Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Landgrafen von Hessen-Homburg

ursprünglich nur an der preußischen Küste geltenden Grundsätze übertrug
Friedrich durch das pommersche Strandedikt vom 4. April 1743 auf den
pommerschen Strand, wo bis dahin die auch für Rügen verbindlichen, 1620
revidierten, 1623 bestätigten Privilegien Barnims des Zehnten vom Jahre
1560 in Geltung waren, nach deren nichts weniger als rückständigen Be¬
stimmungen das Strandgut drei Jahre zur Verfügung der Eigentümer auf¬
bewahrt und gegen billigen Bergelohn ausgehändigt wurde. So stand vom
Jahre 1743 an die ganze preußische Küste unter einem Strandgesetze, nur
Ostfriesland, das im Jahre 1744 dem preußischen Staate einverleibt wurde,
blieb außerhalb des Bereichs der Strandungsordnung. Die Strandverhältnisse
in diesem Gebiete werde ich später darzustellen suchen.

(Fortsetzung folgt)




Die Landgrafen von Hessen-Homburg
in ihrem Verhalten der Spielbank gegenüber
L. Schulze von

>in achtunddreißigsten Heft der Grenzboten vorigen Jahres ver¬
öffentlicht I. Sepp in München, einstmals Mitglied der ersten
deutschen Nationalversammlung, "Erinnerungen an die Pauls¬
ki U, rche 1848." Es heißt darin Seite 698: "Hatte hier (bei
! Aufhebung der Handwerkerzünfte) das Parlament dem neuerungs¬
lustigen Zeitgeist zu viel nachgegeben, so wurde die Aufhebung der Spiel¬
banken und all der Lottos mit allgemeinem Jubel begrüßt. Es war in der
Tat ein erbaulicher Anblick, den Landgrafen von Hessen-Homburg mit
solcher Gesellschaft am Spieltisch sitzen zu sehen, wie er eine Rolle um
die andre kommen ließ und das Geld seiner Untertanen verspielte.
Bei der Abschaffung kam jedoch ein liberales Mitglied in grausame Verlegen¬
heit, nämlich der vom Wahlkreise Homburg erwählte Jakob Venedey. Wie
er auf der Rednerbühne jammerte und wider bessere Überzeugung flehte, das
hohe Haus möge doch Rücksicht nehmen und nicht ohne weiteres und nicht
sogleich das Langgewohnte aus der Welt schaffen! Er kam so zwischen zwei
Feuer. Gewiß war es für die Bankhalter erträglich, wenn auch gerade die
ärmere Klasse die Fortuna herausforderte und dadurch noch ärmer wurde."

Zwei sehr schwere Vorwürfe werden in dieser Darstellung gegen den
Landgrafen von Hessen-Homburg erhoben: er habe sich in seiner eignen
Residenz in schlechter Gesellschaft der Leidenschaft des Glücksspiels hingegeben,
und er habe die Ausbeutung der ärmern Klassen seiner Untertanen zugelassen
oder gar gefördert. Wo solche Anklagen gegen Verstorbne erhoben werden,
da ergibt sich die Pflicht, durch gewissenhafte Prüfung der Beweismittel fest¬
zustellen, ob die Vorwürfe durch die Tatsachen gerechtfertigt werden, oder ob


Grenzboten III 1904 36
Die Landgrafen von Hessen-Homburg

ursprünglich nur an der preußischen Küste geltenden Grundsätze übertrug
Friedrich durch das pommersche Strandedikt vom 4. April 1743 auf den
pommerschen Strand, wo bis dahin die auch für Rügen verbindlichen, 1620
revidierten, 1623 bestätigten Privilegien Barnims des Zehnten vom Jahre
1560 in Geltung waren, nach deren nichts weniger als rückständigen Be¬
stimmungen das Strandgut drei Jahre zur Verfügung der Eigentümer auf¬
bewahrt und gegen billigen Bergelohn ausgehändigt wurde. So stand vom
Jahre 1743 an die ganze preußische Küste unter einem Strandgesetze, nur
Ostfriesland, das im Jahre 1744 dem preußischen Staate einverleibt wurde,
blieb außerhalb des Bereichs der Strandungsordnung. Die Strandverhältnisse
in diesem Gebiete werde ich später darzustellen suchen.

