Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Insel Lyxern und die englische Herrschaft

und dem Geliebtesten schon den Scheitel rührt, fällt dieser Zwergenjammer
ganz von ihm ab.

Das ist sein Nachruf an die Geliebte, besser noch der Nachklang ihrer
entrückten Erscheinung in seinem Herzen, das dem eignen Ende entgegenschlägt.
Und wie er nun selbst hinübergegangen ist, empfinden wir im Tiefsten, was
er in unvergängliche Verse prägte:

Wie hoch die Welt sich bäumet,
Wie laut auf breiter Spur
Das Leben schäumet,
Uns alle träumet
Der Weltgeist nur.

Die Deutsche Verlagsanstalt hat sich Dank verdient dadurch, daß sie das
wundervolle Werk Wischers jetzt in einer billigen, einbändigen Volksausgabe
zugänglich gemacht hat (Stuttgart und Leipzig 1904, Preis 4 Mark, gut ge¬
bunden 5 Mark). So mag "Auch Einer" denn wieder hinausziehn mit seinem
Humor und seiner Tragik, mit seinem ehernen Idealismus für das Große,
dem das Kleine Untertan bleiben muß, mit all dem Kämpfermut, den sein
Dichter einmal so ausklingen ließ:


Heinrich Sxiero


Die Insel (Lypern und die englische Herrschaft

IM Januar und im Februar 1902 bereiste ich zu archäologischen
Zwecken die Insel Cypern, und da diese Insel seit fünfundzwanzig
Jahren unter englischer Herrschaft steht, hoffte ich in ein Land
mit blühenden und geordneten Verhältnissen zu kommen. Zu
I meinem Bedauern fand ich aber gerade das Gegenteil: Verarmung
und zum Teil Verzweiflung der einheimischen Bevölkerung, weil die Zustände
seit langer Zeit immer schlechter und sogar für das einfachste tägliche Leben
immer unzulänglicher werden. Da ich nun die Bewohner Griechenlands im
allgemeinen und die griechischen Cyprioten im besondern auf meinen Reisen
sehr schätzen und von der liebenswürdigsten Seite kennen gelernt habe, drängte
es mich, den Ursachen dieser schier unglaublichen Erscheinung nachzuforschen,
und ich will hier im folgenden diese Ursachen auf Grund zuverlässiger Quellen¬
schriften einem größern Leserkreise mitteilen. Vorausschicken muß ich noch, daß


Die Insel Lyxern und die englische Herrschaft

und dem Geliebtesten schon den Scheitel rührt, fällt dieser Zwergenjammer
ganz von ihm ab.

Das ist sein Nachruf an die Geliebte, besser noch der Nachklang ihrer
entrückten Erscheinung in seinem Herzen, das dem eignen Ende entgegenschlägt.
Und wie er nun selbst hinübergegangen ist, empfinden wir im Tiefsten, was
er in unvergängliche Verse prägte:

Wie hoch die Welt sich bäumet,
Wie laut auf breiter Spur
Das Leben schäumet,
Uns alle träumet
Der Weltgeist nur.

Die Deutsche Verlagsanstalt hat sich Dank verdient dadurch, daß sie das
wundervolle Werk Wischers jetzt in einer billigen, einbändigen Volksausgabe
zugänglich gemacht hat (Stuttgart und Leipzig 1904, Preis 4 Mark, gut ge¬
bunden 5 Mark). So mag „Auch Einer" denn wieder hinausziehn mit seinem
Humor und seiner Tragik, mit seinem ehernen Idealismus für das Große,
dem das Kleine Untertan bleiben muß, mit all dem Kämpfermut, den sein
Dichter einmal so ausklingen ließ:


Heinrich Sxiero


Die Insel (Lypern und die englische Herrschaft

IM Januar und im Februar 1902 bereiste ich zu archäologischen
Zwecken die Insel Cypern, und da diese Insel seit fünfundzwanzig
Jahren unter englischer Herrschaft steht, hoffte ich in ein Land
mit blühenden und geordneten Verhältnissen zu kommen. Zu
I meinem Bedauern fand ich aber gerade das Gegenteil: Verarmung
und zum Teil Verzweiflung der einheimischen Bevölkerung, weil die Zustände
seit langer Zeit immer schlechter und sogar für das einfachste tägliche Leben
immer unzulänglicher werden. Da ich nun die Bewohner Griechenlands im
allgemeinen und die griechischen Cyprioten im besondern auf meinen Reisen
sehr schätzen und von der liebenswürdigsten Seite kennen gelernt habe, drängte
es mich, den Ursachen dieser schier unglaublichen Erscheinung nachzuforschen,
und ich will hier im folgenden diese Ursachen auf Grund zuverlässiger Quellen¬
schriften einem größern Leserkreise mitteilen. Vorausschicken muß ich noch, daß


