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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

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Die Linkommensverhältnisse und die Aussicht auf Beförderung unsrer Sanitätsoffizier

ein; aber daß die Industrie zugrunde gehn müsse, wenn sein Brodherr nicht
Hundertmillionär oder gar Milliardär wird, das glaubt er nicht, und darum
hält er sich für berechtigt, Lohnerhöhungen zu fordern, die der Prinzipal zu
bewilligen meist keine Lust hat. Nur durch Feudalität könnten die beiden unter
einen Hut gebracht werden. Der Arbeiter würde sich als Höriger vielleicht
wohler fühlen als mit seinem jetzigen Klassenbewußtsein und im steten Lohn¬
kampf, aber wozu ihm die Wahlkomödie zumuten, wenn sein Patron sein ge-
borner Vertreter ist? Mangel an Prinzipientreue, meint Charmatz, habe die
altliberale Partei zugrunde gerichtet, und bei der letzten Wahl Hütten die klaren
Prinzipien entschieden. Die Klerikalen und die Sozialdemokraten hätten gesiegt,
weil jede dieser beiden Parteien eine Weltanschauung repräsentiere. "Hier die
schwarze, dort die rote Fahne"; der Wühler "ist auf einen Blick orientiert und
weiß alles". Ach nein, nicht die Prinzipien Habens getan, sondern die Inter¬
essen. Soweit nicht die Nationalität den parteibildenden Bazillus lieferte, haben
dank dem allgemeinen gleichen Stimmrecht die Klerikalen und die Sozialdemo¬
kraten die meisten Stimmen bekommen, aus dem sehr einfachen Grunde, weil
diese die Lohnarbeiter, jene die Bauern und die Kleinbürger vertreten, und weil
es viel mehr Lohnarbeiter, Bauern und Kleinbürger gibt als Kommerzienräte,
Advokaten und Literaten.

Österreichs Industrie wird auf die Entwicklungsstufe gelangen, die ihm
seine natürlichen Hilfsquellen und die Begabung seiner Völker zu erreichen ge¬
statten, und Charmatz wird sich dereinst sagen dürfen, daß er dazu mitgeholfen
hat, nicht mit der zerschlissenen liberalen, antiklerikalen und antifeudalen Fahne,
die er von neuem aufpflanzt, sondern dadurch, daß er sehr hübsch die sachlichen
Gründe darlegt, die ein starkes Wachstum der Industrie für den Kaiserstaat
Lark Ientsch wünschenswert und notwendig machen.




Die Ginkommensverhältnisse, die Aussicht auf
Beförderung und die Stellung unsrer Sanitätsoffiziere
Generalmajor z. D. von Gersdorff von

>n Nummer 13 der Deutschen Medizinischen Wochenschrift vom
25. April d. I. hat der Generalarzt a. D. Dr. Werner in Berlin
einen Aufsatz "Fortschritte in der Entwicklung des preußischen
Sanitätsoffizierkorps" veröffentlicht. Generalarzt Werner faßt
!nach eingehender Schilderung der einzelnen Entwicklungsphasen
die wichtigsten Punkte im Ausbau des preußischen Sanitütsoffizierkorps seit 1877
in folgenden Sätzen zusammen:^>/^
HM

Außer der durch die Heeresverstärkung veranlaßten Vermehrung an Sanna'ts-
offiziersstellungcn sind zwei Gruppen von Dienststellungen, welche für den Friedens-


Die Linkommensverhältnisse und die Aussicht auf Beförderung unsrer Sanitätsoffizier

ein; aber daß die Industrie zugrunde gehn müsse, wenn sein Brodherr nicht
Hundertmillionär oder gar Milliardär wird, das glaubt er nicht, und darum
hält er sich für berechtigt, Lohnerhöhungen zu fordern, die der Prinzipal zu
bewilligen meist keine Lust hat. Nur durch Feudalität könnten die beiden unter
einen Hut gebracht werden. Der Arbeiter würde sich als Höriger vielleicht
wohler fühlen als mit seinem jetzigen Klassenbewußtsein und im steten Lohn¬
kampf, aber wozu ihm die Wahlkomödie zumuten, wenn sein Patron sein ge-
borner Vertreter ist? Mangel an Prinzipientreue, meint Charmatz, habe die
altliberale Partei zugrunde gerichtet, und bei der letzten Wahl Hütten die klaren
Prinzipien entschieden. Die Klerikalen und die Sozialdemokraten hätten gesiegt,
weil jede dieser beiden Parteien eine Weltanschauung repräsentiere. „Hier die
schwarze, dort die rote Fahne"; der Wühler „ist auf einen Blick orientiert und
weiß alles". Ach nein, nicht die Prinzipien Habens getan, sondern die Inter¬
essen. Soweit nicht die Nationalität den parteibildenden Bazillus lieferte, haben
dank dem allgemeinen gleichen Stimmrecht die Klerikalen und die Sozialdemo¬
kraten die meisten Stimmen bekommen, aus dem sehr einfachen Grunde, weil
diese die Lohnarbeiter, jene die Bauern und die Kleinbürger vertreten, und weil
es viel mehr Lohnarbeiter, Bauern und Kleinbürger gibt als Kommerzienräte,
Advokaten und Literaten.

