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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Der gegenwärtige ^laut der Unterwasserbootfrage

>le aus der Tages- und Fachpresse fast aller Großstaaten hervor¬
geht, stehen, trotz der wohltätigen Beschlüsse der Haager Friedens¬
konferenz, Fragen der Vermehrung und der Verstärkung der Kriegs¬
flotten im Bordergrunde der Beratungen. Dabei beschäftigen sich
!die allgemeinen und besondern Erwägungen außer mit dem Bau
großer Linienschiffe, ihrer Deplacementsvergrößerung und stürkern artilleristischen
Ausrüstung hauptsächlich mit der Herstellung und kriegsmäßigen Verwendung
von Unterseebooten, als einer der wirksamsten und gefahrbringendsten Waffe der
modernen Kriegführung zur See.

Man hat es der deutschen Marineleitung lange Zeit zum Vorwurf gemacht,
daß sie verhältnismäßig erst spät Versuche mit Unterseebooten gemacht habe.
Sicherlich aber mit Unrecht, denn Frankreich, das schon seit dem Jahre 1886
an der Lösung des Unterseebootsproblems arbeitet und viele Millionen darauf
verwandt hat, ist heute noch lange nicht am Ziel, sondern steht immer noch
mitten in den Versuchen und kann über den am besten geeigneten Typ nicht
schlüssig werden. Die vielen Unglücksfälle, die sich dort in der letzten Zeit zu¬
getragen haben, sind natürlich der Entscheidung für ein bestimmtes Modell auch
nicht sonderlich günstig.

Das deutsche Unterseeboot I11, das nach der am 15. Dezember v. I. er¬
folgten Indienststellung zunächst etwa einen Monat lang in der Eckernförder
Bucht Unterwasserfahrten vor- und rückwärts, Meilenfahrten, Versuchsfahrten
zur Feststellung des Kraftverbrauchs und magnetische Untersuchungen in Gegen¬
wart des Navigationsdirektors der Kieler Kaiserlichen Werft abgehalten hatte,
die sämtlich ohne Störung verlaufen sind, wurde dann baulichen Änderungen
unterzogen zur Anbringung von mancherlei Verbesserungen, zu denen die Versuchs¬
fahrten Anregung gegeben hatten. Ende März d. I. begann dann der zweite
Teil der Erprobungen und Versuche, die während der "Kieler Woche" vor den
Augen des Kaisers zu so vorzüglichen Ergebnissen geführt haben, daß dieser
den Kommandanten von it 1, Kapitänleutnant von Bochen-Bezing, durch Ver¬
leihung des Noten Adlerordens 4. Klasse auszeichnete. Es war nämlich bei
einem Angriffsmanöver auf den kleinen Kreuzer München, der mit dem Kaiser
an Bord in See gegangen war, dem Unterseeboot gelungen, unbemerkt an den
Kreuzer heranzukommen und beide Torpedos als Treffer auf ihn abzugeben. Das
auf der Germaniawerft gebaute Boot, das nach dem "Schiffbau" eine Wasser-




Der gegenwärtige ^laut der Unterwasserbootfrage

>le aus der Tages- und Fachpresse fast aller Großstaaten hervor¬
geht, stehen, trotz der wohltätigen Beschlüsse der Haager Friedens¬
konferenz, Fragen der Vermehrung und der Verstärkung der Kriegs¬
flotten im Bordergrunde der Beratungen. Dabei beschäftigen sich
!die allgemeinen und besondern Erwägungen außer mit dem Bau
großer Linienschiffe, ihrer Deplacementsvergrößerung und stürkern artilleristischen
Ausrüstung hauptsächlich mit der Herstellung und kriegsmäßigen Verwendung
von Unterseebooten, als einer der wirksamsten und gefahrbringendsten Waffe der
modernen Kriegführung zur See.

Man hat es der deutschen Marineleitung lange Zeit zum Vorwurf gemacht,
daß sie verhältnismäßig erst spät Versuche mit Unterseebooten gemacht habe.
Sicherlich aber mit Unrecht, denn Frankreich, das schon seit dem Jahre 1886
an der Lösung des Unterseebootsproblems arbeitet und viele Millionen darauf
verwandt hat, ist heute noch lange nicht am Ziel, sondern steht immer noch
mitten in den Versuchen und kann über den am besten geeigneten Typ nicht
schlüssig werden. Die vielen Unglücksfälle, die sich dort in der letzten Zeit zu¬
getragen haben, sind natürlich der Entscheidung für ein bestimmtes Modell auch
nicht sonderlich günstig.