(Fortsetzung folgt)




Die Landgrafen von Hessen-Homburg
in ihrem Verhalten der Spielbank gegenüber
L. Schulze von

>in achtunddreißigsten Heft der Grenzboten vorigen Jahres ver¬
öffentlicht I. Sepp in München, einstmals Mitglied der ersten
deutschen Nationalversammlung, „Erinnerungen an die Pauls¬
ki U, rche 1848." Es heißt darin Seite 698: „Hatte hier (bei
! Aufhebung der Handwerkerzünfte) das Parlament dem neuerungs¬
lustigen Zeitgeist zu viel nachgegeben, so wurde die Aufhebung der Spiel¬
banken und all der Lottos mit allgemeinem Jubel begrüßt. Es war in der
Tat ein erbaulicher Anblick, den Landgrafen von Hessen-Homburg mit
solcher Gesellschaft am Spieltisch sitzen zu sehen, wie er eine Rolle um
die andre kommen ließ und das Geld seiner Untertanen verspielte.
Bei der Abschaffung kam jedoch ein liberales Mitglied in grausame Verlegen¬
heit, nämlich der vom Wahlkreise Homburg erwählte Jakob Venedey. Wie
er auf der Rednerbühne jammerte und wider bessere Überzeugung flehte, das
hohe Haus möge doch Rücksicht nehmen und nicht ohne weiteres und nicht
sogleich das Langgewohnte aus der Welt schaffen! Er kam so zwischen zwei
Feuer. Gewiß war es für die Bankhalter erträglich, wenn auch gerade die
ärmere Klasse die Fortuna herausforderte und dadurch noch ärmer wurde."

Zwei sehr schwere Vorwürfe werden in dieser Darstellung gegen den
Landgrafen von Hessen-Homburg erhoben: er habe sich in seiner eignen
Residenz in schlechter Gesellschaft der Leidenschaft des Glücksspiels hingegeben,
und er habe die Ausbeutung der ärmern Klassen seiner Untertanen zugelassen
oder gar gefördert. Wo solche Anklagen gegen Verstorbne erhoben werden,
da ergibt sich die Pflicht, durch gewissenhafte Prüfung der Beweismittel fest¬
zustellen, ob die Vorwürfe durch die Tatsachen gerechtfertigt werden, oder ob


