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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

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ur Vorgeschichte des Burenkrieges

er Burenkrieg hat den Zeitungen und Zeitschriften Veranlassung
gegeben, ihre Leser über die Niederlassung der Holländer in Süd¬
afrika und ihre frühern Konflikte mit den Engländern zu be¬
lehren. Jetzt ist nun ein Werk erschienen, das die Geschichte dieser
ÄKonflikte ausführlich nach den Quellen erzählt: W. I. Leyds,
Die erste Annexion Transvaals. Mit einer Karte, einem Faksimile und
einer Tabelle. (Berlin, Emil Felder, 1907.) Im großen und ganzen bestätigt
es die Darstellung unsrer deutschen Universalgeschichten. Im einzelnen berichtigt
es manchen Irrtum, und die ausführliche Beschreibung der englischen Praktiken
und der Leiden der Buren erklärt uns hinlänglich nicht allein die Ereignisse
des Jahres 1899 -- Leyds will sie in einem zweiten Bande erzählen --, sondern
auch so manches von dem, was wir noch zu erwarten haben, denn das nieder¬
ländische Element ist ja durch die letzte Niederlage weder vernichtet noch mit
dem englischen verschmolzen worden. Dem Verfasser, der bekanntlich während
des Krieges die Burenrepubliken im Auslande vertreten hat, kann man nicht
zumuten, daß er die Handlungsweise der Engländer beschönigen oder verteidigen
solle; aber gegen den Verdacht absichtlicher Entstellung hat er sich durch die
wörtliche Mitteilung aller in Betracht kommenden Aktenstücke, auch der den
englischen Blaubüchern entnommnen, geschützt.

Enkel der Helden, die im funfzigjährigen Freiheitskämpfe das spanische
Joch abgeschüttelt und ihr winziges Vaterland zur damals ersten See- und
Kolonialmacht der Welt emporgehoben hatten, haben 1652 die Niederlassung
am Kap, zunächst als Proviantierungsstation der niederländisch-Ostindischen
Kompagnie, gegründet. Der unaufhörliche Kampf mit einer nicht sehr freund¬
lichen Natur, mit wilden Tieren und nicht weniger wilden Schwarzen stählte
das so schon stahlharte Geschlecht noch weiter, und wir finden es selbstver¬
ständlich, daß es weder die Einschränkung durch Maßregeln einer modernen
Regierung ertrug, noch gesonnen we.>, sich in einem Würfelspiel der Diplo¬
maten an eine fremde Macht verschenken oder verschachern zu lassen und
aus freien Männern Untertanen zu werden. Der erste Angriff der nach dieser
bequem liegenden Station lüsternen Engländer wurde 1781 von einer franzö¬
sischen Flotte abgewehrt. Beim zweiten, 1795, spielten die Beamten der
Kompagnie den Engländern alle Verteidigungsmittel verräterisch in die Hände.
Die Kompagnie war bankrott und hatte schon, um Geld auszubringen, die




ur Vorgeschichte des Burenkrieges

er Burenkrieg hat den Zeitungen und Zeitschriften Veranlassung
gegeben, ihre Leser über die Niederlassung der Holländer in Süd¬
afrika und ihre frühern Konflikte mit den Engländern zu be¬
lehren. Jetzt ist nun ein Werk erschienen, das die Geschichte dieser
ÄKonflikte ausführlich nach den Quellen erzählt: W. I. Leyds,
Die erste Annexion Transvaals. Mit einer Karte, einem Faksimile und
einer Tabelle. (Berlin, Emil Felder, 1907.) Im großen und ganzen bestätigt
es die Darstellung unsrer deutschen Universalgeschichten. Im einzelnen berichtigt
es manchen Irrtum, und die ausführliche Beschreibung der englischen Praktiken
und der Leiden der Buren erklärt uns hinlänglich nicht allein die Ereignisse
des Jahres 1899 — Leyds will sie in einem zweiten Bande erzählen —, sondern
auch so manches von dem, was wir noch zu erwarten haben, denn das nieder¬
ländische Element ist ja durch die letzte Niederlage weder vernichtet noch mit
dem englischen verschmolzen worden. Dem Verfasser, der bekanntlich während
des Krieges die Burenrepubliken im Auslande vertreten hat, kann man nicht
zumuten, daß er die Handlungsweise der Engländer beschönigen oder verteidigen
solle; aber gegen den Verdacht absichtlicher Entstellung hat er sich durch die
wörtliche Mitteilung aller in Betracht kommenden Aktenstücke, auch der den
englischen Blaubüchern entnommnen, geschützt.

