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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

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Unsere militärische Hochschule

Beamten. Dazu kommt die Abhängigkeit, die mit der Stellung eines
Beamten im Behördenorganismus verbunden ist. Bei den Verhandlungen
über die Neuregelung der Verwaltungsausbildung haben solche Abhängig¬
keiten der Regierungspräsidenten mit Recht eine große Rolle gespielt. Ein
Regierungspräsident kann sich in der Tat Wünschen in Personalangelegen¬
heiten, die durch Vermittlung eines einflußreichen, politisch oder gesellschaftlich
für ihn wichtigen Bezirkseingesessenen, eines Oberpräsidenten oder eines hohen
Ministerialbeamten an ihn herantreten, nicht entziehen. Aber auch ein einzelner
Minister ist in dieser Hinsicht kaum weniger abhängig. Das haben die Herren
Ressortchefs, die an den eben erwähnten Verhandlungen über die Verwaltungs¬
ausbildung beteiligt waren, selbst deutlich zu erkennen gegeben. Auch andre
Zeugnisse liegen hierfür vor. So hat Professor von Schmoller vor einigen
Monaten in einem viel bemerkten Artikel über das preußische Junkertum erzählt,
daß es dem Minister Herrfurth trotz aller Mühe nicht gelungen sei, die adliche
Cliquenwirtschaft in seinem Ressort zu beseitigen. Und von einen: seiner Nach¬
folger ist bekannt, daß er die Machenschaften in Personalangelegenheiten, denen
er ausgesetzt war, als die unangenehmste Beigabe seiner Ministerstellung
empfunden und bezeichnet hat.




Unsere militärische Hochschule
Major c>, D, von Schreibershofe Von

in 15. Oktober hat die preußische Kriegsakademie das Fest ihres
hundertjährigen Bestehens gefeiert. Von allen Seiten ist die große
Bedeutung anerkannt worden, die diese Anstalt an der wissenschaft¬
lichen und militärischen Ausbildung des Offizierkorps gehabt hat.
Mit Recht ist darauf hingewiesen worden, daß ihr ein großer
Anteil an den Erfolgen der siegreichen Feldzüge beizumessen ist, welche die
Einigung Deutschlands vorbereiteten und herbeiführten. Die Männer, die sich
in jenen Zeiten in den leitenden Stellen des Heeres befanden, und ihre Gehilfen,
die ihnen beratend und helfend zur Seite standen, haben, mit verschwindenden
Ausnahmen, auf der Akademie die Grundlagen für ihre militärisches Können
und Wissen gelegt, ihre Fähigkeiten dort entwickelt und die Waffen des Geistes
geschärft, mit denen sie später ihre Gegner zu Boden strecken sollten.

Solchen Erfolgen gegenüber dürfte es auf den ersten Blick vermessen
erscheinen, Ausstellungen an dem Lehrplan und an der Lehrmethode sowie an
der Organisation zu machen. Wenn man indessen die Geschichte der Akademie


Grenzboten IV 1910 LlZ
Unsere militärische Hochschule

Beamten. Dazu kommt die Abhängigkeit, die mit der Stellung eines
Beamten im Behördenorganismus verbunden ist. Bei den Verhandlungen
über die Neuregelung der Verwaltungsausbildung haben solche Abhängig¬
keiten der Regierungspräsidenten mit Recht eine große Rolle gespielt. Ein
Regierungspräsident kann sich in der Tat Wünschen in Personalangelegen¬
heiten, die durch Vermittlung eines einflußreichen, politisch oder gesellschaftlich
für ihn wichtigen Bezirkseingesessenen, eines Oberpräsidenten oder eines hohen
Ministerialbeamten an ihn herantreten, nicht entziehen. Aber auch ein einzelner
Minister ist in dieser Hinsicht kaum weniger abhängig. Das haben die Herren
Ressortchefs, die an den eben erwähnten Verhandlungen über die Verwaltungs¬
ausbildung beteiligt waren, selbst deutlich zu erkennen gegeben. Auch andre
Zeugnisse liegen hierfür vor. So hat Professor von Schmoller vor einigen
Monaten in einem viel bemerkten Artikel über das preußische Junkertum erzählt,
daß es dem Minister Herrfurth trotz aller Mühe nicht gelungen sei, die adliche
Cliquenwirtschaft in seinem Ressort zu beseitigen. Und von einen: seiner Nach¬
folger ist bekannt, daß er die Machenschaften in Personalangelegenheiten, denen
er ausgesetzt war, als die unangenehmste Beigabe seiner Ministerstellung
empfunden und bezeichnet hat.




