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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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gefühls mildern. Endlich wird der Kaiser weitern Erfolg haben bei der Führung
des deutschen Volkes in der Weltpolitik, wofür das Verständnis in fortschrei¬
tendem Maße wächst. Unstreitig würde eine Partei, die es verstünde, statt etwa
mit dem kurzsichtigen Rassenprogramm ihre Parteiziele dnrch die große Idee
der Flotten-, Seehandels- und Weltpolitik rechtzeitig und mit Überzeugung zu
erweitern, zur Partei der Zukunft werden, denn sie fände den empfänglichsten
Boden im Volk, einen neuen Baum deutscher Größe zu pflanzen, der viele
Jahrhunderte grünen und blühn würde.




Die private Feuerversicherung
(Schluß)

M<'M"TU> ach der übereinstimmenden Ansicht aller, die sich an einer Begriffs¬
bestimmung des Wortes "Versicherung" versucht habe", kann es
nur eine Versicherung für Ereignisse geben, die für den Betroffnen
zufälliger Natur sind. Da sich nun aber auch der Zufall -- in
! gewissen Genzen wenigstens -- einer Regel fügt, ist es möglich,
auf Grund bestimmter möglichst langjähriger und genauer Erfahrungen ungefähr
zu ermitteln, wie oft ein solcher Zufall in einem bestimmten Zeitraum zu er¬
warten ist, und es ist möglich, auf Grund dieser Wahrscheinlichkeitsrechnung
den Beitrag zu bestimmen, der, wie wir oben sagten, zur Bildung und Auf¬
füllung des "Ausgleichsfonds" nötig ist, die Prämie. Es ist nun klar, daß die
ganze Gemeinschaftswirtschaft, als die sich ein Versichernngsunternehmen dar¬
stellt, auf das empfindlichste in ihrem wirtschaftlichen Gleichgewicht gestört
werden muß. wenn der Ausgleichsfouds zu bestimmungswidrigen Zwecken ver¬
wandt wird, die nicht in die auf Erfahrung beruhende Wahrscheinlichkeits¬
rechnung einbezogen werden konnten. Dies geschieht, wenn eine Brandentschä¬
digung beansprucht wird für einen Brandschäden, der für den Betroffnen nicht
zufälliger Natur, sondern von ihm selbst mit Vorbedacht herbeigeführt war,
oder für erdichtete Brandverluste, sei es, daß diese nicht durch Feuerschaden
herbeigeführt oder daß sie überhaupt bloß fingiert worden sind. Darum sind
die beiden schlimmsten Gefahren jedes Versicherers der sogenannte Versicherungs¬
betrug, d. h. die Brandstiftung durch den Versicherten selbst oder auf seine
Veranlassung durch andre, und die betrügerische Geltendmachung von Ersatz¬
ansprüchen für nicht vorhanden gewesene oder nicht vom Brande beschädigte
Sachen. Von dem Umfange des Schadens, der allen Versicherungsnnter-
nehmungen dnrch Eigenbrandstiftung zugefügt wird, kann man sich kaum einen
zutreffenden Begriff machen. Die Brandstiftung ist das Verbrechen, bei dem
die Ermittlung des Urhebers am schwierigsten ist, noch schwerer als beim Morde,
weil bei der Brandstiftung eben alle verräterischen Spuren vernichtet zu werden
Pflegen, und weil es so leicht ist, den Schein der Ursache auf allerlei zufällige


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gefühls mildern. Endlich wird der Kaiser weitern Erfolg haben bei der Führung
des deutschen Volkes in der Weltpolitik, wofür das Verständnis in fortschrei¬
tendem Maße wächst. Unstreitig würde eine Partei, die es verstünde, statt etwa
mit dem kurzsichtigen Rassenprogramm ihre Parteiziele dnrch die große Idee
der Flotten-, Seehandels- und Weltpolitik rechtzeitig und mit Überzeugung zu
erweitern, zur Partei der Zukunft werden, denn sie fände den empfänglichsten
Boden im Volk, einen neuen Baum deutscher Größe zu pflanzen, der viele
Jahrhunderte grünen und blühn würde.




Die private Feuerversicherung
(Schluß)