Enkel der Helden, die im funfzigjährigen Freiheitskämpfe das spanische
Joch abgeschüttelt und ihr winziges Vaterland zur damals ersten See- und
Kolonialmacht der Welt emporgehoben hatten, haben 1652 die Niederlassung
am Kap, zunächst als Proviantierungsstation der niederländisch-Ostindischen
Kompagnie, gegründet. Der unaufhörliche Kampf mit einer nicht sehr freund¬
lichen Natur, mit wilden Tieren und nicht weniger wilden Schwarzen stählte
das so schon stahlharte Geschlecht noch weiter, und wir finden es selbstver¬
ständlich, daß es weder die Einschränkung durch Maßregeln einer modernen
Regierung ertrug, noch gesonnen we.>, sich in einem Würfelspiel der Diplo¬
maten an eine fremde Macht verschenken oder verschachern zu lassen und
aus freien Männern Untertanen zu werden. Der erste Angriff der nach dieser
bequem liegenden Station lüsternen Engländer wurde 1781 von einer franzö¬
sischen Flotte abgewehrt. Beim zweiten, 1795, spielten die Beamten der
Kompagnie den Engländern alle Verteidigungsmittel verräterisch in die Hände.
Die Kompagnie war bankrott und hatte schon, um Geld auszubringen, die


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[0245] [Abbildung] ur Vorgeschichte des Burenkrieges er Burenkrieg hat den Zeitungen und Zeitschriften Veranlassung gegeben, ihre Leser über die Niederlassung der Holländer in Süd¬ afrika und ihre frühern Konflikte mit den Engländern zu be¬ lehren. Jetzt ist nun ein Werk erschienen, das die Geschichte dieser ÄKonflikte ausführlich nach den Quellen erzählt: W. I. Leyds, Die erste Annexion Transvaals. Mit einer Karte, einem Faksimile und einer Tabelle. (Berlin, Emil Felder, 1907.) Im großen und ganzen bestätigt es die Darstellung unsrer deutschen Universalgeschichten. Im einzelnen berichtigt es manchen Irrtum, und die ausführliche Beschreibung der englischen Praktiken und der Leiden der Buren erklärt uns hinlänglich nicht allein die Ereignisse des Jahres 1899 — Leyds will sie in einem zweiten Bande erzählen —, sondern auch so manches von dem, was wir noch zu erwarten haben, denn das nieder¬ ländische Element ist ja durch die letzte Niederlage weder vernichtet noch mit dem englischen verschmolzen worden. Dem Verfasser, der bekanntlich während des Krieges die Burenrepubliken im Auslande vertreten hat, kann man nicht zumuten, daß er die Handlungsweise der Engländer beschönigen oder verteidigen solle; aber gegen den Verdacht absichtlicher Entstellung hat er sich durch die wörtliche Mitteilung aller in Betracht kommenden Aktenstücke, auch der den englischen Blaubüchern entnommnen, geschützt. Enkel der Helden, die im funfzigjährigen Freiheitskämpfe das spanische Joch abgeschüttelt und ihr winziges Vaterland zur damals ersten See- und Kolonialmacht der Welt emporgehoben hatten, haben 1652 die Niederlassung am Kap, zunächst als Proviantierungsstation der niederländisch-Ostindischen Kompagnie, gegründet. Der unaufhörliche Kampf mit einer nicht sehr freund¬ lichen Natur, mit wilden Tieren und nicht weniger wilden Schwarzen stählte das so schon stahlharte Geschlecht noch weiter, und wir finden es selbstver¬ ständlich, daß es weder die Einschränkung durch Maßregeln einer modernen Regierung ertrug, noch gesonnen we.>, sich in einem Würfelspiel der Diplo¬ maten an eine fremde Macht verschenken oder verschachern zu lassen und aus freien Männern Untertanen zu werden. Der erste Angriff der nach dieser bequem liegenden Station lüsternen Engländer wurde 1781 von einer franzö¬ sischen Flotte abgewehrt. Beim zweiten, 1795, spielten die Beamten der Kompagnie den Engländern alle Verteidigungsmittel verräterisch in die Hände. Die Kompagnie war bankrott und hatte schon, um Geld auszubringen, die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/245>, abgerufen am 29.04.2024.