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0587" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/294206"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Insel Lyxern und die englische Herrschaft</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2608" prev="#ID_2607"> und dem Geliebtesten schon den Scheitel rührt, fällt dieser Zwergenjammer<lb/>
ganz von ihm ab.</p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_11" type="poem">
            <l/>
          </lg><lb/>
          <p xml:id="ID_2609"> Das ist sein Nachruf an die Geliebte, besser noch der Nachklang ihrer<lb/>
entrückten Erscheinung in seinem Herzen, das dem eignen Ende entgegenschlägt.<lb/>
Und wie er nun selbst hinübergegangen ist, empfinden wir im Tiefsten, was<lb/>
er in unvergängliche Verse prägte:</p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_12" type="poem">
            <l> Wie hoch die Welt sich bäumet,<lb/>
Wie laut auf breiter Spur<lb/>
Das Leben schäumet,<lb/>
Uns alle träumet<lb/>
Der Weltgeist nur.<lb/></l>
          </lg><lb/>
          <p xml:id="ID_2610"> Die Deutsche Verlagsanstalt hat sich Dank verdient dadurch, daß sie das<lb/>
wundervolle Werk Wischers jetzt in einer billigen, einbändigen Volksausgabe<lb/>
zugänglich gemacht hat (Stuttgart und Leipzig 1904, Preis 4 Mark, gut ge¬<lb/>
bunden 5 Mark). So mag &#x201E;Auch Einer" denn wieder hinausziehn mit seinem<lb/>
Humor und seiner Tragik, mit seinem ehernen Idealismus für das Große,<lb/>
dem das Kleine Untertan bleiben muß, mit all dem Kämpfermut, den sein<lb/>
Dichter einmal so ausklingen ließ:</p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_13" type="poem">
            <l/>
          </lg><lb/>
          <note type="byline"> Heinrich Sxiero</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Insel (Lypern und die englische Herrschaft</head><lb/>
          <p xml:id="ID_2611" next="#ID_2612"> IM Januar und im Februar 1902 bereiste ich zu archäologischen<lb/>
Zwecken die Insel Cypern, und da diese Insel seit fünfundzwanzig<lb/>
Jahren unter englischer Herrschaft steht, hoffte ich in ein Land<lb/>
mit blühenden und geordneten Verhältnissen zu kommen. Zu<lb/>
I meinem Bedauern fand ich aber gerade das Gegenteil: Verarmung<lb/>
und zum Teil Verzweiflung der einheimischen Bevölkerung, weil die Zustände<lb/>
seit langer Zeit immer schlechter und sogar für das einfachste tägliche Leben<lb/>
immer unzulänglicher werden. Da ich nun die Bewohner Griechenlands im<lb/>
allgemeinen und die griechischen Cyprioten im besondern auf meinen Reisen<lb/>
sehr schätzen und von der liebenswürdigsten Seite kennen gelernt habe, drängte<lb/>
es mich, den Ursachen dieser schier unglaublichen Erscheinung nachzuforschen,<lb/>
und ich will hier im folgenden diese Ursachen auf Grund zuverlässiger Quellen¬<lb/>
schriften einem größern Leserkreise mitteilen. Vorausschicken muß ich noch, daß</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0587] Die Insel Lyxern und die englische Herrschaft und dem Geliebtesten schon den Scheitel rührt, fällt dieser Zwergenjammer ganz von ihm ab. Das ist sein Nachruf an die Geliebte, besser noch der Nachklang ihrer entrückten Erscheinung in seinem Herzen, das dem eignen Ende entgegenschlägt. Und wie er nun selbst hinübergegangen ist, empfinden wir im Tiefsten, was er in unvergängliche Verse prägte: Wie hoch die Welt sich bäumet, Wie laut auf breiter Spur Das Leben schäumet, Uns alle träumet Der Weltgeist nur. Die Deutsche Verlagsanstalt hat sich Dank verdient dadurch, daß sie das wundervolle Werk Wischers jetzt in einer billigen, einbändigen Volksausgabe zugänglich gemacht hat (Stuttgart und Leipzig 1904, Preis 4 Mark, gut ge¬ bunden 5 Mark). So mag „Auch Einer" denn wieder hinausziehn mit seinem Humor und seiner Tragik, mit seinem ehernen Idealismus für das Große, dem das Kleine Untertan bleiben muß, mit all dem Kämpfermut, den sein Dichter einmal so ausklingen ließ: Heinrich Sxiero Die Insel (Lypern und die englische Herrschaft IM Januar und im Februar 1902 bereiste ich zu archäologischen Zwecken die Insel Cypern, und da diese Insel seit fünfundzwanzig Jahren unter englischer Herrschaft steht, hoffte ich in ein Land mit blühenden und geordneten Verhältnissen zu kommen. Zu I meinem Bedauern fand ich aber gerade das Gegenteil: Verarmung und zum Teil Verzweiflung der einheimischen Bevölkerung, weil die Zustände seit langer Zeit immer schlechter und sogar für das einfachste tägliche Leben immer unzulänglicher werden. Da ich nun die Bewohner Griechenlands im allgemeinen und die griechischen Cyprioten im besondern auf meinen Reisen sehr schätzen und von der liebenswürdigsten Seite kennen gelernt habe, drängte es mich, den Ursachen dieser schier unglaublichen Erscheinung nachzuforschen, und ich will hier im folgenden diese Ursachen auf Grund zuverlässiger Quellen¬ schriften einem größern Leserkreise mitteilen. Vorausschicken muß ich noch, daß

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/587
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/587>, abgerufen am 03.05.2024.