Das deutsche Unterseeboot I11, das nach der am 15. Dezember v. I. er¬
folgten Indienststellung zunächst etwa einen Monat lang in der Eckernförder
Bucht Unterwasserfahrten vor- und rückwärts, Meilenfahrten, Versuchsfahrten
zur Feststellung des Kraftverbrauchs und magnetische Untersuchungen in Gegen¬
wart des Navigationsdirektors der Kieler Kaiserlichen Werft abgehalten hatte,
die sämtlich ohne Störung verlaufen sind, wurde dann baulichen Änderungen
unterzogen zur Anbringung von mancherlei Verbesserungen, zu denen die Versuchs¬
fahrten Anregung gegeben hatten. Ende März d. I. begann dann der zweite
Teil der Erprobungen und Versuche, die während der „Kieler Woche" vor den
Augen des Kaisers zu so vorzüglichen Ergebnissen geführt haben, daß dieser
den Kommandanten von it 1, Kapitänleutnant von Bochen-Bezing, durch Ver¬
leihung des Noten Adlerordens 4. Klasse auszeichnete. Es war nämlich bei
einem Angriffsmanöver auf den kleinen Kreuzer München, der mit dem Kaiser
an Bord in See gegangen war, dem Unterseeboot gelungen, unbemerkt an den
Kreuzer heranzukommen und beide Torpedos als Treffer auf ihn abzugeben. Das
auf der Germaniawerft gebaute Boot, das nach dem „Schiffbau" eine Wasser-


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[0454] [Abbildung] Der gegenwärtige ^laut der Unterwasserbootfrage >le aus der Tages- und Fachpresse fast aller Großstaaten hervor¬ geht, stehen, trotz der wohltätigen Beschlüsse der Haager Friedens¬ konferenz, Fragen der Vermehrung und der Verstärkung der Kriegs¬ flotten im Bordergrunde der Beratungen. Dabei beschäftigen sich !die allgemeinen und besondern Erwägungen außer mit dem Bau großer Linienschiffe, ihrer Deplacementsvergrößerung und stürkern artilleristischen Ausrüstung hauptsächlich mit der Herstellung und kriegsmäßigen Verwendung von Unterseebooten, als einer der wirksamsten und gefahrbringendsten Waffe der modernen Kriegführung zur See. Man hat es der deutschen Marineleitung lange Zeit zum Vorwurf gemacht, daß sie verhältnismäßig erst spät Versuche mit Unterseebooten gemacht habe. Sicherlich aber mit Unrecht, denn Frankreich, das schon seit dem Jahre 1886 an der Lösung des Unterseebootsproblems arbeitet und viele Millionen darauf verwandt hat, ist heute noch lange nicht am Ziel, sondern steht immer noch mitten in den Versuchen und kann über den am besten geeigneten Typ nicht schlüssig werden. Die vielen Unglücksfälle, die sich dort in der letzten Zeit zu¬ getragen haben, sind natürlich der Entscheidung für ein bestimmtes Modell auch nicht sonderlich günstig. Das deutsche Unterseeboot I11, das nach der am 15. Dezember v. I. er¬ folgten Indienststellung zunächst etwa einen Monat lang in der Eckernförder Bucht Unterwasserfahrten vor- und rückwärts, Meilenfahrten, Versuchsfahrten zur Feststellung des Kraftverbrauchs und magnetische Untersuchungen in Gegen¬ wart des Navigationsdirektors der Kieler Kaiserlichen Werft abgehalten hatte, die sämtlich ohne Störung verlaufen sind, wurde dann baulichen Änderungen unterzogen zur Anbringung von mancherlei Verbesserungen, zu denen die Versuchs¬ fahrten Anregung gegeben hatten. Ende März d. I. begann dann der zweite Teil der Erprobungen und Versuche, die während der „Kieler Woche" vor den Augen des Kaisers zu so vorzüglichen Ergebnissen geführt haben, daß dieser den Kommandanten von it 1, Kapitänleutnant von Bochen-Bezing, durch Ver¬ leihung des Noten Adlerordens 4. Klasse auszeichnete. Es war nämlich bei einem Angriffsmanöver auf den kleinen Kreuzer München, der mit dem Kaiser an Bord in See gegangen war, dem Unterseeboot gelungen, unbemerkt an den Kreuzer heranzukommen und beide Torpedos als Treffer auf ihn abzugeben. Das auf der Germaniawerft gebaute Boot, das nach dem „Schiffbau" eine Wasser-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/454>, abgerufen am 26.05.2024.