Unsere militärische Hochschule
Major c>, D, von Schreibershofe Von

in 15. Oktober hat die preußische Kriegsakademie das Fest ihres
hundertjährigen Bestehens gefeiert. Von allen Seiten ist die große
Bedeutung anerkannt worden, die diese Anstalt an der wissenschaft¬
lichen und militärischen Ausbildung des Offizierkorps gehabt hat.
Mit Recht ist darauf hingewiesen worden, daß ihr ein großer
Anteil an den Erfolgen der siegreichen Feldzüge beizumessen ist, welche die
Einigung Deutschlands vorbereiteten und herbeiführten. Die Männer, die sich
in jenen Zeiten in den leitenden Stellen des Heeres befanden, und ihre Gehilfen,
die ihnen beratend und helfend zur Seite standen, haben, mit verschwindenden
Ausnahmen, auf der Akademie die Grundlagen für ihre militärisches Können
und Wissen gelegt, ihre Fähigkeiten dort entwickelt und die Waffen des Geistes
geschärft, mit denen sie später ihre Gegner zu Boden strecken sollten.

Solchen Erfolgen gegenüber dürfte es auf den ersten Blick vermessen
erscheinen, Ausstellungen an dem Lehrplan und an der Lehrmethode sowie an
der Organisation zu machen. Wenn man indessen die Geschichte der Akademie


Grenzboten IV 1910 LlZ
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[0269] Unsere militärische Hochschule Beamten. Dazu kommt die Abhängigkeit, die mit der Stellung eines Beamten im Behördenorganismus verbunden ist. Bei den Verhandlungen über die Neuregelung der Verwaltungsausbildung haben solche Abhängig¬ keiten der Regierungspräsidenten mit Recht eine große Rolle gespielt. Ein Regierungspräsident kann sich in der Tat Wünschen in Personalangelegen¬ heiten, die durch Vermittlung eines einflußreichen, politisch oder gesellschaftlich für ihn wichtigen Bezirkseingesessenen, eines Oberpräsidenten oder eines hohen Ministerialbeamten an ihn herantreten, nicht entziehen. Aber auch ein einzelner Minister ist in dieser Hinsicht kaum weniger abhängig. Das haben die Herren Ressortchefs, die an den eben erwähnten Verhandlungen über die Verwaltungs¬ ausbildung beteiligt waren, selbst deutlich zu erkennen gegeben. Auch andre Zeugnisse liegen hierfür vor. So hat Professor von Schmoller vor einigen Monaten in einem viel bemerkten Artikel über das preußische Junkertum erzählt, daß es dem Minister Herrfurth trotz aller Mühe nicht gelungen sei, die adliche Cliquenwirtschaft in seinem Ressort zu beseitigen. Und von einen: seiner Nach¬ folger ist bekannt, daß er die Machenschaften in Personalangelegenheiten, denen er ausgesetzt war, als die unangenehmste Beigabe seiner Ministerstellung empfunden und bezeichnet hat. Unsere militärische Hochschule Major c>, D, von Schreibershofe Von in 15. Oktober hat die preußische Kriegsakademie das Fest ihres hundertjährigen Bestehens gefeiert. Von allen Seiten ist die große Bedeutung anerkannt worden, die diese Anstalt an der wissenschaft¬ lichen und militärischen Ausbildung des Offizierkorps gehabt hat. Mit Recht ist darauf hingewiesen worden, daß ihr ein großer Anteil an den Erfolgen der siegreichen Feldzüge beizumessen ist, welche die Einigung Deutschlands vorbereiteten und herbeiführten. Die Männer, die sich in jenen Zeiten in den leitenden Stellen des Heeres befanden, und ihre Gehilfen, die ihnen beratend und helfend zur Seite standen, haben, mit verschwindenden Ausnahmen, auf der Akademie die Grundlagen für ihre militärisches Können und Wissen gelegt, ihre Fähigkeiten dort entwickelt und die Waffen des Geistes geschärft, mit denen sie später ihre Gegner zu Boden strecken sollten. Solchen Erfolgen gegenüber dürfte es auf den ersten Blick vermessen erscheinen, Ausstellungen an dem Lehrplan und an der Lehrmethode sowie an der Organisation zu machen. Wenn man indessen die Geschichte der Akademie Grenzboten IV 1910 LlZ

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/269>, abgerufen am 29.04.2024.