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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Die militärischen Machtmittel der Japaner

aß zwischen Japan und den Vereinigten Staaten gespannte Be¬
ziehungen bestanden haben und zum Teil noch bestehen, kann trotz
aller offizieller Dementis nicht gut in Abrede gestellt werden. Die
letzte äußere Veranlassung zu dieser Spannung ist die Schulfrage
> in Kalifornien gewesen, bei der es sich bekanntlich in der Haupt¬
sache darum handelt, daß der Schulrat von San Francisco beschlossen hat,
japanische Kinder von dem Besuch öffentlicher Schulen in Kalifornien auszu¬
schließen. Diese Zurückweisung hat sich Japan erklärlicherweise nicht gefallen
lassen und besteht auf dem Wortlaut des im Jahre )895 mit Amerika ge¬
schlossenen Vertrages, der den Angehörigen beider Nationen dieselben Privilegien,
Vorteile und Rechte zusicherte wie den Angehörigen der meistbegünstigten Nationen.
Präsident Roosevelt -- und mit ihm die Regierung in Washington -- steht in
diesem Streit offenkundig auf feiten der Japaner und verurteilt das Verhalten
der kalifornischen Schulbehörde. Aber dem Präsidenten sind insofern die Hände
gebunden, als er nach der Verfassung in die Selbständigkeit der Schulverwaltung
der einzelnen Gouvernements durch eine kategorische Entscheidung nicht einzugreifen
vermag. Wohl aber hat der Präsident das Recht und auch die Pflicht zu nach¬
drücklichen Vorstellungen, wenn das gemeinsame Staatsinteresse in Frage kommt,
oder wenn es sich gar, wie im vorliegenden Falle, um die Möglichkeit und die
Gefahren eines kriegerischen Konflikts handelt. In diesem Sinne war im Auf¬
trage des Präsidenten Roosevelt der Handelssekretär Metcalf in San Francisco
vorstellig geworden mit dem Erfolge, das sich der Mayor Smith von San
Francisco nach Washington begab, um, wie es heißt, dem Präsidenten die
Zurücknahme jener Ausschlußverfügung zuzusichern.

Daß es aber bei diesem Anlaß zu einem Austrag mit bewaffneter Hand
zwischen Japan und den Vereinigten Staaten gekommen sein würde, haben wir


Grenzboten I 1907 51


Die militärischen Machtmittel der Japaner

aß zwischen Japan und den Vereinigten Staaten gespannte Be¬
ziehungen bestanden haben und zum Teil noch bestehen, kann trotz
aller offizieller Dementis nicht gut in Abrede gestellt werden. Die
letzte äußere Veranlassung zu dieser Spannung ist die Schulfrage
> in Kalifornien gewesen, bei der es sich bekanntlich in der Haupt¬
sache darum handelt, daß der Schulrat von San Francisco beschlossen hat,
japanische Kinder von dem Besuch öffentlicher Schulen in Kalifornien auszu¬
schließen. Diese Zurückweisung hat sich Japan erklärlicherweise nicht gefallen
lassen und besteht auf dem Wortlaut des im Jahre )895 mit Amerika ge¬
schlossenen Vertrages, der den Angehörigen beider Nationen dieselben Privilegien,
Vorteile und Rechte zusicherte wie den Angehörigen der meistbegünstigten Nationen.
Präsident Roosevelt — und mit ihm die Regierung in Washington — steht in
diesem Streit offenkundig auf feiten der Japaner und verurteilt das Verhalten
der kalifornischen Schulbehörde. Aber dem Präsidenten sind insofern die Hände
gebunden, als er nach der Verfassung in die Selbständigkeit der Schulverwaltung
der einzelnen Gouvernements durch eine kategorische Entscheidung nicht einzugreifen
vermag. Wohl aber hat der Präsident das Recht und auch die Pflicht zu nach¬
drücklichen Vorstellungen, wenn das gemeinsame Staatsinteresse in Frage kommt,
oder wenn es sich gar, wie im vorliegenden Falle, um die Möglichkeit und die
Gefahren eines kriegerischen Konflikts handelt. In diesem Sinne war im Auf¬
trage des Präsidenten Roosevelt der Handelssekretär Metcalf in San Francisco
vorstellig geworden mit dem Erfolge, das sich der Mayor Smith von San
Francisco nach Washington begab, um, wie es heißt, dem Präsidenten die
Zurücknahme jener Ausschlußverfügung zuzusichern.

Daß es aber bei diesem Anlaß zu einem Austrag mit bewaffneter Hand
zwischen Japan und den Vereinigten Staaten gekommen sein würde, haben wir


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[0393] [Abbildung] Die militärischen Machtmittel der Japaner aß zwischen Japan und den Vereinigten Staaten gespannte Be¬ ziehungen bestanden haben und zum Teil noch bestehen, kann trotz aller offizieller Dementis nicht gut in Abrede gestellt werden. Die letzte äußere Veranlassung zu dieser Spannung ist die Schulfrage > in Kalifornien gewesen, bei der es sich bekanntlich in der Haupt¬ sache darum handelt, daß der Schulrat von San Francisco beschlossen hat, japanische Kinder von dem Besuch öffentlicher Schulen in Kalifornien auszu¬ schließen. Diese Zurückweisung hat sich Japan erklärlicherweise nicht gefallen lassen und besteht auf dem Wortlaut des im Jahre )895 mit Amerika ge¬ schlossenen Vertrages, der den Angehörigen beider Nationen dieselben Privilegien, Vorteile und Rechte zusicherte wie den Angehörigen der meistbegünstigten Nationen. Präsident Roosevelt — und mit ihm die Regierung in Washington — steht in diesem Streit offenkundig auf feiten der Japaner und verurteilt das Verhalten der kalifornischen Schulbehörde. Aber dem Präsidenten sind insofern die Hände gebunden, als er nach der Verfassung in die Selbständigkeit der Schulverwaltung der einzelnen Gouvernements durch eine kategorische Entscheidung nicht einzugreifen vermag. Wohl aber hat der Präsident das Recht und auch die Pflicht zu nach¬ drücklichen Vorstellungen, wenn das gemeinsame Staatsinteresse in Frage kommt, oder wenn es sich gar, wie im vorliegenden Falle, um die Möglichkeit und die Gefahren eines kriegerischen Konflikts handelt. In diesem Sinne war im Auf¬ trage des Präsidenten Roosevelt der Handelssekretär Metcalf in San Francisco vorstellig geworden mit dem Erfolge, das sich der Mayor Smith von San Francisco nach Washington begab, um, wie es heißt, dem Präsidenten die Zurücknahme jener Ausschlußverfügung zuzusichern. Daß es aber bei diesem Anlaß zu einem Austrag mit bewaffneter Hand zwischen Japan und den Vereinigten Staaten gekommen sein würde, haben wir Grenzboten I 1907 51

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/393>, abgerufen am 02.05.2024.