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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

andern Beiträgen für wirtschaftliche Störungen, für Schädigung des Nationalver¬
mögens und damit auch für Schädigung der Zoll- und Steuereinkünfte. Auch vou
diesem Standpunkt ans ist die Reichserbschaftssteuer tatsächlich eine recht bedenkliche
Konzession, die an die von der Politik der Massenumschmeichlung lebenden Parteien
gemacht wird. Ein fünfunddreißig Jahre festgehaltner Grundgedanke der Reichs¬
politik wird damit durchbrochen, und wir wollen wünschen, daß das französische
Sprichwort: n'ost guf Is Premier xas cM coule nicht auch in dieser Beziehung
zur Geltung kommt. Es ist immerhin eine von der Sozialdemokratie geschlagne
Bresche, die von der Zentrumsdemokratie erweitert wird, ein Wettlaufen, bei dem
dann natürlich der bürgerliche Freisinn auch nicht fehlen darf. Wäre das Reichs-
fchatzamt mit einem preußischen Staatssekretär besehe, so würde die bayrische Zentrums¬
demokratie wahrscheinlich gewaltigen Lärm über den "Eingriff in die bayrischen Landes¬
hoheitsrechte, über preußische Vergewaltigung" erheben, so aber ist Herr von Stengel
Bayer, und da können sogar seine ihm sonst wenig wohlwollend gesinnten Landsleute
^ doch nicht in Widerspruch mit sich selbst geraten, (jnousaus t^nahm!


Praktisches Christentum als Förderer des konfessionellen Friedens.

Die evangelische Kirche ist von Anfang an ein wenig zu sehr Theologenkirche ge¬
wesen, und manchmal, so auch in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts,
mag es vielen so vorgekommen sein, als ob das Leben dieser Kirche in der theo¬
logischen Forschung und im Streit ihrer Theologen untereinander und mit denen der
andern Konfession aufginge. Mit der Gründung des Diakonisseninstituts und mit
Wieherns Innerer Mission ist eine erfreuliche Reaktion eingetreten, und von Jahr¬
zehnt zu Jahrzehnt haben Liebeswerke und soziale Bestrebungen aller Art einen
immer breitern Raum eingenommen und immer erfreulichere Früchte getragen.
Darin liegt nicht bloß eine Rückkehr zum echten Geiste des Christentums, sondern
es eröffnet sich damit auch die Aussicht auf Überwindung und Überbrückung -- nicht
Beseitigung -- des konfessionellen Gegensatzes. Zu praktischer Tätigkeit können die
Konfessionen ohne Preisgebung ihrer theoretischen Prinzipien einander die Hände
reichen, durch die theologische Erörterung dieser Prinzipien wird die ohnehin starke
Neigung zu unfruchtbarem und verderblichem Gezänk verstärkt. Sehr gefreut hat
es uns, daß diese Seite der Sache auf dem in Leipzig abgehaltnen dreiunddreißigsten
Kongreß für Innere Mission so kräftig hervorgehoben worden ist. Unsre Freunde
werden ja, soweit sie nicht selbst teilgenommen haben, die Berichte über die Ver¬
handlungen gelesen haben, aber es soll doch auch in dieser Zeitschrift, die so ent¬
schieden für den konfessionellen Frieden eintritt, die erfreuliche Tatsache wenigstens
gebucht werden. Von den neun Leitsätzen, die in der Sitzung am 26. September
der Geheime Kirchenrat v. Hamel vorlegte, sprechen zwei es aus, daß die kon¬
fessionelle Spaltung ja an sich ein Unglück sei, die Verschärfung des Gegensatzes
aber die Einheit der deutschen Nation gefährde, und daß die Innere Mission,
deren Arbeit mit den gleichartigen katholischen Bestrebungen zusammentreffe, das
gegenseitige Verständnis, die gegenseitige Achtung fördere und so dem Frieden diene.
Und daran schließt sich der Satz: "Gefährlicher als der konfessionelle Gegensatz ist
für die Einheit des Volkslebens der unversöhnliche Gegensatz der religiösen und
der irreligiösen Weltanschauung." Und der Geheime Kirchenrat v. Park sprach die
schönen Worte: "Leider ist ja der konfessionelle Gegensatz vorhanden und darum
auch die Unvermeidlichkeit des Kampfes gegeben. Aber um so mehr ist es unsre
nationale Pflicht, nicht mit vergifteten Waffen diesen Kampf zu führen. Auf wissen¬
schaftlich-literarischem Gebiete soll der Kampf nur mit dem Schwerte des Geistes und
der Wahrheit geführt werden, auf praktischem Gebiete soll er sein ein heiliger Wett¬
kampf, ein heiliges Ringen um die Besserung des Volkes und um seine Hebung." Das
bedeutet eiuen guten Schritt vorwärts in der gesunden Entwicklung unsers Volkes.




Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Will). Grunoiv in Leipzig -- Druck von Karl Marquart in Leipzig
Maßgebliches und Unmaßgebliches

andern Beiträgen für wirtschaftliche Störungen, für Schädigung des Nationalver¬
mögens und damit auch für Schädigung der Zoll- und Steuereinkünfte. Auch vou
diesem Standpunkt ans ist die Reichserbschaftssteuer tatsächlich eine recht bedenkliche
Konzession, die an die von der Politik der Massenumschmeichlung lebenden Parteien
gemacht wird. Ein fünfunddreißig Jahre festgehaltner Grundgedanke der Reichs¬
politik wird damit durchbrochen, und wir wollen wünschen, daß das französische
Sprichwort: n'ost guf Is Premier xas cM coule nicht auch in dieser Beziehung
zur Geltung kommt. Es ist immerhin eine von der Sozialdemokratie geschlagne
Bresche, die von der Zentrumsdemokratie erweitert wird, ein Wettlaufen, bei dem
dann natürlich der bürgerliche Freisinn auch nicht fehlen darf. Wäre das Reichs-
fchatzamt mit einem preußischen Staatssekretär besehe, so würde die bayrische Zentrums¬
demokratie wahrscheinlich gewaltigen Lärm über den „Eingriff in die bayrischen Landes¬
hoheitsrechte, über preußische Vergewaltigung" erheben, so aber ist Herr von Stengel
Bayer, und da können sogar seine ihm sonst wenig wohlwollend gesinnten Landsleute
^ doch nicht in Widerspruch mit sich selbst geraten, (jnousaus t^nahm!


Praktisches Christentum als Förderer des konfessionellen Friedens.

Die evangelische Kirche ist von Anfang an ein wenig zu sehr Theologenkirche ge¬
wesen, und manchmal, so auch in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts,
mag es vielen so vorgekommen sein, als ob das Leben dieser Kirche in der theo¬
logischen Forschung und im Streit ihrer Theologen untereinander und mit denen der
andern Konfession aufginge. Mit der Gründung des Diakonisseninstituts und mit
Wieherns Innerer Mission ist eine erfreuliche Reaktion eingetreten, und von Jahr¬
zehnt zu Jahrzehnt haben Liebeswerke und soziale Bestrebungen aller Art einen
immer breitern Raum eingenommen und immer erfreulichere Früchte getragen.
Darin liegt nicht bloß eine Rückkehr zum echten Geiste des Christentums, sondern
es eröffnet sich damit auch die Aussicht auf Überwindung und Überbrückung — nicht
Beseitigung — des konfessionellen Gegensatzes. Zu praktischer Tätigkeit können die
Konfessionen ohne Preisgebung ihrer theoretischen Prinzipien einander die Hände
reichen, durch die theologische Erörterung dieser Prinzipien wird die ohnehin starke
Neigung zu unfruchtbarem und verderblichem Gezänk verstärkt. Sehr gefreut hat
es uns, daß diese Seite der Sache auf dem in Leipzig abgehaltnen dreiunddreißigsten
Kongreß für Innere Mission so kräftig hervorgehoben worden ist. Unsre Freunde
werden ja, soweit sie nicht selbst teilgenommen haben, die Berichte über die Ver¬
handlungen gelesen haben, aber es soll doch auch in dieser Zeitschrift, die so ent¬
schieden für den konfessionellen Frieden eintritt, die erfreuliche Tatsache wenigstens
gebucht werden. Von den neun Leitsätzen, die in der Sitzung am 26. September
der Geheime Kirchenrat v. Hamel vorlegte, sprechen zwei es aus, daß die kon¬
fessionelle Spaltung ja an sich ein Unglück sei, die Verschärfung des Gegensatzes
aber die Einheit der deutschen Nation gefährde, und daß die Innere Mission,
deren Arbeit mit den gleichartigen katholischen Bestrebungen zusammentreffe, das
gegenseitige Verständnis, die gegenseitige Achtung fördere und so dem Frieden diene.
Und daran schließt sich der Satz: „Gefährlicher als der konfessionelle Gegensatz ist
für die Einheit des Volkslebens der unversöhnliche Gegensatz der religiösen und
der irreligiösen Weltanschauung." Und der Geheime Kirchenrat v. Park sprach die
schönen Worte: „Leider ist ja der konfessionelle Gegensatz vorhanden und darum
auch die Unvermeidlichkeit des Kampfes gegeben. Aber um so mehr ist es unsre
nationale Pflicht, nicht mit vergifteten Waffen diesen Kampf zu führen. Auf wissen¬
schaftlich-literarischem Gebiete soll der Kampf nur mit dem Schwerte des Geistes und
der Wahrheit geführt werden, auf praktischem Gebiete soll er sein ein heiliger Wett¬
kampf, ein heiliges Ringen um die Besserung des Volkes und um seine Hebung." Das
bedeutet eiuen guten Schritt vorwärts in der gesunden Entwicklung unsers Volkes.




Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Will). Grunoiv in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig
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[0290] Maßgebliches und Unmaßgebliches andern Beiträgen für wirtschaftliche Störungen, für Schädigung des Nationalver¬ mögens und damit auch für Schädigung der Zoll- und Steuereinkünfte. Auch vou diesem Standpunkt ans ist die Reichserbschaftssteuer tatsächlich eine recht bedenkliche Konzession, die an die von der Politik der Massenumschmeichlung lebenden Parteien gemacht wird. Ein fünfunddreißig Jahre festgehaltner Grundgedanke der Reichs¬ politik wird damit durchbrochen, und wir wollen wünschen, daß das französische Sprichwort: n'ost guf Is Premier xas cM coule nicht auch in dieser Beziehung zur Geltung kommt. Es ist immerhin eine von der Sozialdemokratie geschlagne Bresche, die von der Zentrumsdemokratie erweitert wird, ein Wettlaufen, bei dem dann natürlich der bürgerliche Freisinn auch nicht fehlen darf. Wäre das Reichs- fchatzamt mit einem preußischen Staatssekretär besehe, so würde die bayrische Zentrums¬ demokratie wahrscheinlich gewaltigen Lärm über den „Eingriff in die bayrischen Landes¬ hoheitsrechte, über preußische Vergewaltigung" erheben, so aber ist Herr von Stengel Bayer, und da können sogar seine ihm sonst wenig wohlwollend gesinnten Landsleute ^ doch nicht in Widerspruch mit sich selbst geraten, (jnousaus t^nahm! Praktisches Christentum als Förderer des konfessionellen Friedens. Die evangelische Kirche ist von Anfang an ein wenig zu sehr Theologenkirche ge¬ wesen, und manchmal, so auch in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, mag es vielen so vorgekommen sein, als ob das Leben dieser Kirche in der theo¬ logischen Forschung und im Streit ihrer Theologen untereinander und mit denen der andern Konfession aufginge. Mit der Gründung des Diakonisseninstituts und mit Wieherns Innerer Mission ist eine erfreuliche Reaktion eingetreten, und von Jahr¬ zehnt zu Jahrzehnt haben Liebeswerke und soziale Bestrebungen aller Art einen immer breitern Raum eingenommen und immer erfreulichere Früchte getragen. Darin liegt nicht bloß eine Rückkehr zum echten Geiste des Christentums, sondern es eröffnet sich damit auch die Aussicht auf Überwindung und Überbrückung — nicht Beseitigung — des konfessionellen Gegensatzes. Zu praktischer Tätigkeit können die Konfessionen ohne Preisgebung ihrer theoretischen Prinzipien einander die Hände reichen, durch die theologische Erörterung dieser Prinzipien wird die ohnehin starke Neigung zu unfruchtbarem und verderblichem Gezänk verstärkt. Sehr gefreut hat es uns, daß diese Seite der Sache auf dem in Leipzig abgehaltnen dreiunddreißigsten Kongreß für Innere Mission so kräftig hervorgehoben worden ist. Unsre Freunde werden ja, soweit sie nicht selbst teilgenommen haben, die Berichte über die Ver¬ handlungen gelesen haben, aber es soll doch auch in dieser Zeitschrift, die so ent¬ schieden für den konfessionellen Frieden eintritt, die erfreuliche Tatsache wenigstens gebucht werden. Von den neun Leitsätzen, die in der Sitzung am 26. September der Geheime Kirchenrat v. Hamel vorlegte, sprechen zwei es aus, daß die kon¬ fessionelle Spaltung ja an sich ein Unglück sei, die Verschärfung des Gegensatzes aber die Einheit der deutschen Nation gefährde, und daß die Innere Mission, deren Arbeit mit den gleichartigen katholischen Bestrebungen zusammentreffe, das gegenseitige Verständnis, die gegenseitige Achtung fördere und so dem Frieden diene. Und daran schließt sich der Satz: „Gefährlicher als der konfessionelle Gegensatz ist für die Einheit des Volkslebens der unversöhnliche Gegensatz der religiösen und der irreligiösen Weltanschauung." Und der Geheime Kirchenrat v. Park sprach die schönen Worte: „Leider ist ja der konfessionelle Gegensatz vorhanden und darum auch die Unvermeidlichkeit des Kampfes gegeben. Aber um so mehr ist es unsre nationale Pflicht, nicht mit vergifteten Waffen diesen Kampf zu führen. Auf wissen¬ schaftlich-literarischem Gebiete soll der Kampf nur mit dem Schwerte des Geistes und der Wahrheit geführt werden, auf praktischem Gebiete soll er sein ein heiliger Wett¬ kampf, ein heiliges Ringen um die Besserung des Volkes und um seine Hebung." Das bedeutet eiuen guten Schritt vorwärts in der gesunden Entwicklung unsers Volkes. Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Will). Grunoiv in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/290>, abgerufen am 07.05.2024.