Österreichs Industrie wird auf die Entwicklungsstufe gelangen, die ihm
seine natürlichen Hilfsquellen und die Begabung seiner Völker zu erreichen ge¬
statten, und Charmatz wird sich dereinst sagen dürfen, daß er dazu mitgeholfen
hat, nicht mit der zerschlissenen liberalen, antiklerikalen und antifeudalen Fahne,
die er von neuem aufpflanzt, sondern dadurch, daß er sehr hübsch die sachlichen
Gründe darlegt, die ein starkes Wachstum der Industrie für den Kaiserstaat
Lark Ientsch wünschenswert und notwendig machen.




Die Ginkommensverhältnisse, die Aussicht auf
Beförderung und die Stellung unsrer Sanitätsoffiziere
Generalmajor z. D. von Gersdorff von

>n Nummer 13 der Deutschen Medizinischen Wochenschrift vom
25. April d. I. hat der Generalarzt a. D. Dr. Werner in Berlin
einen Aufsatz „Fortschritte in der Entwicklung des preußischen
Sanitätsoffizierkorps" veröffentlicht. Generalarzt Werner faßt
!nach eingehender Schilderung der einzelnen Entwicklungsphasen
die wichtigsten Punkte im Ausbau des preußischen Sanitütsoffizierkorps seit 1877
in folgenden Sätzen zusammen:^>/^
HM

Außer der durch die Heeresverstärkung veranlaßten Vermehrung an Sanna'ts-
offiziersstellungcn sind zwei Gruppen von Dienststellungen, welche für den Friedens-


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[0636] Die Linkommensverhältnisse und die Aussicht auf Beförderung unsrer Sanitätsoffizier ein; aber daß die Industrie zugrunde gehn müsse, wenn sein Brodherr nicht Hundertmillionär oder gar Milliardär wird, das glaubt er nicht, und darum hält er sich für berechtigt, Lohnerhöhungen zu fordern, die der Prinzipal zu bewilligen meist keine Lust hat. Nur durch Feudalität könnten die beiden unter einen Hut gebracht werden. Der Arbeiter würde sich als Höriger vielleicht wohler fühlen als mit seinem jetzigen Klassenbewußtsein und im steten Lohn¬ kampf, aber wozu ihm die Wahlkomödie zumuten, wenn sein Patron sein ge- borner Vertreter ist? Mangel an Prinzipientreue, meint Charmatz, habe die altliberale Partei zugrunde gerichtet, und bei der letzten Wahl Hütten die klaren Prinzipien entschieden. Die Klerikalen und die Sozialdemokraten hätten gesiegt, weil jede dieser beiden Parteien eine Weltanschauung repräsentiere. „Hier die schwarze, dort die rote Fahne"; der Wühler „ist auf einen Blick orientiert und weiß alles". Ach nein, nicht die Prinzipien Habens getan, sondern die Inter¬ essen. Soweit nicht die Nationalität den parteibildenden Bazillus lieferte, haben dank dem allgemeinen gleichen Stimmrecht die Klerikalen und die Sozialdemo¬ kraten die meisten Stimmen bekommen, aus dem sehr einfachen Grunde, weil diese die Lohnarbeiter, jene die Bauern und die Kleinbürger vertreten, und weil es viel mehr Lohnarbeiter, Bauern und Kleinbürger gibt als Kommerzienräte, Advokaten und Literaten. Österreichs Industrie wird auf die Entwicklungsstufe gelangen, die ihm seine natürlichen Hilfsquellen und die Begabung seiner Völker zu erreichen ge¬ statten, und Charmatz wird sich dereinst sagen dürfen, daß er dazu mitgeholfen hat, nicht mit der zerschlissenen liberalen, antiklerikalen und antifeudalen Fahne, die er von neuem aufpflanzt, sondern dadurch, daß er sehr hübsch die sachlichen Gründe darlegt, die ein starkes Wachstum der Industrie für den Kaiserstaat Lark Ientsch wünschenswert und notwendig machen. Die Ginkommensverhältnisse, die Aussicht auf Beförderung und die Stellung unsrer Sanitätsoffiziere Generalmajor z. D. von Gersdorff von >n Nummer 13 der Deutschen Medizinischen Wochenschrift vom 25. April d. I. hat der Generalarzt a. D. Dr. Werner in Berlin einen Aufsatz „Fortschritte in der Entwicklung des preußischen Sanitätsoffizierkorps" veröffentlicht. Generalarzt Werner faßt !nach eingehender Schilderung der einzelnen Entwicklungsphasen die wichtigsten Punkte im Ausbau des preußischen Sanitütsoffizierkorps seit 1877 in folgenden Sätzen zusammen:^>/^ HM Außer der durch die Heeresverstärkung veranlaßten Vermehrung an Sanna'ts- offiziersstellungcn sind zwei Gruppen von Dienststellungen, welche für den Friedens-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/636>, abgerufen am 26.05.2024.