Grenzboten III 1904 36
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0273" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/294690"/>
            <fw type="header" place="top"> Die Landgrafen von Hessen-Homburg</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1157" prev="#ID_1156"> ursprünglich nur an der preußischen Küste geltenden Grundsätze übertrug<lb/>
Friedrich durch das pommersche Strandedikt vom 4. April 1743 auf den<lb/>
pommerschen Strand, wo bis dahin die auch für Rügen verbindlichen, 1620<lb/>
revidierten, 1623 bestätigten Privilegien Barnims des Zehnten vom Jahre<lb/>
1560 in Geltung waren, nach deren nichts weniger als rückständigen Be¬<lb/>
stimmungen das Strandgut drei Jahre zur Verfügung der Eigentümer auf¬<lb/>
bewahrt und gegen billigen Bergelohn ausgehändigt wurde. So stand vom<lb/>
Jahre 1743 an die ganze preußische Küste unter einem Strandgesetze, nur<lb/>
Ostfriesland, das im Jahre 1744 dem preußischen Staate einverleibt wurde,<lb/>
blieb außerhalb des Bereichs der Strandungsordnung. Die Strandverhältnisse<lb/>
in diesem Gebiete werde ich später darzustellen suchen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1158"> (Fortsetzung folgt)</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Landgrafen von Hessen-Homburg<lb/>
in ihrem Verhalten der Spielbank gegenüber<lb/><note type="byline"> L. Schulze</note> von</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1159"> &gt;in achtunddreißigsten Heft der Grenzboten vorigen Jahres ver¬<lb/>
öffentlicht I. Sepp in München, einstmals Mitglied der ersten<lb/>
deutschen Nationalversammlung, &#x201E;Erinnerungen an die Pauls¬<lb/>
ki U, rche 1848." Es heißt darin Seite 698: &#x201E;Hatte hier (bei<lb/>
! Aufhebung der Handwerkerzünfte) das Parlament dem neuerungs¬<lb/>
lustigen Zeitgeist zu viel nachgegeben, so wurde die Aufhebung der Spiel¬<lb/>
banken und all der Lottos mit allgemeinem Jubel begrüßt. Es war in der<lb/>
Tat ein erbaulicher Anblick, den Landgrafen von Hessen-Homburg mit<lb/>
solcher Gesellschaft am Spieltisch sitzen zu sehen, wie er eine Rolle um<lb/>
die andre kommen ließ und das Geld seiner Untertanen verspielte.<lb/>
Bei der Abschaffung kam jedoch ein liberales Mitglied in grausame Verlegen¬<lb/>
heit, nämlich der vom Wahlkreise Homburg erwählte Jakob Venedey. Wie<lb/>
er auf der Rednerbühne jammerte und wider bessere Überzeugung flehte, das<lb/>
hohe Haus möge doch Rücksicht nehmen und nicht ohne weiteres und nicht<lb/>
sogleich das Langgewohnte aus der Welt schaffen! Er kam so zwischen zwei<lb/>
Feuer. Gewiß war es für die Bankhalter erträglich, wenn auch gerade die<lb/>
ärmere Klasse die Fortuna herausforderte und dadurch noch ärmer wurde."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1160" next="#ID_1161"> Zwei sehr schwere Vorwürfe werden in dieser Darstellung gegen den<lb/>
Landgrafen von Hessen-Homburg erhoben: er habe sich in seiner eignen<lb/>
Residenz in schlechter Gesellschaft der Leidenschaft des Glücksspiels hingegeben,<lb/>
und er habe die Ausbeutung der ärmern Klassen seiner Untertanen zugelassen<lb/>
oder gar gefördert. Wo solche Anklagen gegen Verstorbne erhoben werden,<lb/>
da ergibt sich die Pflicht, durch gewissenhafte Prüfung der Beweismittel fest¬<lb/>
zustellen, ob die Vorwürfe durch die Tatsachen gerechtfertigt werden, oder ob</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III 1904 36</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0273] Die Landgrafen von Hessen-Homburg ursprünglich nur an der preußischen Küste geltenden Grundsätze übertrug Friedrich durch das pommersche Strandedikt vom 4. April 1743 auf den pommerschen Strand, wo bis dahin die auch für Rügen verbindlichen, 1620 revidierten, 1623 bestätigten Privilegien Barnims des Zehnten vom Jahre 1560 in Geltung waren, nach deren nichts weniger als rückständigen Be¬ stimmungen das Strandgut drei Jahre zur Verfügung der Eigentümer auf¬ bewahrt und gegen billigen Bergelohn ausgehändigt wurde. So stand vom Jahre 1743 an die ganze preußische Küste unter einem Strandgesetze, nur Ostfriesland, das im Jahre 1744 dem preußischen Staate einverleibt wurde, blieb außerhalb des Bereichs der Strandungsordnung. Die Strandverhältnisse in diesem Gebiete werde ich später darzustellen suchen. (Fortsetzung folgt) Die Landgrafen von Hessen-Homburg in ihrem Verhalten der Spielbank gegenüber L. Schulze von >in achtunddreißigsten Heft der Grenzboten vorigen Jahres ver¬ öffentlicht I. Sepp in München, einstmals Mitglied der ersten deutschen Nationalversammlung, „Erinnerungen an die Pauls¬ ki U, rche 1848." Es heißt darin Seite 698: „Hatte hier (bei ! Aufhebung der Handwerkerzünfte) das Parlament dem neuerungs¬ lustigen Zeitgeist zu viel nachgegeben, so wurde die Aufhebung der Spiel¬ banken und all der Lottos mit allgemeinem Jubel begrüßt. Es war in der Tat ein erbaulicher Anblick, den Landgrafen von Hessen-Homburg mit solcher Gesellschaft am Spieltisch sitzen zu sehen, wie er eine Rolle um die andre kommen ließ und das Geld seiner Untertanen verspielte. Bei der Abschaffung kam jedoch ein liberales Mitglied in grausame Verlegen¬ heit, nämlich der vom Wahlkreise Homburg erwählte Jakob Venedey. Wie er auf der Rednerbühne jammerte und wider bessere Überzeugung flehte, das hohe Haus möge doch Rücksicht nehmen und nicht ohne weiteres und nicht sogleich das Langgewohnte aus der Welt schaffen! Er kam so zwischen zwei Feuer. Gewiß war es für die Bankhalter erträglich, wenn auch gerade die ärmere Klasse die Fortuna herausforderte und dadurch noch ärmer wurde." Zwei sehr schwere Vorwürfe werden in dieser Darstellung gegen den Landgrafen von Hessen-Homburg erhoben: er habe sich in seiner eignen Residenz in schlechter Gesellschaft der Leidenschaft des Glücksspiels hingegeben, und er habe die Ausbeutung der ärmern Klassen seiner Untertanen zugelassen oder gar gefördert. Wo solche Anklagen gegen Verstorbne erhoben werden, da ergibt sich die Pflicht, durch gewissenhafte Prüfung der Beweismittel fest¬ zustellen, ob die Vorwürfe durch die Tatsachen gerechtfertigt werden, oder ob Grenzboten III 1904 36

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/273
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/273>, abgerufen am 28.04.2024.