M<'M«TU> ach der übereinstimmenden Ansicht aller, die sich an einer Begriffs¬
bestimmung des Wortes „Versicherung" versucht habe», kann es
nur eine Versicherung für Ereignisse geben, die für den Betroffnen
zufälliger Natur sind. Da sich nun aber auch der Zufall — in
! gewissen Genzen wenigstens — einer Regel fügt, ist es möglich,
auf Grund bestimmter möglichst langjähriger und genauer Erfahrungen ungefähr
zu ermitteln, wie oft ein solcher Zufall in einem bestimmten Zeitraum zu er¬
warten ist, und es ist möglich, auf Grund dieser Wahrscheinlichkeitsrechnung
den Beitrag zu bestimmen, der, wie wir oben sagten, zur Bildung und Auf¬
füllung des „Ausgleichsfonds" nötig ist, die Prämie. Es ist nun klar, daß die
ganze Gemeinschaftswirtschaft, als die sich ein Versichernngsunternehmen dar¬
stellt, auf das empfindlichste in ihrem wirtschaftlichen Gleichgewicht gestört
werden muß. wenn der Ausgleichsfouds zu bestimmungswidrigen Zwecken ver¬
wandt wird, die nicht in die auf Erfahrung beruhende Wahrscheinlichkeits¬
rechnung einbezogen werden konnten. Dies geschieht, wenn eine Brandentschä¬
digung beansprucht wird für einen Brandschäden, der für den Betroffnen nicht
zufälliger Natur, sondern von ihm selbst mit Vorbedacht herbeigeführt war,
oder für erdichtete Brandverluste, sei es, daß diese nicht durch Feuerschaden
herbeigeführt oder daß sie überhaupt bloß fingiert worden sind. Darum sind
die beiden schlimmsten Gefahren jedes Versicherers der sogenannte Versicherungs¬
betrug, d. h. die Brandstiftung durch den Versicherten selbst oder auf seine
Veranlassung durch andre, und die betrügerische Geltendmachung von Ersatz¬
ansprüchen für nicht vorhanden gewesene oder nicht vom Brande beschädigte
Sachen. Von dem Umfange des Schadens, der allen Versicherungsnnter-
nehmungen dnrch Eigenbrandstiftung zugefügt wird, kann man sich kaum einen
zutreffenden Begriff machen. Die Brandstiftung ist das Verbrechen, bei dem
die Ermittlung des Urhebers am schwierigsten ist, noch schwerer als beim Morde,
weil bei der Brandstiftung eben alle verräterischen Spuren vernichtet zu werden
Pflegen, und weil es so leicht ist, den Schein der Ursache auf allerlei zufällige


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[0694] Die private FeiierversicheriMg gefühls mildern. Endlich wird der Kaiser weitern Erfolg haben bei der Führung des deutschen Volkes in der Weltpolitik, wofür das Verständnis in fortschrei¬ tendem Maße wächst. Unstreitig würde eine Partei, die es verstünde, statt etwa mit dem kurzsichtigen Rassenprogramm ihre Parteiziele dnrch die große Idee der Flotten-, Seehandels- und Weltpolitik rechtzeitig und mit Überzeugung zu erweitern, zur Partei der Zukunft werden, denn sie fände den empfänglichsten Boden im Volk, einen neuen Baum deutscher Größe zu pflanzen, der viele Jahrhunderte grünen und blühn würde. Die private Feuerversicherung (Schluß) M<'M«TU> ach der übereinstimmenden Ansicht aller, die sich an einer Begriffs¬ bestimmung des Wortes „Versicherung" versucht habe», kann es nur eine Versicherung für Ereignisse geben, die für den Betroffnen zufälliger Natur sind. Da sich nun aber auch der Zufall — in ! gewissen Genzen wenigstens — einer Regel fügt, ist es möglich, auf Grund bestimmter möglichst langjähriger und genauer Erfahrungen ungefähr zu ermitteln, wie oft ein solcher Zufall in einem bestimmten Zeitraum zu er¬ warten ist, und es ist möglich, auf Grund dieser Wahrscheinlichkeitsrechnung den Beitrag zu bestimmen, der, wie wir oben sagten, zur Bildung und Auf¬ füllung des „Ausgleichsfonds" nötig ist, die Prämie. Es ist nun klar, daß die ganze Gemeinschaftswirtschaft, als die sich ein Versichernngsunternehmen dar¬ stellt, auf das empfindlichste in ihrem wirtschaftlichen Gleichgewicht gestört werden muß. wenn der Ausgleichsfouds zu bestimmungswidrigen Zwecken ver¬ wandt wird, die nicht in die auf Erfahrung beruhende Wahrscheinlichkeits¬ rechnung einbezogen werden konnten. Dies geschieht, wenn eine Brandentschä¬ digung beansprucht wird für einen Brandschäden, der für den Betroffnen nicht zufälliger Natur, sondern von ihm selbst mit Vorbedacht herbeigeführt war, oder für erdichtete Brandverluste, sei es, daß diese nicht durch Feuerschaden herbeigeführt oder daß sie überhaupt bloß fingiert worden sind. Darum sind die beiden schlimmsten Gefahren jedes Versicherers der sogenannte Versicherungs¬ betrug, d. h. die Brandstiftung durch den Versicherten selbst oder auf seine Veranlassung durch andre, und die betrügerische Geltendmachung von Ersatz¬ ansprüchen für nicht vorhanden gewesene oder nicht vom Brande beschädigte Sachen. Von dem Umfange des Schadens, der allen Versicherungsnnter- nehmungen dnrch Eigenbrandstiftung zugefügt wird, kann man sich kaum einen zutreffenden Begriff machen. Die Brandstiftung ist das Verbrechen, bei dem die Ermittlung des Urhebers am schwierigsten ist, noch schwerer als beim Morde, weil bei der Brandstiftung eben alle verräterischen Spuren vernichtet zu werden Pflegen, und weil es so leicht ist, den Schein der Ursache auf allerlei zufällige

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/694>, abgerufen am 28.04.2024.