieren Unannehmlichkeiten zu bereiten. Der französische
Stabsoffizier sagte i Los äusls (in der französischen Armee.) ont lion vommo Mi' Jo
pÄWv; soulsmvnt ein n'vn Mi'is xa8, voila, tont!

Weder die Sozialdemokraten, noch die strenggläubigen Katholiken -- die bei
uns die Hauptgcguer des Duells sind -- kümmern sich in Frankreich um solche
Interim der Armee; sie betrachten es vor allem als eine der ersten Pflichten des
Patriotismus, etwaige schmutzige Wäsche nicht vor der Öffentlichkeit zu waschen.

Die letzten Verhandlungen im deutschen Reichstag über die Duellfrage, ebenso
wie die angenommne Resolution des Abgeordneten Lenzmann, beweisen, daß vielfach
eine ganz irrige Ansicht über den Zweikampf und seinen Zweck besteht. Es wird
immer so dargestellt, als solle das Duell eine Strafe für den Beleidiger sein, und
als müßte infolgedessen eigentlich dieser immer der Verletzte oder Getötete sein.
Wie oft liest man, daß das Unvernünftige des Duells am besten daraus hervor¬
ginge, daß der Beleidigte nicht nur die widerfahrue Beleidigung zu tragen habe,
sondern nun auch noch schwer verwundet worden sei, während der Beleidiger ge¬
sund und heil den Kampfplatz verlassen habe. In dieser Anschauung liegt, unsrer
Meinung nach, einer der hauptsächlichsten Gründe der Dnellgegnerschaft. Be¬
trachtet man den Zweikampf als Gottesurteil oder als einen Akt der Strafe, die dem
Beleidiger auferlegt werden soll, so kann man wohl über das Verfehlte dieses Zwecks
und demnach auch über das Verfehlte des Mittels klage". Erfüllt aber das Mittel


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Wohl nicht besonders zu bemerken, daß der französische Offizier hier mehrfach im
Irrtum ist.) In Frankreich, fuhr er fort, sollte die Regierung diesem Beispiele
folgen.

Auf die Frage, warum Oberst Derue das Duell unter Offizieren für not¬
wendig halte, antwortete er durch die Erzählung eines Vorkommnisses, bei dem er
selbst Zeuge war, und das er als typisch für die meisten Offizierduelle bezeichnet:
„In einer Garnisonstadt hegten zwei demselben Regiment angehörende Kapitäne
eine ganz unbegründete Abneigung gegeneinander. Irgend ein Einverständnis in
der Ausbildung der beiden zu einander gehörenden Eskadrons war infolgedessen aus¬
geschlossen. Alles litt unter diesen unliebsamen Verhältnissen, trotz der unausgesetzten
Bemühungen des Obersten, der schließlich gar nicht mehr wußte, was er thun sollte.
Eines schönen Tages, und infolge einer ganz unbedeutenden dienstlichen Angelegen¬
heit, platzte die Bombe; die beiden Kapitäne schlugen sich in der Reitbahn wie
zwei Rasende. Der Zweikampf endete mit einer leichten Verwundung, die der eine
der beiden davontrug. Von da an war nun zwar die Freundschaft zwischen den
beiden Gegnern nicht besonders warm und herzlich, aber das Duell hatte die Folge,
daß sie sich gegenseitig achteten, und daß sie über alle dienstlichen Fragen ein Ein¬
vernehmen erzielten. Diese Geschichte, schloß der Offizier, genügt als Beweis, daß
in der Armee die Institution eines Ehrengerichts unnötig ist; was hätte es in
diesem Falle thun sollen? Etwa den größern oder geringern Grad der gegen¬
seitigen Abneigung feststellen? Das Ehrengericht hätte jedenfalls im vorliegenden
Falle nicht die Notwendigkeit eines Duells erklärt, und doch war es notwendig im
Interesse des Dienstes. Die eigentümliche Wirkung des Offizierduells ist, daß es
die gegenseitige Achtung aller Offiziere eines Regiments, die in fortwährender Ge¬
meinschaft leben, sichert. Die Moralisten können sich dieses psychologische Wunder
nicht erklären; aber was bedarf es auch einer Erklärung! Die Thatsache besteht,
sie ist begründet auf tägliche Vorkommnisse und veranlaßt mich, schloß der Offizier,
laut zu erklären, daß das Offizierduell ein notwendiges Übel ist."

Man ersieht hieraus, daß das Duell in der französische» Armee viel häufiger
vorkommt als bei uns, daß ihm in vielen Fällen, wohl in den meisten, ganz nichtige,
vielfach dienstliche Vorkommnisse und Meinungsverschiedenheiten zu Gründe liegen,
daß es irgend welche Institutionen, die den Zweck hätten, diese Duelle zu ver¬
hindern oder einzuschränken (wie unsre Ehrengerichte usw.), nicht giebt, daß aber in
Frankreich nicht jeder Zweikampf, bei dem ein Offizier beteiligt ist, zu einer Lini8<j
eölsbio aufgebauscht und in der Nationalversammlung breit getreten wird, nnr um
der Armee und den Offizieren Unannehmlichkeiten zu bereiten. Der französische
Stabsoffizier sagte i Los äusls (in der französischen Armee.) ont lion vommo Mi' Jo
pÄWv; soulsmvnt ein n'vn Mi'is xa8, voila, tont!

Weder die Sozialdemokraten, noch die strenggläubigen Katholiken — die bei
uns die Hauptgcguer des Duells sind — kümmern sich in Frankreich um solche
Interim der Armee; sie betrachten es vor allem als eine der ersten Pflichten des
Patriotismus, etwaige schmutzige Wäsche nicht vor der Öffentlichkeit zu waschen.

Die letzten Verhandlungen im deutschen Reichstag über die Duellfrage, ebenso
wie die angenommne Resolution des Abgeordneten Lenzmann, beweisen, daß vielfach
eine ganz irrige Ansicht über den Zweikampf und seinen Zweck besteht. Es wird
immer so dargestellt, als solle das Duell eine Strafe für den Beleidiger sein, und
als müßte infolgedessen eigentlich dieser immer der Verletzte oder Getötete sein.
Wie oft liest man, daß das Unvernünftige des Duells am besten daraus hervor¬
ginge, daß der Beleidigte nicht nur die widerfahrue Beleidigung zu tragen habe,
sondern nun auch noch schwer verwundet worden sei, während der Beleidiger ge¬
sund und heil den Kampfplatz verlassen habe. In dieser Anschauung liegt, unsrer
Meinung nach, einer der hauptsächlichsten Gründe der Dnellgegnerschaft. Be¬
trachtet man den Zweikampf als Gottesurteil oder als einen Akt der Strafe, die dem
Beleidiger auferlegt werden soll, so kann man wohl über das Verfehlte dieses Zwecks
und demnach auch über das Verfehlte des Mittels klage». Erfüllt aber das Mittel


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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/60>, abgerufen am 15.05.2024.